Peter Bachmaiers Leidenschaft ist das Bauen von E-Gitarren – mit einem auffallend anderen Design. Um sein Hobby zum Beruf zu machen, gab er sogar seinen gut bezahlten Job bei BMW auf.
Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass die E-Gitarren von Peter Bachmaier besonders aussehen. Selbst Menschen, die nicht Gitarre spielen, erkennen, dass sie ein außergewöhnliches Design vor sich haben. Sie unterscheiden sich durch ihre ungewöhnlichen Formen, Farben und Verzierungen. "Ich wollte weg vom Mainstream und den Kunden Alternativen anbieten. Ich will eine Nische bedienen und es gibt immer wieder begeisterte Kunden, die genau so etwas gesucht haben", erzählt der Gitarrenbauer.
Gitarren begleiten ihn seit seiner Jugend
Peter Bachmaier kam bereits sehr früh zum Gitarrenbau. Mit 14 Jahren fing er an, Gitarre zu spielen. Bald darauf kaufte er sich seine erste E-Gitarre. Da diese viele Macken hatte, musste er sie erstmal spielbar bekommen. "Da wurde ich gleich ins kalte Wasser geschmissen", erinnert er sich. "Geld war in der Jugend knapp, also habe ich alles selbst repariert." Mit 16 Jahren begann er dann, Musikgeräte wie Verstärker, Boxen und Synthesizer zu bauen und Gitarren zu reparieren: "Inzwischen sind über 100 Gitarren durch meine Hände gegangen und wieder liebevoll von mir restauriert und repariert worden."
"Holz war eigentlich schon immer ein Thema bei mir", sagt Peter Bachmaier mit Blick in seine Vergangenheit. Beim Bau seines Hauses machte er vieles selbst. Er stellte die Fensterbretter her, wachste die Türen und verlegte den Holzdielenboden. Auch viele Möbel baute er eigenständig. Dabei holte er sich Ratschläge und Tipps von befreundeten Schreinern. "Meine 'Schreiner-Ausbildung' hat sozusagen 30 Jahre gedauert", erzählt Bachmaier lachend. "Wobei ich mir natürlich nur das angeeignet habe, was ich brauche." So brachte er sich über die Jahre hinweg alles, was er zum Gitarrenbauen können muss, selbst bei.
Auch ohne Ausbildung genügend qualifiziert
Eine Ausbildung zum Gitarrenbauer absolvierte Peter Bachmaier deswegen nie. Er studierte Elektrotechnik an der TU in München, Betriebswirtschaft an der Fernuni Hagen und arbeitete 30 Jahre lang bei BMW als Autoentwickler. Den Bau von Musikgeräten sowie die Gitarrenreparatur betrieb er nebenher. Seit 2008 entwickelt und baut er eigene E-Gitarren. Zu Beginn nur als Hobby, bis er 2018 ein selbstständiges Gewerbe anmeldete und 2020 bei BMW kündigte, um in Vollzeit E-Gitarren zu bauen. Auch ohne Ausbildung ordnet die Handwerkskammer ihn nun als Zupfinstrumentenmacher ein. Da es für Gitarrenbauer keine Meisterpflicht gibt, kann er sein Geschäft "PB Gitarrenbau" ohne Meistertitel führen.
Die Entscheidung, bei BMW aufzuhören und sich ganz auf seine Gitarren zu konzentrieren, fiel Peter Bachmaier nicht leicht: "Ich habe mir fünf Jahre lang Gedanken gemacht. Die Arbeit bei BMW hat mir immer Spaß gemacht, weswegen es mir schwergefallen ist, mich davon zu trennen." Zusammen mit seinem Hobby wurde die Zeit aber häufig knapp, was ihm die Freude an beiden Dingen langsam nahm: "Ich habe jahrelang Wochen meines Urlaubs, Wochenenden und Abende in den Gitarrenbau gesteckt. Irgendwann hab ich mir dann gesagt, dass 30 Jahre Autos entwickeln genug sind." Auch in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klima dachte er viel über sein Leben nach. Mit dem Schritt sich vollständig dem Gitarrenbau zu widmen, von zu Hause aus zu arbeiten und weniger Geld zu verdienen sowie auszugeben, konnte er sein Leben in diesem Sinne stark verändern. Daher stammt auch der Ansatz keine Kunststoffe, Tropenhölzer oder Lacke zu verwenden.
Die ersten Schritte der Selbstständigkeit
Der Beginn der Selbstständigkeit war nicht einfach. Im ersten Jahr nach seiner Kündigung richtete Peter Bachmaier vor allem seine Werkstatt weiter ein: "Es war natürlich schon viel vorhanden, aber ich musste Vorrichtungen bauen für die Gitarren und habe alles vorbereitet, damit ich Gitarren auf Kundenniveau bauen kann." Die ersten fertigen Instrumente, die in seinem Ausstellungsraum zu bewundern sind, sind laut seiner Aussage nur Prototypen. Die klingen zwar gut, haben aber noch die eine oder andere Kante, weswegen er sie nicht an Kunden verkaufen will. Im zweiten Jahr baute er dann acht Kundengitarren und ist derzeit vor allem viel mit dem Vermarkten, und der Kundenakquirierung beschäftigt. Das letzte halbe Jahr hat er zudem viel an der Entwicklung seines neuen Modells, der "SAGITTARIUS", gearbeitet. An diesem Design arbeitete er schon seit 2008 und wird es voraussichtlich dieses Jahr vorstellen können.
Im kommenden Jahr hofft er nun auf einen guten Ertrag. "2023 muss sich mein Unternehmen nun auch tragen. Bisher war es ein Draufzahl-Geschäft", erzählt er. Glücklicherweise füllt sich das Auftragsbuch langsam. Die Gitarrenreparatur bringt als zweites Standbein ebenfalls noch Geld rein. Bei einem Arbeitsaufwand von 100 bis 150 Stunden pro Gitarre kann Peter Bachmaier etwa acht bis zehn Gitarren pro Jahr fertigen. Die restliche Zeit fließt in Marketing, Bürotätigkeiten und die Entwicklung neuer Modelle und Ideen.
Besondere Modelle
Sein erstes fertiges Modell war die "LEO". Sie erinnert von der Form her an eine klassische Gitarre, hebt sich aber durch ihre Lautenform ab. Dadurch sieht sie ein bisschen wie der Kopf eines Löwen aus. Je nach Ausstattung, fängt der Preis bei 3700 Euro an. Sein zweites Modell, die "ORION", startet bei 4900 Euro. Das Besondere an diesem Modell sind unter anderem die verschiebbaren Tonabnehmer. Dadurch lässt sich der Klang der E-Gitarre beliebig ändern. Zusätzlich dazu besitzt sie ein sehr langes Sustain (langes Ausklingen der Töne). Dadurch bietet das "ORION"-Modell eine interessante Alternative zu E-Gitarren herkömmlicher Bauart.
Den Gedanken von verschiebbaren Tonabnehmern gibt es bereits seit den 1960er-Jahren. Bei vielen E-Gitarren wurde dies umgesetzt, indem in der Mitte der Gitarre großzügig Holz herausgefräst wurde, um einen verschiebbaren Mechanismus einzubauen. Diese Gitarren waren aber nie wirklich erfolgreich, weil sie durch das fehlende Holz nicht gut aussahen. "Mein Gedanke war, dass wenn in der Mitte so viel Holz raus muss, ich es dort einfach komplett weglasse", erzählt Bachmaier. Bei der "ORION" besteht die Mitte deswegen aus einer farbig eloxierten Aluminium-Platte, in der der Schiebemechanismus integriert ist. Die Form einer Gitarre geben die beiden Korpusflügel aus Holz, die ergonomisch, dreidimensional gestaltet sind.
Unschlagbar leichte Gitarren
Zusätzlich dazu ist die "ORION" sehr leicht. Klassische E-Gitarren wiegen durchschnittlich 3,5 Kilogramm. Manche haben aber auch ein Gewicht von 5,5 Kilogramm, weil günstigeres, aber dafür schwereres Holz verwendet wurde. Die "ORION" bringt durch ihr neuartiges Konzept nur ungefähr 3 Kilogramm auf die Waage. "Durch die verschiedenen Hölzer, die ich für die Gitarren verwende, schwankt das Gewicht ein wenig. Mein Model mit Kirschbaumholz wiegt 2,8 Kilogramm, während das mit Olivenholz 3,2 Kilogramm schwer ist. Trotzdem liegen alle meine "ORION"-Modelle im unteren Gewichtsbereich", erklärt der Gitarrenbauer.
Kunden müssen geduldig sein
Jede Gitarre wird mit dem Kunden bis ins Detail spezifiziert und individuell für ihn gebaut. Bis ein Kunde seine E-Gitarre in Händen halten kann, vergehen bis zu neun Monate. "Jedes Holz hat seine Eigenarten und ist unterschiedlich schwer zu bearbeiten", führt Bachmaier aus. Außerdem lässt er die gefrästen Holzteile zwischen den Arbeitsgängen immer wieder drei bis vier Wochen liegen, damit das Holz zur Ruhe kommt. Das liegt unter anderem daran, dass sich Holz durch das Bearbeiten, also durch das Wegfräsen und -schnitzen von Material, mehr oder weniger verzieht. Um dies so gut es geht zu verhindern, verwendet Peter Bachmaier ausschließlich ausgewähltes Holz, bei dem die Maserung absolut gerade durchgeht. "Das reduziert schon mal die Neigung des Holzes, sich bei Wegnahme von Material zu verziehen", erläutert er. Wenn sich das Holz nach den drei bis vier Wochen wiedererwarten doch verzogen hat, landet es im Kachelofen. "Gitarren sind darauf angewiesen, dass die Saitenlage immer passt."
Peter Bachmaier setzt auf Qualität und Nachhaltigkeit
Das meiste Holz, das Peter Bachmaier für seine Gitarren verwendet, sammelte er in den vergangenen 20 Jahren selbst. Das heißt, er suchte die Bäume aus und ließ sie in Bretter schneiden. Diese trockneten mindestens zehn Jahre an der Luft, bevor er sie verwendet. Fertig getrocknetes Holz hat er mittlerweile einiges auf Lager. Wenn er mal Holz benötigt, was er nicht auf Lager hat, kauft er es bei Händlern, die es bereits luftgetrocknet anbieten. Zur Oberflächenbehandlung dieser einheimischen Hölzer verwendet er Öle. Außerdem experimentiert er gerade mit Schellack, einem Naturmaterial, das eine glänzende Oberfläche erzeugt und auch im klassischen Geigenbau verwendet wird. Dann nutzt er Metalle in allen Varianten. Dazu gehören Messing, Aluminium für das Mittelteil der "ORION", Titan für den Halsstab und Edelstahl für die Bünde. Für Intarsien verwendet er unter anderem verschiedenfarbiges Perlmutt, Abalone (Muschelart) und Bernstein.
Eine vielseitige Arbeit
Was Peter Bachmaier an seinem Handwerk so begeistert, ist die Vielseitigkeit. "Ich wollte die eingetretenen Pfade des klassischen Gitarrenbaus immer verlassen. Und da muss ich mehr können als nur die Standard-Techniken", erzählt er. Zu allererst muss das Design der Gitarren entwickelt werden: „Da habe ich mir viel am Designprozess in der Automobilindustrie abgeschaut“. Er muss Metalle fräsen und drehen. Außerdem programmiert er die Elektronik des neuen Modells "SAGITTARIUS" bei dem verschiedene Signale über einen Mikroprozessor umgewandelt werden, bevor sie diverse Effektgeräte ansteuern. Dann bearbeitet er natürlich Holz, programmiert seine CNC-Fräse und konstruiert vorher dafür die Formen über ein CAD-Programm. "Ich schnitze und schleife vieles an meinen Gitarren per Hand, nur für die Feinheiten oder für das grobe Runternehmen von Holz nutze ich meine CNC-Fräse", erläutert er. Daneben kümmert er sich um seine eigene Homepage www.pb-guitars.com, betreibt Marketing über die sozialen Medien und macht seine Buchhaltung selbst. Für Produktfotos und -videos ist er zudem fotografisch tätig. Nicht nur das Gitarrenbauen ist also vielfältig, sondern auch die Selbstständigkeit an sich, mit der Peter Bachmaier seine Leidenschaft zum Beruf machte.