Das Start-up-Unternehmen FrameLapp will mit seinen Brillengestellen aus dem 3D-Drucker die Augenoptikerbranche revolutionieren. Seit April sind sie auf dem Markt.
Mirabell Schmidt

Am Anfang stand die Idee, Brillenträgern Maßanfertigungen zu erschwinglichen Preisen bieten zu können. Das war Anfang 2013. Seit April 2014 sind die Brillen aus dem 3D-Drucker von Augenoptikermeister Hendrik Wieburg nun auf den Markt.
Dazwischen lag mehr als ein Jahr harte Arbeit. Dass die Technologie der Wahl der 3D-Druck sein sollte, stand relativ schnell fest. "Wir fanden es gut, dass man dabei das Handwerk mit Neuem verbinden und so Fortschritt in die Branche einbringen kann", sagt Wieburg. Doch der Rest war nicht so einfach. Wieburg hat im Laufe der Zeit viele Ideen entwickelt und wieder verworfen, Materialien zur Bearbeitung getestet, von Sägespänen bis Sand, bis schließlich das Produkt entstanden ist, das er sich vorstellte.
Wieburg kann direkt auf Anregungen von Kunden reagieren
Wichtig war es ihm und seiner Geschäftspartnerin und Lebensgefährtin, Carolin Rudolph, jedoch, alles selbst zu entwickeln und auszutesten. "So können wir direkt auf Anregungen von Kunden und Vertriebspartnern reagieren", sagt Rudolph, die sich um das Marketing kümmert.
Aus Polyamid bestehen seine Gestelle nun. Das Kunststoffgranulat wird im Drucker Schicht für Schicht zusammengeschmolzen. Dann muss es auskühlen. "Mit Glattschleifen und Montage vergehen pro Brille etwa zwölf Stunden", erläutert Wieburg. Länger als anfangs gedacht.
Der schwierige Weg vom Papier-Entwurf in den PC
Die größte Schwierigkeit trat jedoch schon zu Beginn des Entwicklungsprozesses auf: "Den Entwurf auf dem Papier wie gewünscht als Entwurf in den PC zu bringen und dass dann die Brille auch noch so aus dem Drucker kommt, wie man sich das vorgestellt hat, war unglaublich schwierig", erzählt Wieburg kopfschüttelnd. Und als das geschafft war, tauchte schon das nächste Problem auf.
Die Gestelle brauchten noch eine Farbe, denn das Grundmaterial ist weiß. Die herkömmlichen Färbetechniken stellten den Perfektionist nicht zufrieden. Daher hat der Augenoptiker ein komplett eigenes Verfahren entwickelt, das resistent gegen alle Lösungsmittel ist. Eine Art Tauchbad, das mit Hitze und Chemie funktioniert, ähnlich wie bei Textilien. Genauer möchte Wieburg das allerdings nicht erklären, denn es ist noch "topsecret", wie er sagt. "Nur soviel: Ein Gerät, das es so noch nicht gibt", meint Wieburg grinsend. Zwei Patente hat er für die Färbung seiner neuen Brillen angemeldet und rechnet sich dafür sehr gute Chancen aus.
Die Umsetzung seiner Idee hat natürlich gekostet. Zeit und Geld. Wieburg führt noch ein Optiker-Geschäft in Taunusstein, das gut läuft. "Sonst hätten wir das auch nicht machen können", sagt er. Das bedeutet aber auch, dass er über Monate fast jeden Tag nach der normalen Arbeit an seiner Vision gefeilt hat.
Nach einem Tag im Laden fuhr er nach Hause, um mit seinen zwei kleinen Kindern und seiner Freundin zu Abend zu essen. "Dann ging es für uns weiter", sagt seine Lebensgefährtin. Das war über ein Jahr der normale Tagesablauf. "Gestern war ich wieder erst um zwei Uhr nachts zu Hause", erzählt Wieburg. "Wenn ich mich in etwas hineinbeiße, kann ich nicht aufhören, bis es funktioniert." Vor allem Rudolph ist daher froh, dass die Brillenkollektion seit dem 1. April auf dem Markt ist und wieder etwas Ruhe einkehrt.
"Die 3D-Technik ist die Zukunftstechnologie in der Branche"
Doch der Aufwand habe sich gelohnt. "Die 3D-Technik ist die Zukunftstechnologie in der Augenoptikerbranche", ist sich Wieburg sicher. Denn neben der Maßanfertigung bringe der 3D-Druck auch einen ökologischen Vorteil. Es entsteht kein Abfall, denn die Brille wird in Form gedruckt – genau nach den Maßen des Kunden, die der Augenoptiker weitergegeben hat.

Der 3D-Druck ist für den Meister zudem ein Weg zurück zum handwerklichen Arbeiten. "Augenoptiker müssen bei der Abschlussprüfung nur noch Verkaufsgespräche führen", erzählt Wieburg. Eine Entwicklung, die er mit Sorge betrachtet. Den in der Optikerbranche immer populäreren Online-Vertrieb schloss er daher für sein Start-up-Unternehmen aus. Die medizinische Qualität als Sehhilfe könne beim Online-Kauf einfach nicht gewährleistet werden. "Eine Brille muss vom Augenoptiker angepasst werden", meint Wieburg. "Eine Prothese kaufe ich ja auch nicht im Netz."
Dass seine Brillen aus dem Drucker ein Erfolg werden, davon ist der Unternehmer überzeugt: "Der Trend geht zu Individualisierung, der Markt ist da." Außerdem gebe es für viele Gesichter einfach keine passgenauen Brillen. Das will der Augenoptiker mit seinen Gestellen nun ändern.