Mitarbeiter motivieren und Steuern sparen 8 Steuer-Spielregeln für das Gehaltsextra Gutscheine

Gutscheine, die ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter aushändigt, sind bis zu einem ­Betrag von 50 Euro pro Monat steuerfrei (bis Ende 2021: 44 Euro). Doch es gibt gesetzliche Regelungen, die es dabei zu beachten gilt.

Frau in Wohnung zeigt einen Gutschein mit roter Schleife.
Gutscheine für Mitarbeiter sind bis zu einem Betrag von 50 Euro pro Monat steuerfrei. - © contrastwerkstatt - stock.adobe.com

Sie sind ein beliebtes Gehaltsextra: Gutscheine im Wert von 50 Euro im Monat, die der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern aushändigt. Diese Form der Gehaltszahlung ist nach § 8 Absatz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei. In den Jahren 2019 und 2020 gab es hierzu jedoch einige Neuregelung in den Jahressteuergesetzen. Um bei künftigen Lohnsteuerprüfungen des Finanzamts keine böse Überraschung zu erleben, sollten Arbeitgeber folgende Steuerspielregeln beachten:

1. Regel: Gesetzeswortlaut seit 1. Januar 2020

Damit das Finanzamt bei Gewährung eines Gutscheins im Wert von 50 Euro überhaupt die Steuerfreiheit in Betracht zieht, müssen die Voraussetzungen vorliegen, dass es sich hierbei um einen Sachbezug handelt. Dazu heißt es in § 8 Absatz 2 Einkommensteuergesetz:

"Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 zufließen. Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen."

2. Regel: Schädlicher Barlohn

Selbst wenn sich Arbeitgeber streng daranhalten, dass der Wert der gewährten Sache nicht mehr als 50 Euro beträgt, kann es passieren, dass das Finanzamt die Steuerfreiheit kippt. Der Grund: Es liegt möglicherweise keine Sachleistung mehr vor, sondern steuerpflichtiger Barlohn. Hier die typischen Stolpersteine:

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  • Zweckgebundene Geldleistung: Händigt der Arbeitgeber einem Mitarbeiter 50 Euro in bar aus, damit sich der Arbeitnehmer damit etwas Festgelegtes kauft (zum Beispiel Benzin), handelt es sich dabei nicht mehr um steuerfreien Sachlohn.
  • Nachträgliche Kostenerstattung: Tankt ein Arbeitnehmer in eigenem Namen und auf eigene Rechnung für 50 Euro im Monat und der Arbeitgeber erstattet ihm diese
    50 Euro, handelt es sich um steuerlich nicht begünstigten Barlohn.
  • Geldsurrogate: Überreicht der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter eine Geldkarte, die er monatlich auflädt und kann er davon auch Geld abheben, liegt Arbeitslohn vor, der lohnversteuert werden muss (siehe unter anderem Bundesfinanzhof, Az. VI R 16/17).

Praxistipp: Zahlreiche Beispiele, wann steuerfreie Sachbezüge vorliegen und wann nicht, hat das Bundesfinanzministerium in einem ausführlichen Schreiben veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 13.4.2021, Az. IV C 5 – S 2334/19/10007:002).

3. Regel: Unschädliche Sachleistungen

Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen, sollen bei einem Wert von maximal 50 Euro pro Monat steuerfrei beim Arbeitnehmer ankommen können. Gleichzeitig muss jedoch seit 1. Januar 2022 zwingend diese Voraussetzung erfüllt sein: Die Gutscheine und Geldkarten müssen die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen.

4. Regel: Ausschließlicher Bezug von Waren und Dienstleistungen

Steuerfrei können Gutscheine und Geldkarten sein, wenn der Arbeitnehmer damit tatsächlich nur Waren und Dienstleistungen beziehen kann. Niemals steuerfrei bleiben deshalb Geldkarten, die eine Barauszahlungsfunktion haben oder über eine eigene IBAN verfügen (sogenannte Open-Loop-Karten, mit denen Überweisungen oder Devisenankäufe und Devisenverkäufe getätigt werden können).

5. Regel: Erfüllung der Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG

Als Sachbezug kommen nur zweckgebundene Gutscheine und Geldkarten in Betracht, die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten erfüllen und nicht als Zahlungsdienste gelten. In dieser Vorschrift heißt es unter anderem:

"Als Zahlungsdienste gelten nicht Dienste, die auf Zahlungsinstrumente beruhen, die für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten (Aussteller des Gutscheins) oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten eingesetzt werden können."

Gemeint sind sogenannte Closed-Loop-Karten, mit denen ein Arbeitnehmer nur von einem Aussteller des Gutscheins, einem Einzelhändler, Waren und Dienstleistungen beziehen kann.

Beispiel: Der Arbeitgeber vereinbart mit einem Tankstellenbetreiber, dass seine Arbeitnehmer an der Tankstelle Waren und Dienstleistungen beziehen können. Dafür bekommen sie monatlich eine Tankkarte im Wert von maximal 50 Euro.

Begünstigt sind aber auch sogenannte Controlled-Loop-Karten. Solche Karten berechtigen den Arbeitnehmer, Waren und Dienstleistungen von einem begrenzten Kreis an ausgewählten Akzeptanzstellen mit einer Geld- beziehungsweise Gutscheinkarte abrufen zu können.

Beispiel: Der Arbeitgeber erwirbt von einem Betreiber eines Shopping-Centers Gutscheine für seine Mitarbeiter. Diese dürfen bei im Einkaufscenter ansässigen Shops mit ihrer Karte Waren und Dienstleistungen bis 50 Euro pro Monat abrufen. Auch hier greift die Steuerfreiheit für Sachbezüge.

Praxistipps

In einem BMF-Schreiben vom 15. März 2022 wurde klargestellt, was als "begrenzter Kreis" ausgewählter Akzeptanzstellen gemeint ist (Randziffer 10 des BMF-Schreibens). Die Steuerfreiheit ist damit sicher, wenn mit dem Gutschein oder mit der Geldkarte bei

  • städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland oder im Internetshop der jeweiligen Akzeptanzstelle,
  • bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region (z.B. mehrere benachbarte Städte oder Gemeinden im inländischen Raum) erstrecken oder im Internetshop der jeweiligen Akzeptanzstelle,
  • bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden auf die – auch bundeslandübergreifend – unmittelbar räumlich angrenzenden zweistelligen Postleitzahlen-Bezirke begrenzt werden oder
  • aus Vereinfachungsgründen bei Gutscheinen oder Guthabenkarten zum Bezug von Waren und Dienstleistungen von einer bestimmten Ladenkette (einem bestimmten Aussteller) in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt

eingekauft werden kann. Zahlreiche Beispiele finden Sie dazu in Randziffer 11 des BMF-Schreibens vom 15. März 2022.

Sollte das Finanzamt bei einer Lohnsteuerprüfung für Jahre bis Ende 2021 beanstanden, dass Gutscheine und Geldkarten die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllten, müssen Sie keine Angst vor Lohnsteuernachzahlungen haben. Denn bis zum 31. Dezember 2021 bestand eine Übergangsregelung. Frühestens ab 1. Januar 2022 ist es lohnsteuerlich schädlich, wenn die Kriterien des ZAG nicht erfüllt sind.

6. Regel: Problemfall Gutscheine von Amazon

Kann eine Geldkarte oder ein Gutschein auch bei einem Internet-Shop eingelöst werden, muss aufgrund der Neuregelung und der Einbeziehung der Kriterien des ZAG (siehe Punkt 5) folgendermaßen unterschieden werden.

Werden im Internet-Shop nur Waren und Dienstleistungen angeboten, die der Aussteller des Gutscheins ansonsten auch in seinem Ladengeschäft anbietet, liegt Sachbezug vor, wenn der Arbeitnehmer mit einer Gutscheinkarte, die er von seinem Arbeitgeber ausgehändigt bekommen hat, online shoppt. Darf nur bis zu einem Betrag von 50 Euro online geshoppt werden, ist das Extra Gutschein steuerfrei.

Dasselbe gilt, wenn der Aussteller des Gutscheins mit bestimmten Akzeptanzpartnern eine Kooperation eingegangen ist und der Arbeitnehmer mit einer Gutscheinkarte Waren und Dienstleistungen dieser Akzeptanzpartner in einem Online-Shop abrufen darf.

Kein Sachbezug, sondern Barlohn liegt vor, wenn der Arbeit­geber seinem Mitarbeiter jeden Monat einen Amazon-Gutschein im Wert von 50 Euro aushändigt. Denn die Waren und Dienstleistungen auf Amazon können nicht nur von einer begrenzten Anzahl von Akzeptanzpartnern bezogen werden, sondern von unzähligen Händlern mit den verschiedensten Verkaufsmodellen im In- und Ausland.

7. Regel: Zusätzlich zum Arbeitslohn

Neu ist seit 1. Januar 2020 auch, dass die Steuerfreiheit für Sachbezüge nicht mehr im Rahmen einer Gehaltsumwandlung gewährt werden darf. Im neuen § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG steht nun schwarz auf weiß, dass das Gehaltsextra Gutschein nur von der Besteuerung ausgeschlossen sein kann, wenn der Arbeitgeber dieses Extra zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat einen vertraglichen Anspruch auf 2.200 Euro Arbeitslohn. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Bruttoarbeitslohn ab Februar nur noch 2.150 Euro betragen soll und für die restlichen 50 Euro steuerfrei ein Gutschein gewährt wird.

Folge: Da der Gutschein nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird, müssen die 50 Euro lohnversteuert werden.

Variante: Der Arbeitgeber möchte einem Mitarbeiter ab 1. März eine freiwillige Gehaltserhöhung von 50 Euro geben. Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren stattdessen das Gehaltsextra Gutschein im Wert von 50 Euro pro Monat.

Folge: Liegen die Voraussetzungen für einen Sachbezug vor, ist diese monatliche Zuwendung steuerfrei, weil sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.

8. Regel: Definition Zusätzlichkeitserfordernis

Aufgrund verschiedener Urteile des Bundesfinanzhofs, die der Auffassung der Finanzverwaltung widersprechen, ist im Jahressteuergesetz 2020 erstmals definiert, wann eine Arbeitgeberleistung als "zusätzlich zum Arbeitslohn geleistet" einzustufen ist. Das ist der Fall, wenn

  • die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird,
  • der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  • die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und
  • bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Praxistipp: Diese im Jahressteuergesetz 2020 verabschiedete erstmalige Definition gilt für Gehaltsextras, die einem Arbeitnehmer nach dem 31. Dezember 2019 zugeflossen sind. Sollten aktuell oder im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung Probleme mit der Auslegung dieser Definition bestehen, empfiehlt es sich, entweder eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG an das Finanzamt zu richten oder Sie wenden sich mit der Bitte um Klarstellung an die übergeordnete Behörde (Oberfinanzdirektion, Landesamt für Steuern).

Fazit Gehaltsextra Gutscheine

Die gesetzlichen Regelungen zur Gewährung von Sachbezügen in Form eines Gutscheins oder einer Geldkarte sind seit 1. Januar 2020 und aufgrund der Definition des Zusätzlichkeitserfordernisses sehr kompliziert. Um bei späteren Lohnsteuerprüfungen keine böse Überraschung zu erleben, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Steuerberater und lassen Sie die getroffenen Vereinbarungen zur Gewährung von Sachbezügen überprüfen, ob diese nach der aktuellen Rechtslage – insbesondere nach den Spielregeln des BMF-Schreibens vom 15. März 2022 – noch steuerfrei sind. Falls nicht, stellen Sie die Modalitäten umgehend um und ändern Sie fehlerhafte Lohnsteueranmeldungen.

Hat Ihr Steuerberater selbst Zweifel, sollten Sie beim Finanzamt nachhaken. Dazu stellen Sie beim Finanzamt einen Antrag auf Erteilung einer Anrufungsauskunft nach § 42e EStG. Der Sachbearbeiter im Finanzamt checkt, ob alle Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt sind und teilt Ihnen das Ergebnis seiner Überprüfungen mit. Dieser Service ist gratis.