Rückschritt, Fortschritt oder doch alle im Gleichschritt? Man mag vom neuen Betreuungsgeld halten, was man will. Fakt ist, dass wir in der Diskussion um Familienförderung, Rollenbilder und Kinderbetreuung schon mal weiter waren. Denn jetzt fangen wir wieder von vorne an, bei Frauen und deren Lebensmodellen. Aber wo sind die Männer? Warum halten sich die hoch gepriesenen "neuen Väter" aus allem raus?
Jana Tashina Wörrle
Männer gehen arbeiten, Frauen bleiben zuhause und kümmern sich um Kinder, Küche und das Katzenklo. Was lange gut war, könnte doch auch jetzt wieder funktionieren? Zumindest mit ein bisschen finanziellem Ausgleich müsste es doch möglich sein, die Diskussionen über neue Kita-Plätze und Frauenquoten in Unternehmen abzufedern. Das dachten sich ein paar Unionspolitiker und schrieben das Betreuungsgeld in den Koalitionsvertrag. Kann man sich Politik so einfach machen?
Als "Frauensache" abgestempelt
Zwar ging es in den vergangen Jahren in der Familienpolitik Schritt für Schritt voran. Männer nehmen heute Elternzeit, Mütter gehen arbeiten und Kinder in die Kita. Was zwar noch nicht überall problemlos möglich ist, wurde zumindest zu einem Teil Normalität. Doch nun geht es in großen Schritten wieder zurück.
Nicht allein, dass die Regierung überhaupt auf die Idee kommt, ein Betreuungsgeld zu beschließen und damit das alte, längst abgelegte Rollenbild wieder zu stärken, ist das Erschreckende. Die Kritik daran wird schließlich immer lauter. Das Schlimme ist, dass die Diskussion als "Frauensache" abgestempelt wird und alle – egal ob Männer oder Frauen, egal ob Politik oder Medien – mitmachen.
Die Herdprämie empört Frauen, die sich mit der "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" auseinander gesetzt haben und sich nicht mit einem dieser Möglichkeiten zufrieden geben wollten. Sie verärgert diejenigen, die sich für mehr Kinderbetreuungsplätze einsetzen und arbeitende Mütter als Normalität ansehen. Doch anscheinend empört sie keine Männer – außer natürlich die Politiker, die damit Wahlkampf machen.
Emanzipation sieht anders aus
Wo sind denn die emanzipierten Männer und die "neuen Väter", die ihre Kinder aufwachsen sehen wollen und es gut finden, wenn auch die Frau arbeiten geht. Warum fragt niemand, was diese mit der Herdprämie zu tun haben oder was sie von einer Fremdbetreuung ihrer Kinder halten?
Erst gestern brachte der Spiegel eine große Geschichte mit dem Aufruf " Stoppt den Herdprämien-Unsinn!". Das Betreuungsgeld werde zum Glaubenskrieg stand darin, 18 Frauen meldeten sich zu Wort und erzählten, warum sie das Betreuungsgeld nicht gut finden. 18 Frauen und kein Mann.
Emanzipation und eine geschlechtergerechte Gesellschaft im Jahr 2012 müsste doch eigentlich anders aussehen. Die Diskussion über neue Lebensmodelle und Fördergelder, die die Familie – also Frauen, Kinder und Männer – betreffen, müsste doch Interesse bei jedem Einzelnen wecken und nicht nur bei den Frauen.
Doch so weit sind wir wohl noch nicht, nicht die Gesellschaft und auch die Politik nicht. Denn hier setzen noch immer die Männer die Themen auf die Agenda und die Frauen machen einfach mit. Horst Seehofer pocht auf seinen Willen und Familienministerin Schröder nickt ab, Schade!