Bei einer Teilzeitberufsausbildung wird die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit reduziert. Das hat auch Einfluss auf die Gesamtdauer der Ausbildung. Wie lang aber dauert die Ausbildung, wenn man nur für einen bestimmten Zeitraum eine Teilzeitberufsausbildung vereinbart? Die passende Formel hat Ausbildungsberater Peter Braune.

Das "Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung" hat mehr Möglichkeiten für die Teilzeitberufsausbildung geschaffen.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung hat am 10. Juni 2021 Empfehlungen zur Teilzeitberufsausbildung aufgesetzt. Sie enthalten Erläuterungen, Berechnungswege und Maßstäbe für eine einheitliche Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zur Teilzeitberufsausbildung. Einige Inhalte aus diesen Empfehlungen sind in diesem Artikel zusammengefasst:
Für wen kommt die Teilzeitberufsausbildung infrage?
Sie steht grundsätzlich allen offen, wenn sich die Vertragsparteien darüber einig sind. Ein besonderer Grund für die Vereinbarung der Teilzeit ist nicht erforderlich. Man kann damit flexibel auf verschiedene Lebenslagen reagieren, zum Beispiel die Zeiten von Kindererziehung und Pflege, einer Behinderung oder Lernbeeinträchtigung oder das Betreiben von Leistungssport. Alle Beteiligten wirken mit, dass die Ausbildungsinhalte innerhalb der verschiedenen Teilzeitmodelle erfolgreich vermittelt werden können. Die Ausbildungsabläufe und Leistungen zur Förderung der Lernverläufe werden bedarfsgerecht angepasst.
Teilzeitberufsausbildung: dauerhaft oder für einen bestimmten Zeitraum
Die Vertragsparteien vereinbaren im Lehrvertrag, die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit für die gesamte Dauer der Ausbildung oder für einen bestimmten Zeitraum der Berufsausbildung zu verkürzen. Der Umfang der Ausbildungszeit muss mindestens 50 Prozent der Ausbildung in Vollzeit betragen. Die Vereinbarung kann zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses oder während der Berufsausbildung durch Änderung des Lehrvertrags getroffen werden. Der Ausbildungsplan wird auf die Teilzeit ausgerichtet.
Die Ausbildungszeit entspricht grundsätzlich der in der Ausbildungsordnung für den jeweiligen Ausbildungsberuf in Vollzeit festgelegten Ausbildungsdauer. Während die Ausbildungszeit bei der Vollzeitausbildung mit der Ausbildungsdauer deckungsgleich ist, verlängert sich die Dauer der Teilzeitberufsausbildung abhängig von der vereinbarten Kürzung der täglichen und wöchentlichen Ausbildungszeit automatisch. Das Ende der Ausbildung verschiebt sich kalendarisch nach hinten.
Was gilt bei der Teilzeitberufsausbildung für die Ausbildungsdauer insgesamt?
Wird durchgängig in Teilzeit ausgebildet, besteht die Teilzeit auch während der gesetzlichen Verlängerungszeit. Die Gesamtdauer der Teilzeitberufsausbildung in Monaten wird in diesem Fall im ersten Schritt durch eine Division der nach der Ausbildungsordnung (AO) für Vollzeit vorgesehenen Ausbildungsdauer durch den im Einzelfall prozentual vereinbarten Umfang der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit berechnet.
Formel: Ausbildungsdauer nach AO in Monaten : vereinbarte tägliche/wöchentliche Ausbildungszeit in Prozent = Dauer der
Teilzeitberufsausbildung nach automatischer Verlängerung
Beispiel: Ausbildungsdauer 36 Monate (drei Jahre); durchgängig vereinbarte tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit 75 Prozent
Berechnung: 36 Monate : 75 Prozent = 36 Monate : 0,75 = 48 Monate (nach automatischer Verlängerung)
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung
Vereinbaren die Parteien eine Teilzeit nur für einen bestimmten Zeitraum der Ausbildung, kommt es für die Berechnung der Gesamtausbildungsdauer darauf an, ob bis zum Ende der Ausbildung in Teilzeit ausgebildet oder nach der Teilzeitphase wieder in Vollzeit ausgebildet werden soll. Im ersten Fall wird die automatische Verlängerung in Teilzeit, im zweiten Fall in Vollzeit absolviert.
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Was gilt, wenn die Ausbildung in Vollzeit weitergeführt wird?
Wird die Ausbildung nach der Teilzeitphase in Vollzeit weitergeführt, ergibt sich die Gesamtdauer der Ausbildung in Monaten aus der Summe der vereinbarten Monate nach Ausbildungsordnung in Vollzeit, der vereinbarten Monate in Teilzeit und der Verlängerungsmonate in Vollzeit. Verlängerungsmonate, die in Vollzeit absolviert werden, entsprechen prozentual der vereinbarten Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit und werden durch eine Multiplikation des vereinbarten Teilzeitzeitraums in Monaten und der prozentualen Reduktion errechnet.
Formel:
- Gesamtdauer der Ausbildung = vereinbarte Monate nach AO in Vollzeit + vereinbarte Monate nach AO in Teilzeit + der Verlängerungsmonate in Vollzeit
- Verlängerungsmonate in Vollzeit = vereinbarte Monate nach AO in Teilzeit x vereinbarte Reduktion der täglichen/wöchentlichen Ausbildungszeit in Prozent im Vergleich zur Vollzeit
Beispiel:
Ausbildungsdauer nach AO 36 Monate (drei Jahre):
- Erstes Ausbildungsjahr nach AO zwölf Monate wird in Vollzeit absolviert.
- Im zweiten Ausbildungsjahr nach AO erfolgen zwölf Monate in Teilzeit mit täglicher Ausbildungszeit im Umfang von 75 Prozent, d. h. Reduktion um 25 Prozent.
- Gesetzliche Verlängerung des zweiten Ausbildungsjahres wird in Vollzeit absolviert.
- Drittes Ausbildungsjahr nach AO zwölf Monate wird in Vollzeit absolviert.
Berechnung:
Vollzeitausbildung nach AO 1. Ausbildungsjahr: zwölf Monate +
Vollzeitausbildung nach AO 3. Ausbildungsjahr: zwölf Monate +
Vereinbarte Ausbildungsdauer in Teilzeit: zwölf Monate +
Verlängerungsmonate in Vollzeit = zwölf Monate nach AO x 0,25 = drei Monate
Die Gesamtdauer der Ausbildung beträgt im 1. Berechnungsschritt 39 Monate, davon insgesamt 27 Monate in Vollzeit, unterbrochen von zwölf Monaten Teilzeit während des zweiten Ausbildungsjahres.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung
Verkürzung der Ausbildungsdauer von bis zu 12 Monaten
Die Ausbildungsdauer einer Teilzeitberufsausbildung kann bis zu zwölf Monate verkürzt werden, wenn der Grund für die Durchführung der Ausbildung in Teilzeit – etwa die Betreuung eigener Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger oder vergleichbare Gründe – ein effektives Verfolgen des Ausbildungsziels erwarten lassen und damit eine entsprechende Erfolgsprognose ermöglichen.
Da es bei der Teilzeitberufsausbildung sehr viele Varianten und weitere zu beachtende Besonderheiten gibt, gilt die generelle Empfehlung, rechtzeitig die Ausbildungsberatung der örtlich zuständigen Handwerkskammer einzubinden.
Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann die Ausbildungsvergütung entsprechend der prozentualen Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit gekürzt werden. Der Urlaubsanspruch richtet sich nach der Anzahl der festgelegten Arbeitstage.
Ihr Ausbildungsberater Peter Braune
Peter Braune hat Farbenlithograph gelernt, war Ausbilder und bestand in dieser Zeit die Ausbildungsmeisterprüfung. Er wechselte als Ausbildungsberater zur Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Dort baute er dann den gewerblich-technischen Bereich im Bildungszentrum auf und leitete die Referate gewerblich-technischen Prüfungen sowie Ausbildungsberatung, zu der auch die Geschäftsführung vom Schlichtungsausschuss gehörte. Danach war er Referent für Sonderprojekte.