Fahrradmesse in Friedrichshafen Eurobike: Die Fahrrad-Trends 2018

Im Jahr seines 200. Geburtstags hat das Fahrrad nichts von seiner Faszination verloren. Dass daran auch die Fahrrad- und Zubehör-Hersteller aus aller Welt ihren Anteil haben, zeigt in diesen Tagen wieder die Leitmesse Eurobike in Friedrichshafen. Spannende Innovationen und pfiffige Ideen rücken das Fahrrad in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Deutsche Handwerks Zeitung hat sich vor Ort umgesehen und die Trends für 2018 ausgemacht.

Marco-Tobias Arnold

Tern setzt mit seinem Lastenrad "GSD" auf Faltbarkeit. - © Tern Bicycles

Es sind beeindruckende Zahlen: Über 80 Prozent der deutschen Haushalte besitzen mindestens ein Fahrrad, aktuell gibt es in Deutschland einen Fahrradbestand von ca. 73 Millionen Fahrzeugen. In Zeiten von Feinstaubalarm, Dieselskandal und drohenden Fahrverboten rückt das Fahrrad als alternatives Transportmittel auch in der öffentlichen Diskussion verstärkter in den Fokus. Denn immer ausdifferenziertere Konzepte bieten für nahezu jeden eine Option, um sich mit zwei Rädern fortzubewegen.

Vor allem die Elektrifizierung fast aller Zweiradbereiche hat der Branche einen Schub verpasst. Dies zeigen auch die aktuellen Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV). Für das Jahr 2017 rechnet der Verband mit 2,64 Millionen verkauften Fahrrädern. Dies entspricht zwar insgesamt einem Rückgang um 2,2 Prozent, aber vor allem die E-Bike-Verkäufe boomen weiterhin. Für das laufende Jahr schätzt der ZIV, dass etwa 680.000 Räder verkauft werden. Dies entspricht einem zweistelligen Wachstum von etwa 12 Prozent.

Besonders die Zunahme von elektrifizierten Lastenrädern ist laut Verbandsangaben bemerkenswert. Diese Fahrzeugkategorie leistet demnach bereits heute einen wichtigen Beitrag beim gewerblichen Lastentransport. Dies gilt besonders in Städten, dort bieten die sogenannten Cargo Bikes auch für Handwerksbetriebe große Chancen, um umweltfreundliche und platzsparende Konzepte einzuführen. Dies hat auch die Politik erkannt und fördert den Radverkehr zunehmend. Erst vor kurzem wurde das Radbudget des Bundeshaushaltes auf 200 Millionen Euro pro Jahr erhöht.

E-Bikes und Co. – Elektrisiere sich was kann

Mit über 1.400 Ausstellern aus fast 50 Ländern bleibt die Eurobike auch in diesem Jahr die wichtigste und größte Messe der Fahrradbranche. Was die Besucher erwartet, kündigte Stefan Reisinger, Bereichsleiter bei der Messe Friedrichshafen schon im Vorfeld an: "Die Fahrrad-Branche wandelt sich und damit auch die Eurobike. E-Bikes und die dazugehörigen Teile befeuern das Fahrrad als Mobilitätsprodukt."

Der elektronische Antrieb ist sicherlich ein Erfolgsfaktor für die zunehmende Radbegeisterung in den Städten. Inzwischen müssen Pendler auch nicht mehr auf den schicken Look verzichten. Die Elektroantriebe lassen sich inzwischen immer besser mit den Rädern verbinden. Beispiele für klare Linienführung und sauberer Integration von Kabel und Komponenten sind das "E-Nova Di2" von Koga und das "Sinus iX 11 Urban" von Winora.

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Doch nicht nur bei den Stadträdern, auch bei Rennrädern setzen immer mehr Anbieter auf elektrische Unterstützung. "Project Y" von Focus Bikes ist hier sicher ein Vorreiter. Der Motor ist bei diesem Modell besonders für Antritte gedacht, um schnell auf Tempo zu kommen. Der Antrieb unterstützt bis zu 400 Watt und ist im Rahmen des Rennrads integriert. Einen anderen Ansatz in Sachen Rennrad setzt das junge Start-Up Rondo. Die Polen greifen einen neuen Gravel-Trend auf. Das sind Rennräder, mit breiteren Reifen und einer entspannten Geometrie, die auch einen Ausritt über Schotterwege nicht scheuen.

Nach langen Diskussionen innerhalb der Bikebranche sind E-Mountainbikes bei vielen Herstellern nicht mehr aus dem Portfolio wegzudenken. Der österreichische Hersteller KTM setzt bei seiner Neuauflage des "Macina Kapoho" auf neue PowerTube-Akkus von Bosch, die sich vollständig in den Fahrradrahmen integrieren lassen. Außerdem kombiniert KTM bei diesem Fahrrad erstmals unterschiedliche Radgrößen: Während das Vorderrad auf 29 Zoll daher kommt und leicht über Hindernisse rollt, sorgt ein extrabreites 27,5 plus Zoll-Hinterrad für Traktion und Stabilität. Der Schweinfurter Hersteller "Haibike" ist sicherlich Pionier in Sachen E-Mountainbike. Seine neues Modell "Xduro Allmtn 9.0" weist ein neues Geometriekonzept und einen Bosch-CX-Mittelmotor mit dem neuen Power-Tube-Akkku auf. Ein neues Modular-Rail-System eignet sich zur Montage von Flaschenhalter, Schloss oder Rahmentasche.

Wer ein wenig Kleingeld übrig hat, sollte beim Schweizer Anbieter BMC vorbeischauen. Das erste E-Mountainbike "Trailfox AMP" kostet 12.000 Euro. Dafür spendieren die Grenchener ihrem E-Fully alles, was gut und teuer ist. Akku und Motor verschwinden in Doppelkammern aus Carbon, die einerseits leicht ist, aber dennoch viel Stabilität bieten.

E-Bikes schon für Kinder?

Ein neuer Trend für 2018 sind E-Bikes für Kinder. Warum dies aus seiner Sicht sinnvoll ist, erläutert Laurenz Popp von KTM: "Erstmals kann jetzt bei einem gemeinsamen Familienausflug jeder mit derselben Geschwindigkeit fahren – angepasst an seine persönliche Performance und Ausdauer. Keiner ist über- oder unterfordert, das fördert den Familienfrieden ". Tom Specht von der PR-Agentur der Winora Group pflichtet dem bei: "Kinder ab acht Jahren können damit zusammen mit ihren Eltern auf Tour gehen, ohne dass Kraft- und Reichweitenunterschiede eine Rolle spielen." Das "Macina Mine ME" von KTM richtet sich an Kinder ab 11 Jahren. Es setzt auf kleine Motoren mit gedrosselter Leistung. Die Unterstützung wurde auf 20 Stundenkilometer begrenzt und die Schiebehilfe wurde deaktiviert. Haibike bringt mit der sogenannten "Four-Serie" E-Mountainbikes für Kinder ab acht Jahren. Der Motor von Yamaha sorgt für eine Unterstützung bis zu 25 Stundenkilometer. Ob sich die E-Bikes für Kinder durchsetzen bleibt eine spannende Frage für die Fahrradsaison 2018.

Lastenräder auch fürs Handwerk?

Wenn man durch die zahlreichen Ausstellerhallen und Freiflächen der Eurobike in Friedrichshafen wandert, stößt man unweigerlich auf eine immer größer werdende Fahrradgattung: Lastenräder. Ihnen wird eine große Zukunft vorhergesagt, da sie den Lieferverkehr in Innenstädten entlasten können und auch für Handwerksbetriebe eine gute Alternative darstellen können.

>> Weitere Lastenräder für Handwerker gibt es in dieser Übersicht. <<

Dabei gibt es die unterschiedlichsten Ausführungen und Ansätze für die sogenannten Cargo Bikes. Der Lastenanhänger "Cargo" von Croozer kann am Fahrrad befestigt werden und ist für kleinere Transporte ausgelegt. Das "Packster 40" von Riese&Müller ist ein kompakter Vertreter seiner Zunft. Er punktet durch die E-Unterstützung und eine kurze Ladefläche. Damit ist er für die wendige Stadtfahrt bestens geeignet.

Das Tern "GSD" ist ein besonderer Vertreter. Mit einer Länge von gerade einmal 180 Zentimeter ist es kleiner als ein normales Pedelec. Dabei hat es eine Ladekapazität von 180 Kilogramm. Der Clou: Innerhalb kurzer Zeit kann man das GSD in zehn Sekunden auf ein Drittel des Ausgangsvolumens zusammenlegen. Zusätzlich zu zwei Taschen kann es noch mit Front- und Heckträgern ausgerüstet werden, die exakt für Euroboxen ausgelegt sind. Alternativ können auch zwei Kindersitze auf dem Lastenrad angebracht werden. Es ist mit der DualBattery-Technik von Bosch ausgestattet und bietet dank der Verbindung zweier Akkus Reichweiten bis zu 250 Kilometer.

Nachhaltigkeit im Fokus der Radbranche

Bei der Produktion von Fahrrädern und Zubehör suchen immer mehr Hersteller nach nachhaltigen Lösungen. Besonders gelungen ist dies beim Kieler Unternehmen My Boo, das Räder aus Bambus fertigt. Der urbane Stadtflitzer "My Kuro" setzt erstmals auf einen wartungs- und verschleißärmeren Riemenantrieb und schont damit zusätzlich die Umwelt.

Ein Pionier in Sachen Nachhaltigkeit ist der Bekleidungshersteller Vaude, der mit seinem Green-Shape-Standard ein eigenes Label für nachweislich ökologische Produktion entwickelt hat. Bei den neuen Bekleidungsartikeln setzen die Allgäuer auf natürliche Merinowolle, die für hohe Atmungsaktivität und Tragekomfort stehen. "Es geht darum Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelten Materialien einzusetzen und diese so zu verwenden, dass die gewünschten Funktionseigenschaften nicht zu kurz kommen", berichtet Produktmanagerin Anna Holzner.

Auch der Reifenspezialist Schwalbe setzt mit dem "Road Cruiser" auf eine grüne Gummimischung. Für das Compound werden nachwachsender Kautschuk und recycelte Gummimaterialien wie Türdichtungen oder Gummihandschuhe verwendet. Laut Hersteller entstehen dabei keine Einbußen bei Qualität und Haltbarkeit.

Fahrradzubehör: Schutz in jeglicher Hinsicht

Um bei der Pendeltour in den Betrieb oder bei der Radreise gut geschützt zu sein, bieten sich zahlreiche Accessoires an. Als Schutz vor Spritzwasser eignet sich beispielsweise die "Buxe" von Fahrer Berlin. Der Überzug lässt sich einfach über das hintere Schutzblech spannen. Auch die passenden Rucksäcke und Taschen gibt es in Hülle und Fülle. Übrigens: Auch die Hauptstädter sind ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Sie nutzen alte LKW-Planen, Werbebanner oder Bootsabdeckungen für ihre Produkte.

Der "City Light"-Helm von Uvex bietet volle Sichtbarkeit in der Dunkelheit. Das integrierte LED-Beleuchtungssystem kann einfach per Knopfdruck aktiviert werden. Dabei bieten sich die Optionen durchgehend leuchten, blinken oder ein- und ausfaden. Die vorderen blauen LEDs ziehen dabei noch mehr Aufmerksamkeit auf sich als weiße und verbrauchen weniger Akkuleistung. Für optimale Sicherheit sorgen zudem die roten LED-Ketten hinten.

Das "Stadtwandler Sakko" vom Friedrichshafener Anbieter Lightweight kombiniert nicht Funktion mit einer gelungenen Optik. Der untere Teil des Sakkos kann eingeklappt und mit Druckknöpfen fixiert werden. Der aufgestellte Kragen dient als Windschutz während der Fahrt. Damit die Fahrer auch gut gesehen werden, bietet die Jacke außerdem reflektierenden Einfassungen am Kragen und am Rücken. Am Arbeitsplatz verwandelt sich die Bike-Jacke in das Büro-Sakko und der Arbeitstag kann starten.

Der "E-Glove 2" von RACER SAS verspricht warme Hände auch bei kühlen Temperaturen. Der Handschuh verfügt über ein spezielles Wärmesystem. Der Heizkreis wird von einem Mikroprozessor gesteuert, der die Temperatur im Handschuh thermoreguliert.

Für - im wahrsten Sinne des Wortes – leichten Schutz sorgt der "Flectr Zero". Der aerodynamische Speichenreflektor wiegt gerade mal 0,7 Gramm und hat ein Profil, das einem Dartpfeil gleicht. Damit beeinflusst er die Eigenschaften des Laufrades nicht. Durch sein hohes Reflektionsvermögen werden die Biker auch in der Dunkelheit gut gesehen.

Damit nicht nur die Fahrer geschützt sind, setzt Abus mit dem "Bordo Alarm 6000A" auf das erste Alarm-Faltschloss der Welt. Versucht ein Dieb das Schloss zu knacken löst es einen bis zu 100 Dezibel lauten Alarm aus. Da wird vermutlich jeder Fahrradknacker schnellstmöglich das Weite suchen. Das kalifornische Unternehmen Linka setzt dagegen voll auf die Digitalisierung. Bei ihren Rahmenschlössern sucht man eine Öffnung für den Schlüssel vergebens. Sie lassen sich stattdessen per App und Bluetooth mit dem Smartphone öffnen.  Apropos Digitalisierung: Mit der Mini-Powerbank "Plug V plus"von tout terrain können Radler gleichzeitig vorwärtskommen und das Smartphone aufladen. Der integrierte Akku der Powerbank lädt ab 7 km/h. Das Intelligent Device Management erkennt automatisch Mobiltelefone/ GPS-Geräte und berechnet den entsprechenden Ladestrom.

Wer das Rad lieber ins Büro oder die Wohnung mitnehmen möchte, ist mit dem "Velosock" auf der sauberen Seite. Diese kreative Lösung für die Lagerung von Fahrrädern in Wohnräumen und für den einfachen Transport im Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln, hält die Umgebung sauber und schützt Böden vor schwarzen Reifenmarkierungen. Er passt auf 99 Prozent aller Räder, schützt das Fahrrad auch vor Rost und ist waschmaschinengeeignet.

Über die Eurobike in Friedrichshafen

Auf der Eurobike präsentiert die Fahrradbranche in diesem Jahr vom 30. August bis zum 2. September die neuesten Modelle für das kommende Jahr. An den ersten drei Tagen ist die Messe den Fachbesuchern vorbehalten. Am letzten Messetag (Samstag, 2. September) öffnet sich der Eurobike Festival Day auch dem fahrradinteressierten Publikum. Dann können Rad-Enthusiasten, Hobby-Biker oder Neueinsteiger die Fahrrad-Welt in allen Facetten kennenlernen und ausgiebig testen. Außerdem bieten verschiedene "Areas" jede Menge Unterhaltung rund ums Bike und 3.000 Testbikes können getestet werden. Aufgepasst: Die diesjährige Eurobike bietet letztmalig die Gelegenheit für einen Besuch. Ab dem kommenden Jahr wird die Leitmesse als reine Fachmesse abgehalten – ohne Endverbrauchertag.

Die Eurobike öffnet am Samstag um 9 Uhr. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Messe.