Holzfachschule Bad Wildungen Wie Tischlermeister Baumarkt-Mitarbeiter schulen

Schnittarbeiten stehen in Baumärkten an der Tagesordnung. Doch der Umgang mit Plattensäge, Handoberfräse und Co. will gelernt sein. Hier kommen die Holzfachschule Bad Wildungen und die Profis aus dem Handwerk ins Spiel. Ihre Kurse sind gefragt. 

Hornbach-Kurs in der Holzfachschule Bad Wildungen
Tischlermeister Thomas Brand erklärt den Kursteilnehmern den Umgang mit den Maschinen. - © Gero Jentzsch

Wenn die Temperaturen steigen und der Frühling unaufhaltsam naht, brummt in den Baumärkten das Geschäft. Sehr beliebt ist der Holzzuschnitt. Sobald die Kunden Schlange stehen, steigt der Stresslevel der Mitarbeiter an. Umso wichtiger, dass sie sicher arbeiten. Ein Arbeitsunfall mit einer Handoberfräse beispielsweise hätte gravierende Folgen. Die Baumarktkette Hornbach lässt ihre Angestellten daher in der Holzfachschule Bad Wildungen schulen. In den Werkstätten des überregional bekannten Bildungszentrums zeigen ihnen Tischlermeister, wie sie ihre Maschinen professionell handhaben können.

Davon profitieren letztlich auch die Hornbach-Kunden. Schließlich können sie exakt bearbeitete Waren mit nach Hause nehmen und ihre Ideen verwirklichen. Die Tischlermeister der Holzfachschule leisten einen Beitrag dazu. Worauf sie bei der Schulung der Baumarktmitarbeiter Wert legen und welche Herausforderungen sie stemmen.

Wieso hat sich das Werkstück damals verkantet?

Der erste Punkt auf dem Lehrplan der Kursteilnehmer ist die Theorie. Doch die passende Schnittgeschwindigkeit, der richtige Spanwinkel und der Unterschied zwischen Gleichlauf und Gegenlauf sind trockene Themen. "Die entscheidende Frage ist immer: Welche theoretischen Inhalte kann man in einem halben Tag lehren, damit möglichst viel davon später angewendet werden kann", erklärt Andreas Bognanni, Organisator der Kurse. Einen Montagnachmittag lang hat der Holzingenieur Zeit, um physikalische Grundlagen spannend zu unterrichten. Damit das gelingt, setzt er auf Praxisbezug. So bespreche er Beispielfälle, von denen die Kursteilnehmer berichten. Er versuche zu erklären, warum etwas nicht geklappt hat. "Das ist wichtig, denn wenn man weiß, warum etwas schiefläuft, kann man darauf reagieren und es besser machen", erläutert Bognanni.

Sein Publikum ist dabei gemischt. Die etwa zehnköpfigen Baumarkt-Gruppen reisen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Nordhessen. Ihr Alter reicht von 18 Jahren bis 50 plus. Darunter befänden sich sowohl Quereinsteiger als auch ausgebildete Handwerker, die bereits Erfahrung hätten. Die Motivation sei sehr verschieden: "Viele haben selbst Interesse, sich weiterzubilden und melden sich freiwillig an, andere werden vom Markt ausgewählt", berichtet Bognanni. Eine Gemeinsamkeit hätten sie jedoch: "Sie wollen Späne machen so schnell es geht."

Kundenwünsche in der Werkstatt simulieren

Das passiert an den vier folgenden Wochentagen in einer der Werkstätten auf dem Campus. Zwei Tischlermeister demonstrieren die Geräte und betreuen die Teilnehmer bei ihren Arbeitsaufträgen. Dazu gehören das Zuschneiden von Platten auf der stehenden Plattensäge, das Ablängen von Massivholzleisten mit der Kappsäge, das Ausschneiden von Spülausschnitten mit der Handoberfräse und das Anbringen von Kanten mit der Kantenanleimmaschine. Auch der Umgang mit Stichsäge, Handbohrmaschine und Ständerbohrmaschine werden trainiert. "Wir simulieren fiktive Kundenaufträge, damit jeder Teilnehmer mit allen Maschinen arbeitet. Dabei denken wir an alles, was Kunden so nachfragen könnten", erklärt Bognanni.

Keine Konkurrenz für Handwerker

Zurück im Betrieb könnten die geschulten Mitarbeiter ihr Wissen weitergeben, zumindest an einzelne Kolleginnen und Kollegen. In der Breite funktioniere das allerdings nicht. "Im Baumarkt ist es schwierig, das Gelernte in vollem Umfang einem Kollegen zu vermitteln", schätzt Bognanni. Die Kurse, die 2021 angelaufen sind, würden sich großer Nachfrage erfreuen. Über zehn von ihnen hätten bereits stattgefunden. Kein Wunder, schließlich ist das Gefahrenpotenzial groß. Bevor Tischler-Azubis an die genannten Arbeitsmittel dürfen, müssen sie mehrere Scheine erwerben. Ansonsten wird ihnen keine Prüfungszulassung erteilt.

Doch außerhalb der Ausbildung gebe es keine solche Regel, weiß der Fachmann: Theoretisch reiche eine Einweisung im Baumarkt aus, damit die Sicherheitsbestimmungen erfüllt seien. Die Holzfachschule sehe in den Kursen eine anspruchsvolle Abwechslung für die Werkstattausbildung: "Wir planen sie fest ein, wann immer es geht. Wir haben nicht immer genügend Räume frei, geschweige denn Dozenten für den Praxisunterricht", betont Bognanni. Die Kurse würden vereinzelt zu verständnislosen Reaktionen bei anderen Kursteilnehmern führen. Der Holzingenieur bleibt jedoch gelassen: "Ich glaube nicht, dass Baumärkte den Handwerkern die Butter vom Brot nehmen."