Von modulierbaren Fahrradstationen über leichtgewichtige E-Bikes bin hin zu Lastenrädern für die ganze Familie: Diese und mehr Neuheiten bietet die kommende Fahrradsaison. Die Fahrradtrends 2022 im Überblick.

Am 1. September startet zum 29. Mal die internationale Fahrradmesse Eurobike in Friedrichsdorf, die 2020 aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste. Wie die Veranstalter mitteilen, präsentieren in diesem Jahr 630 Ausstellende aus 42 Ländern ihre Produktneuheiten rund ums Fahrrad – und das auf mehr als 80.000 Quadratmetern. Für das Fachpublikum ist die Messe am 1. und 2. September und für alle anderen Besucher am 3. und 4. September geöffnet. An diesen Tagen können sie die Neuheiten der kommenden Radsaison nicht nur live sehen, sondern in vielen Fällen auch testen und erleben. Die Anmeldung für kurzentschlossene Besucher ist weiterhin möglich: Hier geht es zur Registrierung für die Eurobike 2021.
Das sind die Fahrradtrends 2022
Doch was genau erwartet die Messebesucher? Zum Start der Eurobike 2021 gibt der pressedienst-fahrrad (pd-f) einen Vorgeschmack, welche Trends 2022 beim Fahrrad wichtig werden. Nicht nur E-Bikes sind weiterhin angesagt, auch das Thema sicheres Fahrradfahren in der Stadt gewinnt immer mehr an Bedeutung. Hier ein Überblick der wichtigsten Fahrradtrends 2022.
Sicheres Fahrradfahren in der Stadt
Fahrräder spielen eine große Rolle bei der Verkehrswende. Doch besonders in Großstädten ist nur wenig Platz für die entsprechende Infrastruktur vorhanden. Wie aus zwei Autoparkplätzen eine modulierbare Fahrradstation gemacht werden kann, zeigt jetzt das Projekt "Velohub". Neben (überdachten) Fahrradstellplätzen, bietet es sogar die Möglichkeit Werkstatt, Ladesäule, Verweilort, Gepäckaufbewahrung oder Imbissstand zu integrieren.
Auch das Thema Sicherheit ist beim Radfahren in der Stadt wichtig. Und das in zweierlei Hinsicht: Für die Sicherheit geparkter Räder braucht es ein robustes Fahrradschloss, das Diebe fernhält. Um das Fahrrad zu sichern, gibt es mittlerweile spezielle Wandanker, die fest in der Wand verdübelt werden. Der pd-f nennt als Beispiel das Modell "Wallchain WCH" von Abus, das als Neuheit ein direkt integriertes Schloss enthält. So lassen sich wahlweise ein oder zwei Ketten direkt am Wandanker sichern.
Für den Schutz vor Radstürzen hingegen sind andere Dinge wichtig. Hier bieten die Hersteller verschiedene Lösungen: Zum Beispiel rutschfeste Pedalen oder Fahrradreifen mit speziellen Profilen, die für einen besseren Halt des Bikes am Boden sorgen. Damit auch gern auf den Fahrradhelm zurückgegriffen wird, setzen die Hersteller 2022 auf besondere Designs und Funktion. So präsentiert Helmspezialist Abus etwa den "Hud‑y". Seine Optik ist von drei Lüftungsöffnungen geprägt und der Helm enthält eine integrierte Rücklichtleiste, die per Micro-USB geladen wird.
E-Bikes weiterhin voll im Trend
Laut Zweirad-Industrie-Verband wurden 2020 insgesamt rund 1,95 Millionen E-Bikes verkauft – das sind 43,4 Prozent mehr als im Jahre 2019. Auch 2022 geht der Trend elektrisches Fahrrad weiter: Dem pd-f zufolge richten sich die Elektroräder der Saison 2022 immer stärker nach verschiedenen Bedürfnissen aus. Zwei Trends lassen sich beobachten:
Erstens vereinen sogenannte SUV-E-Bikes den Fahrkomfort und die Vielseitigkeit von Reiserädern mit einem Plus an Geländetauglichkeit. Wie etwa beim Modell "Goroc 2" von Flyer finden sich hier Bremsen, Reifen und Federgabel vom Mountainbike, aber ebenso Lichtanlage, Gepäckträger, Schutzbleche und auch mal ein Tiefeinsteigerrahmen.
Zweitens werden E‑Bikes gerade in der Stadt immer leichter und unscheinbarer. Beispiel: Das Modell "MUC.l.al" hat einen 360-Wattstunden-Akku ins Unterrohr integriert und einen kaum erkennbaren Bafang-Motor im Hinterrad. Gewicht: 15 Kilogramm.
Nachhaltigkeit im Fokus
Das Fahrrad gilt als nachhaltige Alternative zum Auto. Das Problem: zum Transport eignet es sich meist nur eingeschränkt. Stark nachgefragt sind laut pd-f aktuell Cargobikes, die es in unterschiedlichen Varianten gibt und die als Autoersatz genutzt werden können. So gibt es spezielle Familienvarianten, in der bereits serienmäßig zwei Kindersitze und ein Kinderverdeck verbaut sind, oder auch Modelle mit einem dreirädrigen Aufbau. Zudem gibt es Lastenräder mit integrierten E-Bike-Motoren und großen Gepäckträgern, mit denen neben Einkäufen auch Kleinkinder transportiert werden können. Auch einige Handwerker haben Cargobikes schon für sich entdeckt. Eine weitere Transportalternative zum Auto sind Kinderanhänger. Damit auch die Jüngsten mitkommen, bietet etwa Anhängerspezialist Croozer mit dem "Climatex Babysitz" eine Art Hängematte an.

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Auch beim Thema nachhaltige Materialien lassen sich die Hersteller etwas einfallen: So bietet der Markt etwa Outdoor-Bekleidung aus recyceltem Kaffeesatz sowie PET-Flaschen als Isolation. Auf ein nachhaltiges Recyclingsystem setzt Hersteller Schwalbe bei seinen Fahrradschläuchen. Radfahrer geben defekte Schläuche im Fahrradhandel zurück, die dann wiederaufbereitet werden. Um eine andere Art der nachhaltigen Nutzung kümmert sich das "Mountainbike Tourismus Forum". Durch verschiedene Projekte und Ideen versuchen die Beteiligten, den Nutzungsdruck zwischen der stark wachsenden Gruppe an Mountainbikern und anderen Erholungssuchenden zu minimieren.
Fahrradtrends 2022: Neuheiten im Radsport
Profisportler sind das Aushängeschild eines Unternehmens. Die Sportler können auch dabei helfen, die Produktentwicklung zu unterstützen, wie das Beispiel des Mountainbikes "Lector FS World Cup" von Ghost zeigt. Das Wettkampfrad konzipierten die Hersteller gemeinsam mit den Fahrern des unternehmenseigenen Racing-Teams. Auch bei Olympia war es am Start. Ergonomiespezialisten setzen bei ihrer Produktentwicklung ebenfalls auf die Unterstützung von Top-Athleten. Ein Ergebnis ist der neue Sattel von Ergon. Eine Schaumlage verbessert laut Hersteller der Fahrkomfort beim Mountainbike.
Und auch Rennradfahrer können sich für die nächste Saison auf Produktneuheiten freuen: Neben aerodynamischen Laufradsätzen, speziell konzepiert für Tubeless-Reifen, bietet der Markt auch spezielle Akku-Scheinwerfer mit 100 Lux Beleuchtungsstärke – für ausreichend Licht fürs sportliche Radfahren in der Dunkelheit.
Blick in die Zukunft: So geht es der Fahrradbranche 2022
In den nächsten zehn Jahren könnten die Verkaufszahlen in Europa für Fahrräder und E‑Bikes im besten Falle auf bis zu jährlich 40 Millionen Stück ansteigen. Das besagt eine Prognose des Verbandes European Cycling Industries (ECI). Das würde eine Verdopplung der aktuellen Verkaufszahlen bedeuten. Ein Grund: die starke Nachfrage nach E‑Bikes. Bereits 2020 hatten in Deutschland fast 40 Prozent der verkauften Räder einen Motor. Experten rechnen damit, dass schon bald jedes zweite verkaufte Rad ein Elektrorad sein wird. Neben den Trekking- und Cityrädern bringt gerade bei Mountainbikes und Cargobikes die Elektrifizierung weiteren Schwung.
Die Innovationsvielfalt ist das eine, aber es gibt noch ein paar Schlaglöcher, die den Radverkehr zurückwerfen. Da ist einerseits die Infrastruktur zu nennen. Die steigende Zahl an Nutzern bringt Radwege und Straßen vielerorts an die Grenzen. Während erste Städte bereits reagieren, besteht speziell in ländlichen Bereichen noch viel Handlungsbedarf.
Brancheninterne Gründe blockieren die aktuellen Entwicklungen allerdings auch. Längere Lieferzeiten und Warenknappheit im Fahrradhandel, auch bedingt durch die Corona-Pandemie, prägten dieses Jahr. Die Transportkette aus Asien ist anfällig. Hier wird bereits an Lösungen gearbeitet, um Produktion verstärkt nach Europa zu holen. Zudem wurden die Produktionskapazitäten bei vielen Zulieferern erhöht, was die Befürchtung einer Blase aufwirft. Viele Marktteilnehmer können aktuell nicht einschätzen, wie sich die Nachfrage in den kommenden Jahren entwickeln wird. Die Zahlen des ECF stimmen zwar optimistisch, der Verband sagt aber ebenfalls, dass eine schlechtere Entwicklung durchaus möglich ist. Genaue Prognosen aufzustellen sei schwierig.
Außerdem leidet im Fahrradhandel speziell der Werkstatt- und Servicebereich unter einem erheblichen Fachkräftemangel, der in den kommenden Jahren noch zunehmen wird. Die technisch-versierten und ausgereiften Produkte sind allerdings mitunter serviceintensiv und brauchen geschulte Mitarbeiter.