Kommentar von DHZ-Chefredakteur Steffen Range Die Ampel-Koalition könnte erfolgreich werden

SPD, Grüne und FDP legen ein überraschend pragmatisches Sondierungspapier vor. Fürs Handwerk haben die möglichen Koalitionspartner gute Nachrichten – aber auch unangenehme Pläne. 

Die Sondierer von SPD, Grünen und FDP empfehlen ihren Parteien, Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer Ampel-Regierung aufzunehmen. - © golovianko - stock.adobe.com

Die Chancen stehen gut, dass dem Handwerk eine Bundesregierung des Schreckens erspart bleibt. Die mögliche Regierung eines Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), eingerahmt durch überraschend pragmatische Grüne und erwartbar realistische Liberale, nimmt Konturen an.  

So viel lässt sich aus dem Sonderungspapier herauslesen: Die Ampel-Koalition hat sich sinnvolle Reformen vorgenommen – und setzt richtige Schwerpunkte. Das jetzt vorgelegte Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP enthält viele Punkte, die für das Handwerk große Veränderung bringen dürften. 

Verzicht auf Steuererhöhungen 

Zunächst die gute Nachricht: Vieles deutet darauf hin, dass die Steuern tatsächlich nicht erhöht werden. Laut Sondierungspapier droht keine Gefahr, dass die Regierung unverhältnismäßig zulangt. Von einer Vermögensteuer ist keine Rede. Das wäre bei einem Linksbündnis anders gewesen. Auch die Ausgaben scheinen nicht ins Unermessliche zu steigen, sollten die Vorhaben aus dem Sondierungspapier tatsächlich Realität werden. 

Die private Krankenversicherung (PKV) bleibt wohl erhalten, damit ist die Bürgerversicherung vom Tisch. Die private Vorsorge wird ausdrücklich anerkannt, Riester bekommt Bestandsschutz. Größere Änderungen stehen in der gesetzlichen Rentenversicherung bevor. Gleichzeitig wird allerdings auch die private Vorsorge gestärkt. Ausdrücklich werden in dem Koalitionspapier die Solo-Selbstständigen genannt, deren Absicherung verbessert werden soll. Das ist auch wichtig fürs Handwerk, denn viele dieser Einzelunternehmer arbeiten in handwerklichen Berufen. 

EGG-Umlage soll fallen 

Eine gute Nachricht steht im Energiekapitel des Sondierungspapiers: Die EEG-Umlage soll so schnell wie möglich abgeschafft werden. Seit Jahren beklagt das Handwerk Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten kleiner Betriebe. Ein Wegfall dieser Umlage dürfte energieintensive Kleinbetriebe entlasten. 

Sicherlich ist auch die eine oder andere Kröte zu schlucken. Im Sondierungspapier ist von einem Mindestlohn von zwölf Euro die Rede. Das dürfte nicht jedem Unternehmer gefallen, den Arbeitnehmervertretern im Handwerk wohl aber schon. Zumindest soll die Grenze für Minijobs von 450 auf 520 Euro erhöht werden, so dass auch mit dem neuen Mindestlohn eine Arbeitszeit von zehn Wochenstunden möglich bleiben würde.  

Aus für den Verbrenner 

Das Aus für den Verbrennungsmotor 2035 scheint besiegelt. Ein zweischneidiges Schwert ist sicherlich die Solarpflicht bei Gewerbebauten. Genau wird das Handwerk beobachten, was mit den "Superabschreibungen" auf Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung gemeint ist. 

Wichtig ist zudem, was in dem Papier nicht auftaucht: Weder ist von einem Mietenstopp die Rede noch von Tempolimit 130; offenbar bleibt der Soli erhalten und die Schuldenbremse ebenfalls. 

Einen wertvollen Dienst würde die neue Bundesregierung dem Land erweisen, wenn sie ihre guten Vorsätze zur Digitalisierung und zum Bürokratieabbau in die Tat umsetzen würde. Allein, alle Regierungsbündnisse der vergangenen anderthalb Jahrzehnte hatten einen Ausbau des schnellen Internet, eine Digitalisierung der Verwaltung und eine Verringerung bürokratischer Bestimmungen versprochen. Erfreulich aus Sicht des Handwerks ist es allemal, dass SPD, Grüne und FDP ausdrücklich betonen, die Daseinsvorsorge des ländlichen Raums zu verbessern. Davon würden viele Handwerker in kleinen Orten und dünn besiedelten Landstrichen profitieren. 

Jetzt heißt es tatsächlich – abwarten und genau hinschauen. In den nun wahrscheinlichen Koalitionsverhandlungen der kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Ampel aus Rot, Grün und Gelb sich zu Recht als "Reform- und Fortschrittskoalition“ bezeichnet, die die Weichen für ein Jahrzehnt der sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen, digitalen und gesellschaftlichen Erneuerung stellen will. Das Fundament ist gelegt. 

>>> Das Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP zum Nachlesen