Vorfinanzierung Finetrading im Handwerk: Einfach andere kaufen lassen

Finetrading zählt zu den eher unbekannten Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen. Doch sie ist eine gute Möglichkeit, die Liquidität zu schonen. Vor allem, wenn viele Materialien vorfinanziert werden müssen.

Rigipsplatten, Trockenbau
Material sollte nicht zu viel Kapital binden. Finetrading kann helfen, flüssig zu bleiben. - © Foto: contrastwerkstatt – stock.adobe.com

Dass es auch andere Finanzierungsmöglichkeiten gibt als den Kredit von der Hausbank, hat sich mittlerweile auch im Handwerk herumgesprochen. Finetrading ist trotzdem noch immer ziemlich unbekannt. Entwickelt wurde das Konstrukt zwar ursprünglich für den Handel. Aber auch für Handwerksbetriebe kann sich der Einsatz lohnen. Doch wie funktioniert das genau? Zwölf Fragen – zwölf Antworten.

Was bedeutet "Finetrading" überhaupt?

Der Begriff setzt sich zusammen aus "finance", also Finanzen und Trading, also Handel. Konkret handelt es sich um ein Finanzgeschäft zwischen drei Parteien. In der Praxis bedeutet das, dass ein zwischengeschaltetes Unternehmen, der Finetrader, benötigte Waren vorfinanziert.

Wo liegt der Vorteil für den Betrieb?

Der Finetrader überbrückt den Zeitraum, der zwischen der Bezahlung benötigter Materialien und dem Zahlungseingang des Kunden nach Beendigung des Auftrages liegt. Auch über längere Lieferzeiten kann er hinweghelfen. Der Betrieb schont die eigene Liquidität oder spart sich sogar eine Kreditfinanzierung. Damit lässt sich gleichzeitig auch die Abhängigkeit von der Hausbank reduzieren.

Wie läuft das konkret ab?

Der Wareneinkaufsfinanzierer bezahlt die Ware sofort. Der Handwerksbetrieb hat dann ein längeres Zahlungsziel, das zumeist zwischen 30 und 180 Tagen liegt. Trotzdem wird die Ware sofort und direkt an ihn geliefert.

Welche Voraussetzungen müssen Betriebe erfüllen?

Da das Geld nicht vom Finetrader zum Betrieb fließt, gewährt dieser im rechtlichen Sinne auch keinen Kredit. Unternehmen, die in dieser Form Waren vorfinanzieren, werden darum auch nicht durch die Bankenaufsticht reguliert. Das heißt, sie prüfen zwar die Bonität, legen aber andere Kriterien zugrunde. Wichtig sind eine positive Ertragslage und die Rückversicherbarkeit des Betriebes. Dingliche Sicherheiten, wie sie Banken in der Regel fordern, werden nicht benötigt.

Gibt es Mindestvolumina?

Ja, die gibt es. Aber die sind erstens von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich und liegen heute zudem bei vielen deutlich niedriger als noch vor ein paar Jahren. Die Zeiten, in denen unter 100.000 Euro nichts ging, sind vorbei. Inzwischen gibt es auch Wareneinkaufsfinanzierer, die gezielt auch kleine Unternehmen ansprechen.

Muss jedes Mal ein neuer Vertrag gemacht werden? Und ist das aufwendig?

Finetrading kann sowohl bedarfsweise genutzt werden als auch zur dauerhaften Finanzierung des Materialeinkaufs, was eher die Regel ist. Dann erhält der Betrieb ein revolvierendes Einkaufslimit. Zudem arbeiten Finetrader oft auch mit digitalen Prozessen. Wer sich einmal registriert hat, kann dann wie beim Online- Banking im Rahmen seines Verfügungsrahmens selbst agieren.

Kann man selbst mitbestimmen, wo die Ware eingekauft wird?

Ja, der Unternehmer bestimmt nicht nur den Lieferanten. Er verhandelt auch die Konditionen und Preise – inklusive Skonto.

Was kostet Finetrading?

Kosten und Konditionen variieren stark. Was auch daran liegt, dass neben den Standardgebühren, die sich mit Kreditzinsen vergleichen lassen, mitunter noch weitere Kosten oder Gebühren anfallen. Zudem werden verhandelte Skontoerträge, die meist um 2,5 Prozent liegen, nicht immer eins zu eins weitergegeben. Je nach benötigtem Kapital, eigener Bonität und Laufzeit geben die verschiedenen Anbieter im Schnitt Gesamtkosten zwischen 1,5 und 3 Prozent an.

Welche zusätzlichen Gebühren sind akzeptabel?

Einige Anbieter verlangen bereits vor Vertragsabschluss Prüfkosten; dies sollten Sie ebenso wenig akzeptieren wie Aufwendungen für Vertragsverlängerungen oder sonstige Posten, die über eine Start- oder Einrichtungsgebühr hinausgehen. Wer bei der Anfrage auf die Angabe der Gesamtgebühr besteht, ist vor unangenehmen Überraschungen sicher.

Worauf sollte man noch achten?

Viele Anbieter verlangen Mindermengenzuschläge. Das ist teuer. Wenn möglich, sollte man daher die Mindestmenge einhalten. Zudem sollten man ein Auge auf mögliche Skontoerträge haben, die bestenfalls komplett im eigenen Unternehmen bleiben.

Warum sind Preisnachlässe so wichtig?

Verhandelt ein Betriebsinhaber ein gutes Skonto, behält dieses komplett und nutzt nicht die volle Laufzeit aus, kann er durch Finetrading mitunter sogar Kostenneutralität oder ein kleines Plus erreichen.

Wie viele Anbieter gibt es in Deutschland?

Insgesamt geht man von rund 20 Anbietern aus, die sich allerdings nicht alle auch ans Handwerk richten. Eine Anfrage kann sich aber lohnen.