Alte Holzpaletten, Holzreste und nicht lackiertes oder behandeltes Holz von Decken, Böden und Möbeln landen zerkleinert in Spanplatten. So bekommt Altholz ein zweites Leben. Bislang werden nur rund 20 Prozent des Altholzes in Deutschland recycelt. Das soll sich ändern. Eine Überarbeitung der Altholzverordnung steht an – und löst Bedenken aus.

Bauholz ist knapp und teuer. Zum Bauen wird Holz bisher kaum mehrfach genutzt – wenn dann, geschreddert in Spanplatten. Zwar sieht das Kreislaufwirtschaftsgesetz bereits vor, dass der Wertstoff Holz möglichst lang im Kreislauf gehalten und damit mehrfach genutzt werden soll. Im Weg steht dabei die dazugehörige Altholzverordnung (AltholzV). Schon seit Jahren steht eine Überarbeitung der AltholzV an. Die Politik verspricht Gesetzesänderungen, doch noch immer lässt ein Entwurf auf sich warten.
Aktuell heißt es aus dem Bundesumweltministerium: "Das BMU hat entsprechend dem Koalitionsvertrag von 2018 die Altholzverordnung evaluiert und arbeitet derzeit an einer Novellierung der Verordnung." Weiter teilt ein Sprecher der Deutschen Handwerks Zeitung mit, dass nach der Bundestagswahl zeitnah ein Referentenentwurf fertiggestellt werden soll.
Das Problem: Derzeit stehen sich die stoffliche Verwertung, also das Recycling von Altholz, und die energetische Verwertung, also das Verbrennen von Altholz, als gleichwertige Möglichkeiten gegenüber. Das soll die Novelle der Altholzverordnung ändern. Deutschland würde damit auch endlich die Anforderungen der europäischen Abfallrahmenrichtlinie umsetzen, die bereits einen Vorrang des Recyclings vor der energetischen Verwertung vorsieht. So soll zum Beispiel auch verleimtes oder gestrichenes Altholz, wiederaufbereitet werden, wenn definierte Grenzwerte nicht überschritten sind. Derzeit steht zur Diskussion, wie dies am sinnvollsten geregelt werden kann.
Mehrfachnutzung von Holz braucht bessere Lösungen beim Sortieren und Aufbereiten
Denn im Altholz steckt Potenzial: So empfehlen aktuell auch Experten der Charta für Holz 2.0 Holz und Holzprodukte länger als bisher im Wirtschaftskreislauf zu nutzen und effizient wiederzuverwerten. Das soll Ressourcen schonen und den Klimaschutzeffekt der Holzverwendung verstärken. Laub- und Altholz sowie Kalamitätsholz – Holz, das durch Sturmschäden, Trockenheit oder einen Schädlingsbefall anfällt – soll stärker in die stoffliche Nutzung einbezogen werden. Vorschläge der Fachagentur gehen dabei auch in Richtung innovativer Produkte wie z. B. holzbasierten Kunststoffe oder die Papierherstellung.
Dass die Mehrfachnutzung von Holz erst Stück für Stück an Relevanz gewinnt, liegt aus Sicht der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe unter anderem daran, dass in der Altholzverordnung bisher der Kreislaufgedanke nur unzureichend verankert ist. Zum anderen existieren noch entscheidende Hemmnisse in der Sortierung und Aufbereitung von Altholz. Bisher gebe es durch die kostenintensive Sortierung und Aufbereitung von Altholz keine oder nur geringe Kostenvorteile gegenüber dem Primärholz. Dies lag auch an einem Überangebot von Frischholz, besonders in den letzten drei Dürrejahren.
Charta für Holz 2.0
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat die Charta für Holz 2.0 im Jahr 2004 gestartet mit dem Ziel, den Holzverbrauch in Deutschland pro Einwohner innerhalb von zehn Jahren pauschal um 20 Prozent zu steigern. Damals existierte eine unbefriedigende Nachfrage in den verschiedenen Bereichen der Holzverwendung. Das Ziel gilt heute als mehr als erreicht. So stehen nun die Sicherung der Rohholzversorgung, Aspekte der Steigerung der stofflichen Holzverwendung sowie der Kreislaufwirtschaft, Material- und Ressourceneffizienz für mehr Klimaschutz und Wertschöpfung im Vordergrund. Die Charta für Holz 2.0 gehört auch zum Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung. Aktuell finden dazu Online-Veranstaltungen unter dem Aspekt der nachhaltigen Holzverwendung statt. Infos dazu gibt es hier.>>>
Etwa acht Millionen Tonnen Altholz fallen jedes Jahr in Deutschland an. Rund 20 Prozent davon kommen nach Angaben des Bundesverbands Altholz ins Recycling. Konkret bedeutet das: Es entstehen fast ausschließlich Spanplatten daraus. Das meiste restliche Altholz wird energetisch genutzt. Es wird entweder in Altholzkraftwerken zur Wärmegewinnung eingesetzt oder zu einem kleineren Teil auch in holzverarbeitenden Betrieben selbst energetisch genutzt, indem sie es zum Heizen oder zur Stromerzeugung verbrennen.
Recycelt werden kann in Deutschland bislang nach Vorgaben der Altholzverordnung und den technischen Möglichkeiten alles Altholz bis Kategorie III (siehe Infokasten unten). "In der Praxis stammt der größte Teil aber aus der Kategorie AI, aus der AII kommt etwas dazu, nachdem das Altholz auf Schadstoffe untersucht wurde. Aus der AIII wird nur ganz selten etwas weiter verwertet. Generell gilt, dass eine stoffliche Verwertung nur nach einer Analyse des Materials erfolgen darf", sagt Andreas Habel vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE).
Altholz, das Schadstoffe enthält, landet in der Verbrennung
Sind Schadstoffe vorhanden – meist durch Farben, Lacke, Beschichtungen oder weil das Holz Holzschutzmitteln enthält – sind diese nur schwer vom Holz lösbar. Meistens landet dann alles in der Verbrennung. Die Verbrennungsanlagen sind mit entsprechenden Filtern ausgestattet. Soll nun mehr Altholz recycelt werden, befürchtet der Fachverband Holzenergie im Bundesverband Bioenergie (BBE) allerdings, dass dies wegen neuer Vorgaben der Altholzverordnung dazu führt, dass eine dennoch Aufbereitung stattfindet. Das könnte greifen, obwohl die Aufbereitung mehr Energie verbrauchen kann, als wenn man frisches und unbelastetes Holz nutzt – also unter ökologischen, nicht gerade vorteilhaften Bedingungen.
Außerdem sollen die Analyseverfahren zur Ermittlung der Schadstoffe in Altholz künftig unter strengeren Vorzeichen ablaufen. "Statt Durchschnittswerten sollen statistisch ausgewertete Messreihen einen besseren und abgesicherten Überblick über Grenzwerte für die noch erlaubten Schadstoffe liefern", erläutert Andreas Habel. Das steht bereits in der Diskussion um die Novelle der Altholzverordnung. Auch dann könnte der Aufwand beim Recycling steigen. Der Grund: Man entdeckt mehr Schadstoffe und dennoch soll eine Aufbereitung stattfindenl.
Den befürchteten Mehraufwand sieht Habel auch, allerdings führe er auch zu mehr Rechtssicherheit für die Aufbereiter. Er kann sich außerdem nicht vorstellen, dass es zu einer starken Erhöhung der Recyclingquoten für Altholz kommt. "In Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie müsse die stoffliche Verwertung auf erster und die energetische später auf zweiter Stufe der Rangfolge um die Verwertung stehen", erklärt der Referent im Fachverband Ersatzbrennstoffe, Altholz und Biogene Abfälle des BVSE. Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern sei deshalb eine vorrangige stoffliche Verwertung von naturbelassenem Altholz (AI) ein notwendiger Schritt. Mit dem Gleichrang der stofflichen und energetischen Verwertung der übrigen Kategorien würde der Tatsache Rechnung getragen, dass nicht nur die Beschaffenheit der Althölzer Recyclingmöglichkeiten einschränken. Auch vorhandene Kapazitäten bekommen dann an Bedeutung.
Altholz energetisch nutzen, spart CO2
Bislang gibt es in Deutschland noch keinen relevanten Markt, der mehr recyceltes Holz verwerten kann. "Nur wenige große Unternehmen, die Spanplatten herstellen, teilen sich den Markt. Sie könnten den Einsatz nur noch steigern, wenn sie den einzelnen Anteil des Altholzes in der Spanplatte erhöhen." Doch die Kapazitätsgrenzen bewegen sich seit Jahren schon auf gleichem Niveau. Deshalb sieht auch der BVSE die energetische Verwertung als zweite Stufe und sinnvolle Ergänzung zur stofflichen Verwertung an, dort wo diese nicht möglich ist. Ohnehin sei es so, dass jedes Holz, irgendwann einmal zur energetischen Verwertung anfallen werde. Bis dahin sei es aber aus ökologischer Sicht am sinnvollsten, die klimarelevante Kohlenstoffbindung durch Mehrfachnutzung so lange wie möglich zu speichern.
Derzeit stehen sich die stoffliche und energetische Verwertung von Altholz in der Altholzverordnung als gleichwertige Möglichkeiten gegenüber. Das sollte aus Sicht von Malte Trumpa auch so bleiben. Trumpa ist Fachreferent Holzenergie beim BBE. Aus seiner Sicht kommen die Vorgaben zu dem, was bisher zur Novelle der AltholzV bekannt ist, einer deutlichen Benachteiligung der energetischen Nutzung von Altholz gleich.
Er erläutert, warum die Beibehaltung der Gleichstellung seiner Sicht auch der Umwelt zugutekommt. "Wenn wir Altholz energetisch nutzen, reduzieren wir damit den Einsatz fossiler Energieträger." So spart die energetische Nutzung von Altholz nach Angaben des Fachverbands Holzenergie derzeit fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ein.
Schadstoffverschleppung: Verlieren Spanplatten an Qualität?
Dass der Anteil am Recycling steigen soll, unterstützt grundsätzlich zwar auch der Fachverband Holzenergie. Dennoch weist Trumpa darauf hin, dass man dann auch die Qualität der Recyclingholzprodukte im Auge behalten muss. Konkret befürchtet er nicht zu 100 Prozent unbelastete Spanplatten, weil den hohen Aufwand der Schadstofftrennung nur wenige leisten können. "Wir befürchten eine Schadstoffverschleppung", sagt der Fachreferent.
Seine Bedenken gehen noch weiter. Wenn Altholz weniger energetisch genutzt werden darf, entstehe womöglich ein kritisches Ungleichgewicht in der Wirtschaft. Dann treffen große Mengen Gebrauchtholz auf einen Markt, der diesen Stoffstrom überhaupt nicht aufnehmen kann. "Denn für die stoffliche Nutzung von den zu erwartenden Altholzmengen gibt es aktuell keine ausreichenden Kapazitäten", sagt Trumpa. Die Folge könnte außerdem sein: Die Entsorger werden mit dem Altholz überschwemmt und der Preis dafür sinkt. "Die Erlöse für die Entsorger, wenn die Holzwerkstoffindustrie das Altholz abnimmt, werden dann voraussichtlich zu gering sein. Das macht die Altholzsammlung unattraktiver. Das wäre kontraproduktiv für den Kreislaufwirtschaftsgedanken."
Andreas Habel hat noch einen anderen Ansatz, damit die Recyclingquoten steigen. "Potenzial bestünde in den privaten Sperrmüllsammlungen. Diese wandern in der Regel unsortiert in die Verbrennung." Um daraus Altholz für die Wiederverwendung oder das Recycling zu heben, seien aber Umstellungen in der Sammlung notwendig. Das wiederum bringt einen Mehraufwand mit sich.
Die Altholzkategorien
Die Altholzverordnung teilt das Altholz in verschiedene Kategorien von I bis IV ein – je nachdem, wie stark behandelt und entsprechend belastet es ist. Zudem gibt es eine Sonderkategorie:
- Altholzkategorie AI:Naturbelassenes oder lediglich mechanisch bearbeitetes Altholz mit nur unerheblich wenigen holzfremden Stoffen. Beispiele: Abschnitte, Späne aus Vollholz, Paletten und Kabeltrommeln
- Altholzkategorie AII: verleimtes, gestrichenes, beschichtetes und lackiertes Altholz ohne halogenorganische Verbindungen und ohne Holzschutzmittel. Beispiele: Abschnitte, Späne von Holzwerkstoffen, Dielen, Böden, Deckenpaneele, Türblätter und Zargen sowie ohne die genannten Stoffe
- Altholzkategorie AIII: Altholz mit halogenorganischen Verbindungen in der Beschichtung ohne Holzschutzmittel. Beispiele: Altholz aus Sperrmüll (Mischsortiment), Möbel, mit halogenorganischen Verbindungen, Paletten, mit Verbundmaterialien.
- Altholzkategorie AIV:mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz, wie Bahnschwellen, Leitungsmasten, Hopfenstangen oder Rebpfähle, sowie beispielsweise Kabeltrommeln aus Vollholz (Herstellung vor 1989); Holzfachwerk und Dachsparren; Fenster, Außentüren und imprägnierte Bauhölzer aus dem Außenbereich; Bau- und Abbruchholz mit schädlichen Verunreinigungen
- PCB- Altholz: Altholz, das PCB (polychlorierte Biphenyle). Beispiele: Dämm- und Schallschutzplatten