Ein Auszubildender kostet einen Betrieb pro Jahr im Schnitt 5.400 Euro. Das ist eine Menge Geld. Doch einen Lehrling auszubilden hat auch seinen Nutzen.

Jedes Jahr stehen viele Betriebe vor derselben Entscheidung: Soll ein Azubi eingestellt werden oder nicht? Denn ein Azubi ist keine ausgelehrte Fachkraft, die duale Ausbildung erfordert Zeit und Geduld und kostet daher erstmal ordentlich Geld. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat sich nun in seiner jüngsten Kosten-Nutzen-Erhebung mit genau diesem Thema beschäftigt: Was kostet die Ausbildung die Betriebe aus ökonomischer Sicht und welchen Nutzen liefert sie im Gegenzug?
Jährliche Ausgaben für einen Azubi: knapp 18.000 Euro
Für die Kosten-Nutzen-Erhebung im Ausbildungsjahr 2012/13 befragte das BIBB insgesamt 3.032 Ausbildungsbetriebe und 913 nicht-ausbildende Betriebe. Dabei kam heraus, dass ein Azubi den Betrieb durchschnittlich 17.933 Euro pro Jahr kostet. Diese Bruttokosten setzen sich unter anderem aus den Personalkosten für die Azubis und das ausbildende Personal sowie den Anlage- und Sachkosten zusammen.
Der Azubi gleicht zwei Drittel der Kosten wieder aus
Aber ein Azubi kostet nicht nur Geld, er leistet auch einen Teil der Arbeit. Die Studie zeigt, dass die Betriebe aus den produktiven Beiträgen der Azubis durchschnittlich 12.535 Euro pro Jahr erwirtschaften. Zieht man diese Erträge von den Bruttokosten ab, ergeben sich Nettokosten in Höhe von 5.398 Euro jährlich. Zwei Drittel der Bruttokosten werden somit durch die Leistungen der Azubis wieder ausgeglichen.
Die Kosten für einen Azubi im Detail
Die Bruttokosten für einen Azubi liegen bei durchschnittlich 17.933 Euro jährlich. Davon entfallen durchschnittlich
- 11.000 Euro (62 Prozent) auf die Personalkosten für den Azubi, also auf Ausbildungsvergütung sowie gesetzliche, tarifliche und freiwillige Sozialleistungen.
- 4.125 Euro (23 Prozent) auf Personalkosten der Ausbilder.
- 925 Euro (fünf Prozent) auf Anlage- und Sachkosten. Dazu gehören beispielsweise die Anschaffungskosten für die Werkzeug- und Geräteausstattung des Azubis oder Verbrauchsmaterialien für Unterrichtszwecke.
- 1.866 Euro (zehn Prozent) auf sonstige Kosten. Darin sind unter anderem Kammergebühren enthalten sowie Kosten für die betriebliche Ausbildungsverwaltung.
Hohe Varianz bei Kosten und Erträgen
Alle bisher dargestellten durchschnittlichen Größen weisen laut BIBB jedoch eine hohe Varianz auf, die sich teilweise durch regionale, berufliche oder betriebliche Faktoren erklären lässt. So fallen in Ostdeutschland beispielsweise sowohl die Bruttokosten als auch die Erträge im Schnitt deutlich geringer aus als im Westen. Ursache sind vermutlich die niedrigeren Löhne und Ausbildungsvergütungen.
Je größer der Betrieb, desto höher die Kosten und Erträge
Aber auch die Betriebsgröße beeinflusst die Kosten und Erträge . Dabei gilt: Mit der Betriebsgröße steigen sowohl die Bruttokosten als auch die Erträge . Die geringsten durchschnittlichen Nettokosten haben Betriebe mit zehn bis 49 Beschäftigten. Großbetriebe haben hingegen die höchsten Nettokosten .
Das Handwerk hat im Vergleich geringe Nettokosten
Je nach Ausbildungsbereichen sind die durchschnittlichen Nettokosten ebenfalls unterschiedlich. Der öffentliche Dienst hat mit 8.032 Euro die höchsten Nettokosten , gefolgt von der Hauswirtschaft mit 6.385 Euro sowie Industrie und Handel mit 6.146 Euro. Das Handwerk zählt mit 4.390 Euro pro Azubi und Jahr zu den Bereichen mit den geringeren Nettokosten . Genau wie die freien Berufe mit 3.705 Euro. Die niedrigsten Nettokosten haben die Betriebe im Bereich Landwirtschaft mit 1.293 Euro.
Azubis in dreijährigen Berufen erwirtschaften die höchsten Erträge
Auch die Ausbildungsdauer des jeweiligen Ausbildungsberufes hat einen Einfluss auf Kosten und Erträge. Die jährlichen Bruttokosten sind mit 18.636 Euro in den dreieinhalbjährigen Berufen am höchsten und mit 16.970 Euro in den zweijährigen Berufen am niedrigsten. Dafür sind die Azubis in den dreijährigen Berufen am produktivsten, sie erwirtschaften durchschnittlich Erträge in Höhe von fast 14.000 Euro pro Jahr. Insgesamt belaufen sich die Nettokosten für eine dreieinhalbjährige Ausbildung im Durchschnitt auf über 35.000 Euro, bei den zwei- und dreijährigen Berufen sind es 10.600 beziehungsweise 11.300 Euro.
Fazit: Sinnvoll angelegtes Geld
Trotz der anfänglich hohen Kosten rechnet sich die Ausbildung junger Leute. Ein zentraler Nutzen entsteht vor allem dann, wenn Betriebe ihren Azubi nach der Ausbildung als Fachkraft übernehmen. In diesem Fall müssen ausbildende Betriebe nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt nach Fachkräften suchen und diese zusätzlich einarbeiten. Durch die Übernahme von Ausgebildeten kann ein Betrieb also Such- und Anpassungskosten von Fachkräften einsparen, im Durchschnitt 8.715 Euro je neue Fachkraft. Zusätzlich macht er sich unabhängig vom Arbeitsmarkt und kann eventuelle Ausfallkosten verhindern. Im Durchschnitt übernehmen die Betriebe 60 Prozent ihrer Azubis in ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Ausbildung als Grundlage für Wirtschaftskraft
Dazu kommt: Die Betriebe leisten mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Denn ohne betriebliche Ausbildungsbeteiligung wären die Bereitstellung von Fachkräften und damit die Erhaltung der Wirtschaftskraft sowie die Integration der Jugendlichen in den Arbeitsmarkt in der gegenwärtigen Form nicht zu gewährleisten.
Jährliche Bruttokosten, Erträge und Nettokosten pro Azubi
Stand: Ausbildungsjahr 2012/13 (letzte BiBB-Erhebung)
Ausbildungsberuf | Bruttokosten in Euro | Erträge in Euro | Nettokosten in Euro | Fallzahl (befragte Betriebe im Ausbildungsberuf) |
Insgesamt | 17.933 | 12.535 | 5.398 | 3.032 |
Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik | 15.158 | 10.428 | 4.730 | 37 |
Bäcker/-in* | 12.572 | 15.818 | -3.246 | 21 |
Bankkaufmann/-kauffrau* | 22.212 | 17.339 | 4.873 | 23 |
Bauzeichner/in* | 16.178 | 9.965 | 6.213 | 23 |
Bürokaufmann/-kauffrau | 19.306 | 14.789 | 4.517 | 180 |
Dachdecker/-in | 18.150 | 13.672 | 4.478 | 26 |
Elektroniker/-in** | 12.358 | 13.721 | -1.363 | 41 |
Fachinformatiker/-in | 20.562 | 15.074 | 5.488 | 67 |
Fachkraft für Lagerlogistik | 18.293 | 17.176 | 1.117 | 55 |
Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk | 16.052 | 12.871 | 3.181 | 39 |
Friseur/-in | 10.533 | 7.733 | 2.800 | 67 |
Gärtner/-in | 13.959 | 11.956 | 2.002 | 41 |
Hotelfachmann/-frau | 13.411 | 13.839 | -428 | 43 |
Immobilienkaufmann/-kauffrau | 18.938 | 18.494 | 444 | 40 |
Industriekaufmann/-kauffrau | 22.459 | 18.852 | 3.608 | 82 |
Industriemechaniker/-in | 27.129 | 8.509 | 18.620 | 29 |
Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation | 18.225 | 13.480 | 4.744 | 104 |
Kaufmann/Kauffrau für Marketingkommunikation* | 21.561 | 11.075 | 10.486 | 22 |
Kaufmann/Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung | 16.705 | 18.239 | -1.534 | 40 |
Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzen | 21.823 | 14.197 | 7.626 | 42 |
Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel | 16.923 | 13.997 | 2.926 | 169 |
Kaufmann/Kauffrau im Gesundheitswesen | 15.955 | 14.304 | 1.651 | 28 |
Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel | 15.846 | 16.019 | -173 | 102 |
Koch/Köchin | 16.461 | 11.765 | 4.696 | 87 |
Kraftfahrzeugmechatroniker/-in | 14.327 | 9.733 | 4.595 | 113 |
Landwirt/-in* | 13.368 | 13.259 | 109 | 20 |
Maler/-in und Lackierer/-in | 15.686 | 13.050 | 2.636 | 38 |
Mechatroniker/-in* | 26.339 | 9.065 | 17.274 | 22 |
Mediengestalter/-in Digital und Print | 18.565 | 14.061 | 4.504 | 43 |
Medizinische/-r Fachangestellte/-r | 16.275 | 12.405 | 3.870 | 72 |
Metallbauer/-in | 16.171 | 9.185 | 6.986 | 29 |
Personaldienstleistungskaufmann/-kauffrau* | 17.599 | 16.052 | 1.547 | 23 |
Pharmazeutisch-kaufmännische/-r Angestellte/-r | 18.643 | 12.532 | 6.111 | 25 |
Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte/-r* | 12.902 | 11.329 | 1.573 | 23 |
Rechtsanwaltsfachangestellte/-r | 15.842 | 12.381 | 3.461 | 38 |
Restaurantfachmann/-fachfrau | 13.933 | 11.336 | 2.597 | 32 |
Steuerfachangestellte/-r | 17.279 | 15.247 | 2.032 | 51 |
Tischler/-in | 16.927 | 11.403 | 5.525 | 48 |
Veranstaltungskaufmann/-kauffrau* | 17.567 | 19.471 | -1.904 | 24 |
Verkäufer/-in | 17.763 | 12.810 | 4.953 | 33 |
Verwaltungsfachangestellte/-r | 18.749 | 12.421 | 6.328 | 43 |
Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r | 16.628 | 11.161 | 5.467 | 48 |
Zerspanungsmechaniker/-in* | 26.155 | 6.165 | 19.990 | 20 |
*Eingeschränkter Aussagewert, da der Zahlenwert wegen der geringen Fallzahl statistisch relativ unsicher ist.
**Hierbei handelt es sich um den Handwerksberuf mit den Fachrichtungen Automatisierungstechnik, Energie- und Gebäudetechnik und Informations- und Telekommunikationstechnik.
Infos zur Studie
Die Nettokosten ergeben sich, wenn man von den Bruttokosten jene Erträge abzieht, die von den Auszubildenden erwirtschaftet werden. Im Schnitt wird dies mit 12.500 Euro angegeben. Das heißt: Unter dem Strich kostet ein Auszubildender die Firmen knapp 5.400 Euro – bei einer dreijährigen Ausbildung 16.200 Euro. aro