Schließt ein Handwerker außerhalb seiner Geschäftsräume einen Auftrag ab, muss er seinen Kunden über das Widerrufsrecht unterrichten. Andernfalls kann der Kunde den Auftrag widerrufen, ohne für bereits entstandene Kosten aufkommen zu müssen – auch wenn die Arbeiten längst erledigt wurden. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil erneut bekräftigt.

Hat ein Handwerker einen Dienstleistungsvertrag zum Beispiel in der Wohnung des Kunden abgeschlossen, ihn dabei aber nicht über das Widerrufsrecht aufgeklärt, kann der Kunde den Auftrag widerrufen, ohne für bereits entstandene Kosten aufkommen zu müssen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Der Fall
Ein Verbraucher schloss mit einem Handwerksbetrieb einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses ab. Das Unternehmen versäumte es jedoch, ihn über das Widerrufsrecht aufzuklären. Dieses steht Kunden grundsätzlich während 14 Tagen zu, da der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Handwerksbetriebes
abgeschlossen wurde.
Nachdem der Handwerker seine vertraglichen Leistungen erbracht hatte, legte er dem Kunden die entsprechende Rechnung vor. Dieser bezahlte nicht, sondern widerrief den Vertrag. Der Kunde machte geltend, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf Vergütung habe. Der Grund: Der Betrieb habe es versäumt, ihn über sein Widerrufsrecht zu unterrichten.
Warum wurde der EuGH angerufen?
"Das Urteil bestätigt die bereits geltende deutsche Rechtslage", sagt Tim Spielmann, Rechtsanwalt bei Rödl & Partner in Nürnberg. "Das hier mit dem Rechtsstreit befasste Landgericht Essen hatte aber Zweifel, ob die geltende Rechtslage verhältnismäßig im Sinne der Verbraucherrechte-Richtlinie ist."
Die Essener Richter fragten sich, was gilt, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht erst nach Erfüllung des abgeschlossenen Vertrags ausgeübt hat. Auf diese Weise könnte dieser nämlich einen Vermögenszuwachs erlangen, was dem Grundsatz des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung, einem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, zuwiderliefe.
Der Gerichtshof verwies jedoch auf die hohe Bedeutung des Widerrufsrechts für den Verbraucherschutz. Beim Abschluss eines Vertrags außerhalb von Geschäftsräumen ist der Verbraucher möglicherweise psychisch stärker unter Druck oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt. Der hohe Verbraucherschutz geriete in Gefahr, falls zugelassen würde, dass einem Verbraucher in der Folge seines Widerrufs eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags Kosten entstehen könnten.
"In der Konsequenz ändert sich für die hiervon betroffenen Unternehmer nichts, da diese bereits nach geltendem Recht den Verbraucher vollumfänglich über sein Widerrufsrecht aufklären müssen", fasst Spielmann zusammen. "Das EuGH-Urteil verdeutlicht aber nochmals, wie wichtig es ist, fehlerfrei über die Verbraucherrechte aufzuklären. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Kunden von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen und der Unternehmer keinerlei Kompensation für bereits getätigte Aufwendungen erhält", erklärt Spielmann. "Diese Gefahr wird zudem noch dadurch vertieft, dass ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt – mit der Konsequenz, dass der Verbraucher seinen Widerruf zwölf Monate und 14 Tage lang erklären kann."
Handwerker muss in Papierform über Widerrufsrecht belehren
Doch wie kann ein Handwerker bei einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag nachweisen, dass er über das Widerrufsrecht aufgeklärt hat? Zunächst ist die Form der Widerrufsbelehrung entscheidend. "Paragraph 312f des Bürgerlichen Gesetzbuch regelt, dass die zur Verfügung zu stellenden Informationen in Papierform bzw. mit Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. per E-Mail, ein Hinweis auf der Webseite genügt dagegen nicht) zu übermitteln sind. Bei Fernabsatzverträgen muss die Zustimmung zur papierlosen Übermittlung nicht gesondert eingeholt werden", erklärt Spielmann.
Welche Informationen der Handwerksunternehmer dem Verbraucher für eine ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung zur Verfügung stellen muss, legt Art. 246a EGBGB fest. "Als Hilfestellung sind in den Anlagen zum EGBGB Musterformulare abgedruckt, an denen man sich ganz praktisch orientieren kann", sagt Spielmann (siehe zum Beispiel >>> Anlage 1: "Muster für die Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen").
Der Rechtsanwalt weist abschließend darauf hin, dass der europarechtliche Begriff der Dienstleistungsverträge im EuGH-Urteil auch Vertragsverhältnisse umfasst, die nach deutschem Verständnis als Werkverträge einzustufen sind. "Werkunternehmer sind von der Entscheidung also ebenso betroffen wie klassische Dienstleister", so Spielmann. Verträge über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum seien dagegen ausgenommen vom Anwendungsbereich der Verbraucherrechte-Richtlinie.