Arbeitsrecht Wiederholtes Zuspätkommen: Kündigung ohne Abmahnung möglich

In der Praxis ist die Vorstellung weit verbreitet, dass es vor einer Kündigung wegen Zuspätkommen immer einer schriftlichen Abmahnung bedarf. Dem ist nicht zwingend so, urteilte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.

Bei wiederholter Verspätung am Arbeitsplatz droht die Kündigung. - © sodawhiskey - stock.adobe com

Kommt ein Arbeitnehmer an drei von vier aufeinander folgenden Arbeitstagen erheblich zu spät oder erscheint gar nicht zur Arbeit, kann dies je nach Umständen des Einzelfalls den Rückschluss auf ein hartnäckiges und uneinsichtiges Fehlverhalten zulassen. Vor Ausspruch einer Kündigung bedarf es dann nicht zwingend einer ausdrücklichen Abmahnung. Das stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einer Entscheidung vom 31. August 2021 fest (Az. 1 Sa 70öd/21).

Es bedarf nicht immer einer Abmahnung

Die Richter bestätigen damit, dass es vor Ausspruch einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen wiederholter Verspätung nicht immer einer schriftlichen Abmahnung bedarf. Das LAG verweist darauf, dass es immer einer Prüfung des Einzelfalls bedarf. Im konkreten Fall hat es die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses für gerechtfertigt erklärt, da jedenfalls wegen der ersten Verspätung eine mündliche Abmahnung erteilt worden war.

Verspätungen konsequent abmahnen

Arbeitnehmer sollten sich entsprechend nicht darauf verlassen, dass eine Kündigung wegen Zuspätkommen ohne vorherige Abmahnung nicht möglich ist. Der sicherste Weg für Arbeitgeber bleibt dennoch, konsequent schriftlich abzumahnen und im Wiederholungsfall zu kündigen.

Michael Henn ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Stuttgart. Er ist Präsident des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte.