Was kann ich neben meinem normalen handwerklichen Berufsalltag tun, um mich einzubringen? Augenoptikermeister Reinhard Kuntz hat eine Möglichkeit für sich gefunden, sich zu engagieren und damit Bedürftigen das Leben zu erleichtern.
Nina Schaible

Seit den 80er Jahren sammelt Reinhard Kuntz in seinem Betrieb ausgediente Brillen für das Projekt "Eine Brille für Menschen in Not", auf das ihn der Ulmer Augenarzt Dr. Hans-Walter Roth aufmerksam gemacht hat.
Nachhaltigkeit zahlt sich aus
"Mich haben immer häufiger Kunden gefragt, was sie mit ihren alten Brillen anfangen sollen oder haben mich bei Brillen der verstorbenen Tante gefragt, ob die noch zu gebrauchen sind", sagt Kuntz. Auch im Sinne der Nachhaltigkeit habe er sich dazu entschieden, die Brillen zu sammeln: "Viel zu schade zum Wegschmeißen." Die Brillen gehen an verschiedene Organisationen in Deutschland und im Ausland – für die Menschen, die sich keine Brille leisten können. "Das waren inzwischen mit Sicherheit 5.000 Brillen", freut sich Kuntz über die Beteiligung der Menschen.
Neue Hoffnung geben
Der Augenoptikermeister nimmt alle gespendeten Brillen in seinem Betrieb entgegen, misst die Brillengläser aus, überprüft sie auf ihre Unversehrtheit und repariert oder ersetzt gegebenenfalls einzelne Teile. Die Brillen werden nach Stärken sortiert, sodass Menschen, die sich keine Sehhilfe leisten können, schnell Abhilfe finden und neue Hoffnung schöpfen können. Das Gerät sei zwar nicht unbedingt millimetergenau auf den Augenabstand des neuen Besitzers eingestellt und die Stärken passen oft nicht zu 100 Prozent, doch verhelfe es den Bedürftigen trotzdem sofort zu mehr Lebensqualität. Selten bitte Dr. Roth Kuntz auch mal, eine Brille für einen Menschen anzupassen und kostenlos neue Brillengläser einzusetzen.
Beruf führt zum Sinn
"Wirtschaftlich betrachtet ist das für einen Betriebsinhaber natürlich Quatsch – ich verschenke Brillen, die ich unter Arbeits- und Zeitaufwand herrichte, anstatt sie zu verkaufen", lacht Kuntz. Doch für ihn zähle der Gedanke und das Herz hinter der Aktion: "Ich habe diesen Beruf ergriffen, weil ich etwas Handwerkliches schaffen wollte. Und weil ich den Umgang mit Menschen wertvoll finde. Aus meiner Berufsüberzeugung ist das Engagement entstanden." Dies sei für ihn so selbstverständlich wie die stetige Weiterbildung im Beruf. Kuntz hat nach seiner Ausbildung zum Augenoptiker noch das fachliche Studium abgeschlossen sowie den Meistertitel und den Betriebswirt im Handwerk erworben. Er ist seit über 50 Jahren in seinem Beruf tätig.
Berufspolitisch engagieren
Mittlerweile ist es selbstverständlich für den Augenoptikermeister, jedes Jahr hunderte Brillen zu sammeln, aufzubereiten und zu spenden. Er verstehe aber dennoch, wenn manche Kollegen ein solches Engagement als zu zeitaufwändig empfinden. Kuntz, der auch im Ulmer Stadtrat tätig ist, plädiert dennoch für "einmischen statt motzen".
Ihm war es schon immer wichtig, berufspolitisch tätig zu sein. "Das bringt einen selbst als Handwerker weiter. Der Austausch mit anderen Menschen eröffnet neue Sichtweisen, von denen man immer profitiert", sagt Kuntz. Auch sein Engagement gebe ihm viel zurück. Kuntz: "Nach links und rechts schauen lohnt sich."