Kapellmeister lernt Instrumentenbau Ein Geselle aus Südkorea für die Holzbläserwerkstatt

Dongkwan Kim stammt aus Südkorea. In seiner Heimat hat er Saxophon und Klarinette studiert und später als Kapellmeister in einer Militärkapelle gearbeitet. Weil es in Korea keinen Blasinstrumentenbau gibt, kam er nach Deutschland und startete seine Ausbildung in der Holzbläserwerkstatt von Markus Gräml.

Dongkwan Kim und sein Ausbilder Marus Gräml in der Holzbläserwerkstatt
Dongkwan Kim und sein Ausbilder Marus Gräml in der Holzbläserwerkstatt in Erlangen. - © HWK Mittelfranken

Musik verbindet. Über Landes- und Kontinentalgrenzen hinweg. Das zeigt nicht nur die Musikmesse, die vom 24. bis zum 26. März 2023 erstmals im Messezentrum Nürnberg stattfindet, sondern auch die Geschichte von Markus Gräml, Holzblasinstrumentenmacher aus Erlangen, und Dongkwan Kim, seinem (ehemaligen) Lehrling aus Südkorea. Montagmorgen in Erlangen: In der gemütlichen kleinen Holzbläserwerkstatt vom Markus Gräml geht es heute ruhig zu. Der Verkaufsraum in dem hübschen Ladenlokal mit hölzernen Fensterrahmen und knarzendem Parkettboden bleibt geschlossen – montags ist Reparaturtag. Deswegen sind alle drei Werkbänke in der Werkstatt besetzt: Klarinetten, Querflöten, Saxophone bekommen hier ihren Klang und ihren Glanz zurück.

Leidenschaft für Musik und Instrumente

"Wir dürfen hier unter anderem die wertvollen Instrumente von Profimusikern wieder herrichten", erzählt Chef Markus Gräml nicht ohne Stolz. Er, seine Frau Christiane Rehm und ihre drei Mitarbeiter stellen Instrumente nicht selbst her, aber sie verkaufen, beraten und reparieren mit großer Freude. Und machen alle selbst Musik. Die Leidenschaft sitzt hier mit an der Werkbank.

Dongkwan Kim setzt gerade ein neues Polster in die Klappe der Klarinette ein, welches das Tonloch anschließend wieder abdichten soll. Nur so kann sie schön klingen. Konzentriert beugt er sich über seinen Arbeitsplatz und erwärmt mit einer feinen Gasflamme die silberne Klappe. Die Temperatur der Klappe muss er dabei genau im Gefühl haben, damit er dann im richtigen Moment das Polster anpassen kann. Er ist der frisch ausgelernte Geselle von Markus Gräml und die beiden haben eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte von Mut, Durchhaltevermögen und der Lust am Handwerk über Grenzen und Meere hinweg.

Musikinstrumentenmacher als Berufswunsch

Der 39-jährige Dongkwan Kim stammt aus Südkorea und ist eigentlich Profimusiker: In seiner Heimat am anderen Ende der Welt hat er Saxophon und Klarinette studiert und später als Kapellmeister in einer Militärkapelle gearbeitet. "In Korea gibt es keinen Blasinstrumentenbau, nur für traditionelle koreanische Instrumente", erzählt er – übrigens in ziemlich gutem Deutsch. "Die klassischen Instrumente werden alle importiert und die Musiker reparieren ihre Instrumente selbst." Er aber wollte wissen, wie ein auf den Musiker zugeschnittenes Instrument entsteht, und beschloss, eine Ausbildung zum Holzblasinstrumentenmacher zu beginnen. Die es in Südkorea auch nicht gibt. Hieß also: Er musste raus in die Welt.

Dongkwan Kim als Kapellmeister mit seiner Mutter
In Südkorea arbeitete Dongkwan Kim als Kapellmeister. Als er beschloss, nach Deutschland zu gehen, war seine Familie – hier seine Mutter – überrascht. - © privat

"Viele Musiker in Korea haben mir damals Deutschland empfohlen und gesagt, dass der Musikinstrumentenbau in Deutschland weltweit sehr bekannt sei", erinnert er sich. Also fiel die Wahl auf dieses Land. Fremde Sprache, fremde Kultur und weit weg von zu Hause. "Meine Familie, Freunde und Kolleginnen und Kollegen waren ziemlich überrascht und erklärten mich für verrückt."

Koreanischer Pfarrer gibt Starthilfe

Doch Dongkwan Kim hielt an seinem Plan fest und machte sich mutig auf nach Europa. Erste Station war ein befreundeter koreanischer Pfarrer, der in Freiburg lebt. Das war vor fünf Jahren. Und der Freund gab Starthilfe. Es ging erstmal ein Jahr lang ans Deutschlernen und dann auf Ausbildungsplatzsuche. "Meine Frau ist vor mir als Dolmetscherin hierhergekommen und für ihre Aufträge war ein guter Ausgangspunkt in der Mitte Deutschlands wichtig." Da bot sich Nürnberg an.

Markus Gräml wusste von Dongkwan Kim bis dato nichts. "Er hat mir eines Tages einfach per E-Mail eine Bewerbung geschickt", erzählt der Chef. "Ich hatte allerdings noch nie ausgebildet." Doch weil ihn der Mut des jungen Mannes beeindruckte, lud er ihn im Oktober zum Praktikum in seine Werkstatt ein. Und wusste gleich: "Das ist unser Mann!"

Und dann ging alles Hals über Kopf, denn das Ausbildungsjahr hatte im September bereits begonnen. "Und ich musste auch noch meinen Ausbilderschein machen", erinnert sich Markus Gräml. Mit der Hilfe von Cordula Fischer-Petrich, Ausbildungsberaterin bei der Handwerkskammer für Mittelfranken, klappte das aber schnell und unkompliziert und das Abenteuer begann.

Erfolgreiche Gesellenprüfung

Zur Berufsschule ging es für Dongkwan Kim nach Mittenwald. "Und da war die Sprache ein Problem. Die oberbayerischen Lehrer tun sich manchmal schwer, hochdeutsch zu sprechen", erinnert sich Gräml und lacht. Doch der Ausbilder hat guten Kontakt dorthin, weil er einst selbst dort Unterricht hatte. Und Kim wusste sich zu helfen. Er bat einfach vorher um die Unterrichtsmaterialien und bereitete sich fleißig vor (und nach). So schaffte er trotz Sprachbarriere im Juli 2021 seine Gesellenprüfung mit Bravour. "In der Theorie war ich zwar nicht so gut, aber in der Praxis habe ich die Note 1,8 bekommen", erzählt er stolz. Dass die Chemie zwischen dem erfahrenen und dem jungen Holzblasinstrumentenmacher bestens passt, merkt man gleich. Deswegen hat Markus Gräml Dongkwan Kim nach der Ausbildung übernommen. Der ist glücklich in der Werkstatt und möchte irgendwann seinen Meister machen. Er und seine Frau Yoori Kim sind auch sonst gerne in Deutschland. Nur das koreanische Essen vermissen sie. "Aber Dongkwan kocht sehr gut", erzählt sie mit einem Lächeln.

Ende März werden die beiden mit ihrer Werkstattfamilie um Markus Gräml wohl auf die neue Musik-Messe Nürnberg gehen. Wahrscheinlich nicht als Aussteller, aber zumindest als Besucher. Denn hier zeigen kleine Handwerksunternehmen, mittelständische Industriebetriebe, Zulieferer von Materialien und Werkzeugen, Hersteller von Zubehör, Notenverlage und Großhändler ihre Angebote. Die Bandbreite interessiert auch die Erlanger Holzbläser – und bestimmt wartet dort die eine oder andere gute Idee auf die mutigen Handwerker.