Internationale Handwerksmesse eröffnet Meisterbrief: Kostenfreie Weiterbildung als Ziel

Das neue EU-Dienstleistungspaket als Angriff auf das deutsche Handwerk und den Meisterbrief war das Top-Thema bei der Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse 2017. Bundeswirtschaftsministerin Zypries will das Ausbildungssystem und auch die Selbstverwaltung der Kammern in Deutschland schützen.

Steffen Guthardt

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) bei der Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse 2017. - © picture alliance / dpa / Sven Hoppe

"Wir wollen unsere gute Handwerksordnung behalten. Der Meisterbrief muss bleiben", sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries zum Auftakt der Internationalen Handwerkmesse 2017 in München. Zudem stellte Zypris klar, dass auch die Selbstverwaltung der Handwerkskammern nicht angetastet werden soll.

Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Medien brachten bei der Podiumdiskussion der IHM ihren Unmut und ihre Sorgen über einen neuerlichen Angriff auf den Meisterbrief durch das geplante EU-Dienstleistungspaket hervor. Offenbar traut man den Beschwichtigungen aus Brüssel nicht.

Meisterbrief: Misstrauen des Handwerks trotz EU-Beschwichtigung

EU-Spitzenvertreterin Irmfried Schwimann hatte noch kürzlich im Interview mit der Deutschen Handwerks Zeitung versucht, die Sorgen des Handwerks um den Meisterbrief zu zerstreuen. Wesentlicher Inhalt des EU-Dienstleistungspakets sind die Einführung einer Dienstleistungskarte und die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit von Berufsreglementierungen. Die Handwerksorganisationen sehen darin einen erneuten Generalangriff auf den Meisterbrief als Zugangsvoraussetzung.

"Berlusconi-Konzept" anwenden

Rolf Dieter Krause, Journalist und ehemaliger Leiter des ARD-Studios Brüssel, sagte in Richtung Zypries, dass die Bundesregierung diese Angriffe aus Brüssel nicht unterschätzen dürfe. Wir müssen da "höllisch aufpassen", sagte der EU-Kenner und empfahl Zypries, hier notfalls die "Berlusconi-Methode" anzuwenden. Gemeint ist damit, dass die Bundesregierung zur Not Druck auf Brüssel ausüben sollte und dabei auch Sanktionen in anderen Wirtschaftsbereichen in Erwägung ziehen müsste, um den Meisterbrief und das deutsche Berufsbildungssystem mit allen Mitteln zu schützen. Krause wörtlich: "Es gibt auch in Deutschland schlechte Handwerker, aber nicht so viele wie im Ausland."

Die Bundeswirtschaftsministerin sieht in der Berlusconi-Methode aber nicht den richtigen Weg und will weiter in Einzelgesprächen mit den Ländervertretern auf EU-Ebene für das deutsche Ausbildungssystem werben. Mit Frankreich sei bereits ein wichtiger Partner gewonnen, so Zypries.

"Es gibt auch in Deutschland schlechte Handwerker. Aber nicht so viele wie im Ausland."

Zypries und Journalist Krause lieferten sich auf der Bühne der Internationalen Handwerkmesse mehrere spannende Wortgefechte. So warf Krause der Regierung indirekt vor, dass in der Vergangenheit schon häufiger Vorhaben anders angekündigt waren, als sie dann letztendlich in Brüssel umgesetzt wurden.

Wollseifer: "Das ist schon deprimierend"

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, findet die erneuten Angriffe auf den Meisterbrief "deprimierend". Und es sei "fast schon frech", dass sich die EU über die Souveränität von nationalstaatlichen Interessen hinwegsetzen wolle. Die EU müsse endlich die Einsicht gewinnen, das Gleichmacherei von Ausbildungsqualifikationen auf niedrigem Niveau nicht zum Erfolg führt." Wollseifer befürchtet, dass nicht nur der Meisterbrief gefährdet ist, sondern auch gewisse Standards auf dem deutschen Arbeitsmarkt wie Mindestlohn und Arbeitsschutz unterlaufen werden könnten.

"Die Gleichmacherei führt nicht zum Erfolg"

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse AIgner, betonte, dass das EU-Dienstleistungspaket nicht nur den Meisterbrief bedrohe, sondern auch den geschützten Zugang zur Geschäftsöffnung in bestimmten Bereichen in Frage stelle.

Das Beispiel der Handwerksnovelle von 2004, in der Deutschland für bestimmte Handwerksberufe die Meisterzulassungspflicht abgeschafft hatte, zeige, wohin eine Aufweichung der Berufszulassungen führen können. Aigner betonte, dass dies aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen sei, weil die Qualität in manchen Berufen dadurch abgenommen habe.

Ausbildungspakt für berufliche Bildung nötig

ZDH-Präsident Wollseifer warb zur Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse auch für einen deutschlandweiten Ausbildungspakt. Nach wie vor würde die berufliche Bildung in Deutschland nicht gleichwertig zu akademischer Bildung behandelt werden.

"Kostenfreie Weiterbildung muss das Ziel sein"

Dass zeige sich schon am Beispiel der Kosten, die Handwerkern für Weiterbildungsmaßnahmen entstehen. Demgegenüber sei ein Studium in Deutschland gebührenfrei. "Kostenfreie Weiterbildung muss das Ziel sein", sagte Wollseifer. Dafür brauche es jedoch viel stärkere Investitionen in den Sektor der beruflichen Bildung. "Dann könnten wir aus Bildungszentren, Kompetenz- und sogar Exzellenzzentren machen."

Passungsprobleme lösen

Wirtschaftsministerin Zyries signalisierte, dass sie hier mit dem Handwerk an einem Strang ziehen wolle, verwies aber zugleich auf das schon aktuell hohe Investitionsvolumen. "Geld allein reicht nicht", so Zypries. Um die Attraktivität von beruflicher Bildung zu verbessern, müssten vor allem die Motivation gesteigert werden, im Handwerk eine Lehre zu machen. Die Wirtschaftsministerin verwies auch auf das Passungsproblem zwischen Betrieben und Lehrlingen, weshalb nach vie vor viele Lehrstellen unbesetzt blieben.

Abseits des großen Themas EU und Meisterbrief lobte Journalist Krause das Handwerk auch für sein ehrliches Unternehmertum. Hier stehe der Chef noch persönlich für sein unternehmerisches Risiko ein. Derweil sei aus einem Konzern wie der Deutschen Bank, einer einst ehrbaren Bank, inzwischen fast eine kriminelle Vereinigung geworden.