Das deutsche Friseurhandwerk hat wahrlich schon leichtere Tage erlebt. Dennoch wollen am Weltkindertag Friseure in ganz Deutschland für den guten Zweck zur Schere greifen. Das erwartet die Kunden.

Seit mehr als 20 Jahren beteiligt sich Oliver Schmidt an Spendenaktionen für Kinder. Ein Beispiel sind seine jährlichen "Nikolaus-Cuts", bei denen sich Kinder für kleines Geld verwöhnen und frisieren lassen können. Die Einnahmen spendet der Friseurmeister aus Düsseldorf an bedürftige Kinder und Jugendliche. Ganz ähnlich läuft die Aktion "Friseure helfen Kindern" zum diesjährigen Weltkindertag ab. Diese hat Schmidt gemeinsam mit der Hilfsorganisation "Anak tnk", dem Magazin "Top Hair" und der Agentur "Addways" initiiert.
Mehr als hundert Friseursalons in ganz Deutschland haben angekündigt, sich zu beteiligen. Am 20. September bieten sie vergünstigte Haarschnitte für Kinder an und spenden die Erlöse an eine Hilfsorganisation, die Straßenkindern im philippinischen Manila zugutekommt. Zusätzlich werden auf der Internetseite Spenden gesammelt.
"Friseure helfen Kindern": Kindermusik, Süßigkeiten und vergünstigte Haarschnitte
Für den Tag hat sich Oliver Schmidt ein straffes Programm vorgenommen. In all seinen fünf teilnehmenden Filialen möchte der Stylist die Aktion persönlich begleiten. Seine Salons wird er stundenweise für die kleinen Besucher blocken und sie mit Kindermusik und Naschereien empfangen. Auf diese Weise soll den Kleinen auch die Anspannung genommen werden. "Haareschneiden macht Kleinkindern oft keinen Spaß, durch das Programm kommen sie aber sehr gerne", sagt Schmidt.
Für ihn und sein Team sei die stundenlange Arbeit an den kleinen Kunden ebenfalls anspruchsvoll. Der Motivation tue dies aber keinen Abbruch. "Mir ist wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, dass nicht jedes Kind auf der Welt das Glück hat, gesund zu sein und etwas zu Essen oder ein Spielzeug zu haben", so Schmidt. Seine Aktion hat er deshalb auf die gesamte Woche ausgeweitet. Wer am Weltkindertag nicht kommen kann, erhalte noch bis Samstag einen Kinderhaarschnitt zum Vorzugspreis von 15 Euro, welche vollständig in den Spendentopf wandern.
Energiepreise und Mindestlohn-Erhöhung belasten Friseurhandwerk
Unterstützung erhält die Aktion auch vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. Dass sich die Branche auch in der aktuell schweren Lage von ihrer hilfsbereiten Seite zeigt, erfüllt die Präsidentin Manuela Härtelt-Dören mit Stolz. "Wir Friseure sind Menschen mit ganz viel Herzblut", sagt die Friseurmeisterin. Sie selbst will sich ebenfalls aktiv an der Aktion beteiligen.
Dass Aktionen wie "Friseure helfen Kindern" derzeit keine Selbstverständlichkeit sind, verdeutlicht Härtelt-Dören mit einem Blick auf die aktuelle Situation in der Branche. Die gestiegenen Energiepreise machten den Betrieben derzeit schwer zu schaffen. Als "Katastrophe" bezeichnet sie es, dass im Oktober der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro angehoben wird. Dies habe zur Folge, dass auch den Beschäftigten oberhalb der Lohnuntergrenze mehr bezahlt werden müsste, da andernfalls kein angemessener Lohnabstand gewahrt bliebe. "Durch diese beiden Faktoren müssen wir ab Oktober unsere Preise um 15 bis 20 Prozent erhöhen", so die Friseurmeisterin. Sie fürchtet, dass sich angesichts der gegenwärtigen Inflation einige Kunden den Haarschnitt dann nicht mehr leisten können oder wollen. "Dadurch wird es wieder die Abwanderung in die Grau- und Schwarzarbeit-Zonen geben." Von der Politik erhofft sich Härtelt-Dören deshalb Unterstützung. "Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Friseurdienstleistungen auf sieben Prozent würde helfen, die Mehrkosten abzufedern."