Um ein denkmalgeschütztes Fabrikdach bei der Margarete Steiff GmbH zu sanieren, investierte die Bauflaschnerei Smejkal in ein Dachsystem mit Rollnahtschweißung.
Daniela Lorenz
Kaum ein Markenzeichen ist so bekannt wie der Knopf im Ohr. Wer denkt da nicht sofort an die Teddybären von Steiff. Noch heute residiert die Traditionsfirma aus Giengen an der Brenz auf dem Gelände, von dem aus noch zu Lebzeiten von Margarete Steiff der Siegeszug der Plüschtiere begann. Der erste Bau aus dem Jahr 1903 ist eine Doppelglas-Stahlkonstruktion. "Jungfrauenaquarium" wurde dieser Bau im Volksmund genannt. Die für damalige Verhältnisse innovative Bauweise spendete den Näherinnen viel Tageslicht für ihre handwerkliche Arbeit.
Mit dem weltweiten Erfolg der Firma wuchs auch das Fabrikgelände. 1907 produziert Steiff 1,7 Millionen Spielartikel und über 970.000 Teddybären. Das Areal der historischen Fabrikhallen steht heute unter Denkmalschutz. Nach über einhundert Jahren müssen die Dächer nun saniert werden. Ein Fall für die Spezialisten der Bauflaschnerei Robert Smejkal aus Heidenheim. "Es ist toll, an einem so historischen Ort arbeiten zu dürfen", freut sich Christian Smejkal, der den Betrieb mit 30 Mitarbeitern zusammen mit seinem Vater Robert leitet.
Anforderungen des Denkmalschutzes
Das jetzt sanierte Fabrikdach stammt aus dem Jahr 1905. Bei ihm kamen zwei Herausforderungen zusammen. Zum einen verlangte der Denkmalschutz, "dass wieder mit Stehfalztechnik gedeckt wird, weil das früher auch so war", so Christian Smejkal. Doch ein Blechdach mit einer doppelten Stehfalz wäre lediglich regendicht. Zuwenig, zumal das Steiff-Dach nur eine Neigung von zwei Grad hat.
Je flacher das Dach, desto größer ist jedoch die Gefahr, dass Wasser in Falzhöhe steht und in das Gebäude eindringen kann. Gefragt war also eine Stehfalztechnik, die das Dach wasserdicht macht. Diese Anforderung erfüllt das Protectum Dachsystem, auf das die Heidenheimer beim Deutschen Klempnertag aufmerksam wurden. 60.000 Euro haben sie investiert – extra für diesen Auftrag. "Wenn man sich neue Märkte erschließen will, muss man investieren", sagt Christian Smejkal, der auch Betriebswirt des Handwerks ist.
Das Protectum Dachsystem kann Edelstahldächer auch bei sehr geringer Dachneigung bis zu null Grad wasserdicht verschweißen. "Das Dach ist damit so dicht wie eine Konservendose", sagt der Juniorchef. Für das Fabrikdach bei Steiff wurden sechs Tonnen Edelstahl in 1.4404-Qualität verarbeitet. "Das ist der Bentley unter den Dächern und quasi unkaputtbar", sagt Christian Smejkal.
Ferumira schweißt die Falz beidseitig zusammen
Herzstück des Protectum Dachsystems ist die Rollnahtschweißmaschine Ferumira, die an eine Nähmaschine erinnert. Sie wird an der Falz angesetzt, läuft selbstständig an ihr entlang und schweißt sie beidseitig zusammen. "Wir haben noch eine Detailmaschine, mit der man Anschlüsse und Ecken schweißen kann", sagt der 30-Jährige. Sie wird von Hand bedient.
Bis zu sieben Mitarbeiter waren zwei Wochen beschäftigt, allein die Blechbahnen in einer Länge von 30 m und 0,5 mm Dicke zuzuschneiden und zu profilieren, dann die 1.260 m2 Fabrikdachfläche zu verlegen und die Falzen schließlich zu verschweißen. Zuvor hatte eine Zimmerei das Dach aufgerippt, gedämmt und eine Holzverschalung angebracht. Unter dieser Holzverschalung befindet sich noch immer das denkmalgeschützte Originaldach.
Statische Berechung zwingend notwendig
Doch alles steht und fällt mit der Statik. Deshalb muss ein Architekt oder Statiker ganz am Anfang eines solchen Projektes eine statische Berechnung für den Unterbau erstellen. Sie ist die Grundlage, um überhaupt ein Flachdach sicher verlegen zu können. Darüber hinaus liefert Smejkal eine Windlastberechnung, die garantiert, dass das Dach sicher auf der Unterkonstruktion aufliegt und auch einem Sturm standhält. Desweiteren wird ausgerechnet und aufgezeichnet, in welchem Abstand die Haften auf der Unterkonstruktion verschraubt werden müssen.
Auch diesen Plan erhält der Kunde. "So können sie immer genau nachvollziehen, wo die Haften sitzen", sagt der Klempnermeister. Für das historische Dach der Margarete Steiff GmbH kamen die Experten zu dem Ergebnis, dass am Rand und im Eckbereich alle 75 cm und im Mittelbereich alle 120 cm eine Systemhafte angebracht werden muss. "Das ist wenig", sagt Christian Smejkal, der sich als Geschäftsführer um die Bauleitung und technische Ausführung kümmert. Normalerweise sei bei einem Stehfalzdach ein Haftenabstand von 25 cm üblich, doch durch die sichere Rollnahtschweißung des Protectum Dachsystems könne der Abstand größer gewählt werden – was Zeit beim Verlegen und Kosten bei den teuren Haften spart.
"Ein Edelstahldach liegt nicht wie ein Brett auf"
Die Haften verbinden den Unterbau mit dem Dach. Weil Blech sich ausdehnt, sind die Haften, um das auszugleichen, beweglich. Die gefalzten Längsseiten werden Bahn für Bahn gelegt. Die nun ineinandergelegten Falzen zusammengeschweißt. Blickt man auf das fertig sanierte Dach, kann man leichte Wellen erkennen. "Das lässt sich nicht vermeiden. Ein Edelstahldach liegt nicht wie ein Brett auf."
Außerdem müsse das Material ja auch einiges aushalten. Erst durch den Rollautomaten laufen, der bei dem platten Metall die Falz aufstellt, dann wird es beim Verschweißen "gequält". "Am Ende steht das Dach unter einer gewissen Grundspannung", sagt Christian Smejkal. Doch eines ist sicher: Die nächsten Generationen von Teddybären mit dem Knopf im Ohr werden ein sicheres Dach über dem Kopf haben.
Wie der Teddybär zu seinem Namen kam
Margarete Steiffs Neffe Richard entwickelte 1902 einen (noch namenlosen) Plüschbär mit beweglichen Gliedern. Zu seinem Namen kommt der Bär wenig später durch den 26. amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt (1858-1919). Dessen Spitzname lautete Teddy. Laut Firmenchronik passierte Folgendes: Theodore "Teddy" Roosevelt habe sich 1902 auf einem Jagdausflug geweigert, einen angebundenen Bären zu erschießen.
Dieses Ereignis wurde später in einer Karikatur mit Präsident und einem kleinen Bären dargestellt. Die Ähnlichkeit zu den Steiff-Bären war gegeben. Von diesen hatte ein amerikanischer Einkäufer 1903 auf der Leipziger Frühjahrsmesse 3.000 Stück geordert – der Durchbruch für das Unternehmen Steiff und der legendäre Teddybär war geboren.
Quelle: Margarete Steiff GmbH