Kabinettsbeschluss Das sieht das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz vor

Das Bundeskabinett hat das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Künftig soll die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte über drei Wege möglich sein. Gleichzeitig wurde ein Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung auf den Weg gebracht. Der Handwerksverband begrüßt das.

Bauarbeiter bauen Sohlplatte auf.
Die Regierung hofft, dass mithilfe des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes jährlich 50.000 ausländische Arbeitskräfte aus Drittstaaten zusätzlich nach Deutschland kommen. - © pitb_1 - stock.adobe.com

Angesichts des wachsenden Fachkräftebedarfs und vieler offener Stellen begrüßt das Handwerk den Kabinettsbeschluss zur Fachkräfteeinwanderung. "Wenn Wachstum angeregt und Transformation gelingen soll, dann ist eine gesteuerte und mittelstandsorientierte Zuwanderung qualifizierter Arbeits- und  Fachkräfte ein wichtiger Baustein für die Fachkräftesicherung", sagte ZDH-Präsident Jörg Dittrich. Allein im Handwerk gebe es derzeit rund 250.000 offene Stellen. Parallel zur erleichterten Erwerbsmigration müsse auch das gesamte inländische Potential in der Fachkräftesicherung gehoben werden, betonte er.

Regierung zieht alle Register der Fachkräftesicherung

Das Bundeskabinett hatte kurz zuvor zwei Gesetzesentwürfe zur Fachkräftesicherung beschlossen. "Wir werden alle inländischen Register ziehen, um Fachkräftesicherung zu betreiben", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Dies betreffe die Aus- und Weiterbildung, die Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit sowie die Beschäftigung Älterer durch Gesundheitsschutz und Qualifzierung. All dies werde aber nicht reichen, um den jährlichen Fachkräftebedarf zu decken. Deutschland brauche ergänzend eine qualifizierte Einwanderung. Das Kabinett habe deshalb auch den Entwurf eines modernen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen.

Faeser: "Nur so können wir Wohlstand in Deutschland sichern"

Wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, gehe es um gezielte Zuwanderung. "Wer mit dem Mittelstand und dem Handwerk spricht, der weiß, dass wir nur so den Wohlstand in unserem Land sichern können", betonte sie. Die Regierung wolle, dass Fachkräfte schnell nach Deutschland kommen und durchstarten könnten. "Mit unserem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz machen wir Deutschland attraktiver für die klugen Köpfe der Welt", sagte Faeser. Auch solle weltweit für das Einwanderungsland Deutschland geworben werden.

Zusätzliche Arbeitskräfte auch vom Westbalkan

Insgesamt hofft die Regierung, dass so jährlich 50.000 ausländische Arbeitskräfte aus Drittstaaten zusätzlich nach Deutschland kommen. Daneben soll die Westbalkan-Regelung entfristet und das Kontingent von 25.000 auf 50.000 pro Jahr erhöht werden. Bereits Ende 2022 hatte die Ampel die Eckpunkte des neuen Gesetzes vorgelegt. Dabei machte sie deutlich, dass die Einwanderung künftig über drei Wege möglich sein soll: Als Fachkraft, als Arbeitskraft mit Berufserfahrung und als Arbeitsplatzsuchender mit Chancenkarte.

Mehr Chancen mit qualifiziertem Berufsabschluss

So soll der erste Weg über die Qualifikation erfolgen. "Auch in Zukunft wird ein Abschluss, der in Deutschland anerkannt ist, der wichtigste Weg nach Deutschland bleiben", sagte Faeser. Schon heute eröffne die "Blaue Karte EU" die Einwanderung für Akademiker aus Drittstaaten. Diese Möglichkeit solle künftig auch für Meister genutzt werden können. Außerdem sollen hier die Gehaltsschwellen abgesenkt werden. Anders als bisher sollten diese Fachkräfte künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben dürfen.

Mehr Erleichterungen für Berufserfahrene

Wie die Ministerin weiter mitteilte, soll auch die Einwanderung von Fachkräften mit Berufserfahrung erleichtert werden. Wer im Ausland eine zweijährige Berufsausbildung absolviert und zwei Jahre Erfahrung im Beruf gesammelt hat, soll in Deutschland arbeiten können. Und weiter heißt es: Eine Anerkennung der Berufsabschlüsse vorab ist nicht mehr nötig. "Diese Veränderung wird weniger Bürokratie und damit kürzere Verfahren bedeuten", sagte Faeser. Voraussetzung sei aber ein Arbeitsvertrag. Darüber hinaus müssten bestimmte Gehaltsschwellen eingehalten werden oder eine Tarifbindung vorliegen. Und wer seinen Berufsabschluss in Deutschland anerkennen lassen wolle, könne dies künftig erst nach der Einreise tun. Dafür müssten sich Fachkräfte und Arbeitgeber zu einer "Anerkennungspartnerschaft" verpflichten, teilten die Ministerien mit.

Neu: Chancenkarte zur Arbeitssuche

Daneben soll all denen, die Potenzial für den Arbeitsmarkt in Deutschland mitbringen, aber noch keinen konkreten Arbeitsvertrag haben, ein dritter Weg über eine "Chancenkarte" offen stehen. Dabei soll diese nach Faesers Worten auf einem Punktesystem beruhen. Zu den Auswahlkriterien können Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter gehören. Wer aus einem Drittstaat kommt, solle so einen Aufenthaltstitel für bis zu einem Jahr zur Arbeitssuche, für Probearbeitszeiten und für eine Nebenbeschäftigung neben der Arbeitssuche erhalten.

Fachkräftesicherung über mehr Aus- und Weiterbildung

Daneben hat das Bundeskabinett ein neues Gesetz zur Aus- und Weiterbildung auf den Weg gebracht. "Ziel dieses Gesetzes ist es vor allen Dingen, die berufliche Bildung zu stärken", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). So soll die Berufsorientierung gestärkt werden und früher beginnen. Dieses Land brauche nicht nur Master, sondern auch Meister, betonte Heil. Daneben sehe das Gesetz eine Ausbildungsgarantie vor. So soll es ab 1. April 2024 für alle einen Anspruch auf einen außenbetrieblichen Ausbildungsplatz geben, wenn sie nicht anderweitig einen Ausbildungsplatz in ihrer Region finden. Dies bleibe aber das letzte Mittel. Auch solle es jungen Menschen über eine Mobilitätsprämie erleichtert werden, einen etwas entfernteren Ausbildungsplatz anzunehmen. Daneben sollen junge Menschen durch ein Praktikum zur Berufsorientierung gefördert werden.

Ausbildungsumlage kommt nicht

Das Handwerk begrüßt, dass "die Bundesregierung von der Einführung einer branchenübergreifenden Ausbildungsumlage ausdrücklich Abstand genommen hat", wie Handwerkspräsident Dittrich sagte. "Der ganzheitliche Ansatz für die Ausgestaltung der Ausbildungsgarantie weist in die richtige Richtung", betonte er. Vor allem eine offenere und breitere Berufsorientierung und neue flexibilisierte Förderinstrumente zum Übergang in die betriebliche Ausbildung könnten Handwerksbetriebe unterstützen, ihr hohes Ausbildungsengagement zu halten. Wenn rund 20.000 Ausbildungsplätze im Handwerk im aktuellen Ausbildungsjahr nicht besetzt werden konnten, habe es in erster Linie an fehlenden Bewerberinnen und Bewerbern gelegen.

Kritik vom Handwerk an außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen

Dittrich übte aber auch deutliche Kritik am vorgelegten Gesetzesentwurf: "Der geplante Ausbau außerbetrieblicher Ausbildungsplätze setzt dagegen an der falschen Stelle an und droht, insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks vom Ausbildungsmarkt zu verdrängen", warnte er. Wichtig sei jetzt, zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze nur in Regionen mit einer Unterversorgung an betrieblichen Ausbildungsstellen anzubieten.