Zu wenige Holzbauten in Deutschland Baustoff Holz: Althergebrachte Ängste verhindern Klimaschutz

Holz ist ein besonderer Baustoff: Statt CO2 bei der Herstellung zu erzeugen, kann er es speichern. Dennoch gibt es in Deutschland bislang nur sehr wenige reine Holzbauten mit mehreren Geschossen. Das Problem sind die aktuellen Brandschutzvorgaben. Einzelne Bundesländer haben diese nun geändert und helfen die Klimaziele zu erreichen. Das reicht aber noch nicht.

Jana Tashina Wörrle

Wenig reine Holzbauten: Holz als Baumaterial gilt als besonders nachhaltig. Trotzdem wird nur sehr wenig genutzt. - © LianeM - stock.adobe.com

Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt eigentlich aus der Forstwirtschaft, auch wenn er heute fast inflationär für fast alles verwendet wird. Schon seit dem 18. Jahrhundert gilt dort das Prinzip: Es wird nicht mehr Holz verbraucht als nachgepflanzt wird. Dieses Prinzip hat bis heute Bestand. Zwar findet derzeit ein Umbau der Wälder statt, so dass auch altbewährte Baumarten wie etwa Fichten weniger werden und stattdessen Laubbaumarten wie Buchen und klimaresistentere Nadelgehölze wie Douglasien gepflanzt werden. Das Bauwesen profitiert davon allerdings, denn: "Der Waldumbau sorgt langfristig dafür, dass wir auch weiterhin genug Holz haben werden um eine stärker werdende Nachfrage von Holz im Bauwesen zu decken", erklärt Roland Glauner, vom Branchenverband Holzbau Deutschland - Bund Deutscher Zimmermeister.

Mehrfamilienhäuser rein aus Holz gibt es in Deutschland bislang nur sehr wenige. - © Heinze GmbH & Holzbau Deutschland Leistungspartner; Kartenerstellung Easymap -Lutum+Tappert

Diese Nachfrage ist es jedoch, die es sich lohnt, genauer anzusehen. Trotz des Anstiegs, hat Deutschland nämlich noch sehr viel Potenzial in Sachen Holzbau, das bislang zu wenig genutzt wird. Immerhin bietet das Bauen mit Holz große Vorteile gegenüber anderen Baumaterialien. Holz ist nahezu klimaneutral und hat eine sehr gute CO2-Bilanz . Es speichert Kohlendioxid statt es auszustoßen und es ist dank der nachhaltigen Forstwirtschaft eben langfristig verfügbar. "Um die nationalen Klimaziele zu erreichen, müssen wir unsere Anstrengung nicht nur allein auf den Verkehr und größere Dämmstoffdicken fokussieren, wir müssen vielmehr auf Baustoffe setzen, die in der Lage sind CO2 zu binden", sagt deshalb Roland Glauner. Je mehr Holzgebäude errichtet werden, desto mehr CO2 würde in den Gebäuden gebunden und der Atmosphäre entzogen.

Holz kann Bauboom klimafreundlicher machen

Das sollte auch der aktuelle Bauboom nutzen – vor allem im Bereich der Mehrfamilienhäuser. Dort besteht in Deutschland derzeit einerseits der größte Mangel – rund eine Million Wohnungen fehlen in Deutschland – und andererseits bislang eine überschaubare Zahl an reinen Holzbauten. So liegt der Anteil an mehrgeschossige Häuser im Holzbau gerade einmal bei vier Prozent. Dabei sind nach Angaben des Zimmererverbands darunter sogar noch viele Gebäude die sich nur über zwei oder drei Geschosse erstrecken. Andererseits sind Misch- bzw. Hybridbauten oder Aufstockungen aus Holz in dieser Statistik nicht berücksichtigt. Im Vergleich dazu liegt die Holzbauquote im Einfamilienhausbau bei 18,2 Prozent – mit steigender Tendenz.

Die Gründe, warum es bislang so wenig reine Holzbauten mit mehreren Geschossen in Deutschland gibt, liegen übrigens keineswegs an den Kosten für das Baumaterial. Das könnte man zwar vermuten, denn die Gebäude aus reinem Holz, die bereits gebaut wurden, sind oft Vorzeigebauten von Architekten – im eher großzügig gebauten und luxuriös gestalteten Sinn. Das verwendete Holz an sich bestimmt bei ihnen jedoch nicht die Baukosten. Außerdem: Durch die hohen Energiepreise werden andere Baustoffe, die bei der Herstellung viel Energie benötigen, immer teurer. Die Kosten eines Holzbaus sind laut Glauner nur unwesentlich höher. "Wenn man die schnelle Bauzeit und die dadurch früheren Mieteinnahmen bei Mehrfamilienhäusern in der Gesamtrechnung einbezieht, sind Holzbauten im Endeffekt günstiger", sagt der Holzbau-Fachmann.

Brandschutzanforderungen verhindern Bauen mit Holz

Das Problem, das der Holzbau jedoch hat, ist die immer noch fehlende Akzeptanz im innerstädtischen Bereich. Brennbare Baumaterialien sind hier nur eingeschränkt zugelassen. "Zu groß sind althergebracht Ängste vor großen Flächenbränden. Auch wenn eine Vergleichbarkeit zu solchen Großbrandszenarien wie etwa damals in Hamburg heutzutage gar nicht mehr gegeben ist", sagt Roland Glauner und bezieht sich auf den Brand 1842. So ist die benötigte Wasserversorgung für die Feuerwehr im Brandfall ganz andere und Gebäude egal welcher Bauweise müssen ein bestimmtes Brandschutzziel einhalten. Dies ist vornehmlich in der sogenannten geprüften und genormten Feuerwiderstandsdauer festgehalten, dies ist eine vorgegebene Zeit die Bauteile, egal welcher Bauart, einem Feuer mindestens standhalten müssen um eine Rettung zu ermöglichen.

Die Anforderungen an das Bauen mit brennbaren Materialien im Mehrfamilienhausbau liegen in vielen Bundesländern nach Ansicht von Roland Glauner trotzdem noch so exorbitant hoch, dass allein dies verhindere, dass mehr reine Holzbauten entstehen. Erst langsam ändere sich dies gerade in einigen Bundesländern wie Hamburg, Baden Württemberg und Berlin. "Einige Bundesländer machen gerade vor, wie trotz Einhaltung von hohen Brandschutzanforderungen auch die Verwendung von Holz in den Bauordnungen verankert werden kann", berichtet Glauner.

Bauordnungen müssten geändert werden

So hätten viele Innovationen im Holzbau sowie die präzise Auslieferungsqualität den gegenwärtigen Stand der Technik durch ständige Forschung und Entwicklung immer weiter verbessert – auch in brandschutztechnischen Belangen. Daher sind die Änderungen der Bauordnung für Holzbau-Experten eigentlich eine logische Anpassung, um die Weichen auch hinsichtlich des Klimaschutzes richtig zu setzen. Holzbau Deutschland fordert deshalb, dass die Bauordnungen aller Bundesländer den aktuellen Stand der Technik aufgreifen müssten.

"Dadurch können Standards in Konstruktion und Brandschutznachweisen geschaffen werden, die es den Planern, welche im mehrgeschossigen Bauen häufig wenig Erfahrung im Bauen mit Holz haben, den Zugang zu dem Werkstoff erleichtern", erläutert Roland Glauner und fügt hinzu: "Uns Handwerkern wird bei jeder Gelegenheit das typische ‚Haben wir schon immer so gemacht‘-Denken vorgeworfen. An dieser Stelle würde ich mir wünschen, dass auch auf der Planerseite ein Umdenken stattfindet und Holz als Werkstoff im mehrgeschossigen Bauen sich als Standard etabliert."

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