Von der Bohne bis zur Tafel Bean-To-Bar-Schokolade: Über eine besondere Gaumenfreude

Für Corinna Camacho Angeles ist Schokolade eine unterschätzte Delikatesse. In ihrer Manufaktur in Beilngries hat sie sich dem "Bean-to-bar"-Prinzip verschrieben und verwendet nur biologische Zutaten. Zudem legt sie großen Wert auf nachhaltige Lieferketten. Die Mitarbeiter auf der Plantage ihrer Kakaobohnen kennt sie persönlich.

Nur Zutaten aus biologischer Herstellung dürfen in die zertifizierte Schokolade der Konditormeisterin. - © Dos Estaciones

Beim Betreten des kleinen Ladens steigt ein herb-süßlicher Duft in die Nase. Inhaberin Corinna Camacho Angeles zeigt den Weg vorbei an denen von ihrem Bruder – einem Schreinermeister – gefertigten Holzmöbeln und denen von ihrer Mutter – einer Drechslermeisterin – gestalteten Dekorationen im Verkaufsbereich.

Herstellung der Schokolade dauert 3 Tage

Dahinter liegt das Herzstück von "Dos Estaciones" – die Küche. Hinter der Glasscheibe eines Backofens sind geröstete Kakaobohnen auf einem Blech zu erkennen. Der Blick wandert an ein paar Säcken mit Nüssen und Mandeln vorbei, hin zu einer Steinwalze. Durch Druck und die erhitzten Steine tritt die in den Bohnen vorhandene Kakaobutter aus.

Dabei wird die Masse mit Zucker versetzt und die Kristalle werden feingeschliffen, so dass diese später nicht mehr auf der Zunge zu spüren sind. Erst nach mehreren Tagen entsteht die perfekte Konsistenz für zartschmelzende Schokolade. Anschließend wird die Masse erwärmt, abgekühlt und wieder erwärmt.

"Die Kakaobutter muss sich wie Lego-Steine zusammenfügen", erklärt die Konditormeisterin. Schließlich fließt die Schokolade in kleine rechteckige Formen hinab. Die Tafeln werden langsam erkennbar. Sobald sie erstarrt sind, umhüllt Corinna Camacho Angeles jede Tafel mit einer Folie aus Maisstärke. Jetzt fehlt nur noch der aufwendig gestaltete Karton für den Verkauf.

Bean-to-bar: Trend in Deutschland noch in der Nische

"Bean-to-bar", von der Bohne bis zur Tafel, heißt der handwerkliche Prozess, der alle Arbeitsschritte der Schokoladenherstellung in einer Hand vereint, vom direkten Einkauf auf der Kakaoplantage über die Produktion bis zum Verkauf. Die Schokoladenmanufaktur der Konditormeisterin ist eine von wenigen in Deutschland, die sich diesem Prinzip verschrieben hat, das etwa in England ähnlich beliebt ist, wie der Kaffee von kleinen Röstereien. Zudem ist "Dos Estaciones" biozertifiziert. Alle verwendeten Zutaten stammen aus biologischer Herstellung.

Die aufwändigen Arbeitsschritte benötigen mehrere Tage, bis aus der ­Kakaobohne die fertige Schokolade wird.

Auf die Geschäftsidee kam sie auf einer ihrer vielen beruflichen und privaten Reisen rund um die Welt. Nach der Ausbildung war die Konditorin unter anderem in den Patisserien des renommierten Hotel Sacher in Wien und einem Luxushotel in der Schweiz tätig. Doch richtig angekommen fühlte sie sich dort nicht. In einem Betrieb in Australien lernte sie Bean-to-bar erstmals kennen und wusste sofort, dass sie der Kakaobohne ihre Arbeit widmen will. Um mehr über den Anbau zu erfahren und mit Produzenten in Kontakt zu kommen, reiste sie mit ihrem Mann quer durch Südamerika und arbeitete auf Plantagen mit. In Peru fand sie schließlich den passenden Partner für ihr Projekt, eine familiär geführte Plantage, mit der sie bis heute freundschaftlich verbunden ist.

Schokolade als Luxusprodukt

Zurück in Deutschland hat die Konditormeisterin inmitten der sich gerade ausbereitenden Corona-Pandemie im April 2020 den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und im heimischen Beilngries ihre kleine Schokoladenmanufaktur gegründet.

Neben der Qualität der Zutaten und der handwerklichen Herstellung legt Corinna Camacho Angeles großen Wert auf nachhaltige und faire Produktion. So zahlt sie ihrem Produzenten für die Kakaobohne rund 45 Prozent mehr als am Markt üblich. "Mir ist es wichtig, dass die Leute dort von ihrem Einkommen leben können und es keine Kinderarbeit auf den Plantagen gibt", sagt sie.

Die Konditormeisterin ist überzeugt, dass ihre Kunden gerne den im Vergleich mit einer Supermarkt-­Schokolade recht hohen Preis von knapp sechs Euro für die günstigste Tafel zahlen, wenn sie ihre Schokolade als eine besondere Delikatesse wertschätzen. Dieses Verständnis von Schokolade als Luxusprodukt vermittelt sie den Kunden auch in Workshops, wo sie etwa zeigt, wie die Geschmacksexplosion auf der Zunge richtig gelingt. Inzwischen ist ihr Sortiment bundesweit in über 20 Geschäften zu finden und ihr Online-Shop hat sich in der Corona-Pandemie als wichtiges Standbein erwiesen. "Das war die beste Entscheidung meines Lebens", sagt sie strahlend.

Weitere Informationen unter dosestaciones.de