Kommunikation mit Kunden Warum Betriebe in Krisenzeiten auf Social Media setzen sollten

Energiekrise, Lieferengpässe, Materialmangel: In Krisenzeiten ist eine gute Kommunikationsstrategie gefragt, um Kunden bei der Stange halten. Dabei spielen die sozialen Medien eine Schlüsselrolle, sind sich Kommunikationsexperten einig. Wie Handwerksbetriebe Facebook, Youtube, LinkedIn und Co in schwierigen Zeiten für ihre Botschaften nutzen.

Hand malt Kommunikationssymbole auf gelbem Hintergrund.
In Krisenzeiten braucht es eine gute Kommunikationsstrategie. Die sozialen Medien eignen sich besonders, um die richtigen Botschaften an den Kunden zu bringen, sind sich Kommunikationsexperten einig. - © Gajus - stock.adobe.com

Die Kalkulation hat der Schreiner schon vor Wochen geschickt: Der Garderobenbereich des potenziellen Kunden soll neu gestaltet werden, dafür soll ein Einbau-Garderobenschrank und ein Schuhschrank gebaut werden. Rund 5.000 Euro veranschlagt der Betrieb dafür. Doch als der Kunde den Auftrag erteilen möchte, erreicht er den Schreiner nicht: Der Mann geht einfach nicht an sein Handy, ruft nicht zurück – und E-Mails beantwortet er auch nicht. Irgendwann erreicht ihn der Kunde doch, als er ihn mit unterdrückter Rufnummer anruft. Er könne den Auftrag leider doch nicht annehmen, räumt der Schreiner ein. Denn die Kalkulation lasse sich angesichts weiter gestiegener Holzpreise nicht halten.

Ob rasant gestiegene Energiepreise, hohe Rohstoffpreise oder Lieferengpässe beim Material: Viele Handwerksbetriebe operieren dieser Tage im Krisenmodus. Dazu gehört jedoch auch eine angemessene Strategie im Umgang mit den betroffenen Kunden. Sich wegzuducken, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen und Kundenanfragen zu ignorieren, hilft in der jetzigen Situation nicht weiter. "Schweigen ist alles andere als Gold", findet Jochen Kalka, Geschäftsführer der Berliner PR-Agentur schoesslers. In der aktuellen Lage gebe es nichts zu verschweigen. Schweigen könne sich als Instrument der Krisenkommunikation eignen, wenn man eine Straftat begangen habe. "Aber in diesem Fall sitzen doch alle im gleichen Boot", sagt Kalka. "Wir haben alle Verständnis, wir wollen aber auch alle wissen, wie es weiter geht." Offene, ehrliche, unverkrampfte Kommunikation sei daher in der jetzigen Situation das Mittel der Wahl.

Nichtstun verschärft die Krise

Eine Krise hat immer sehr viel mit Kontrollverlust zu tun. Dafür kann es ganz unterschiedliche Ursachen geben: Einen Shitstorm im Netz etwa, einen eklatanten Managementfehler oder auch einen schweren Unfall auf dem Betriebsgelände. Wichtig ist, ob die Krise selbstverschuldet ist oder, wie aktuell, das Unternehmen Opfer eines Ereignisses ist. Bei selbstverschuldeten Krisen geht es vornehmlich darum, Vertrauen zurückzugewinnen und kontinuierlich zu zeigen, dass man die Situation unter Kontrolle hat. Dagegen müssen Unternehmen in der aktuellen Situation vor allem vermitteln, wie sie die Herausforderungen annehmen, welche Konsequenzen das hat und welche Rolle und Verantwortung sie übernehmen. Ein wichtiger Grundsatz dabei sei die Kommunikation, so Kalka: "Sie wirkt wie ein Steuerrad und muss die Richtung vorgeben."

Aus Sicht des PR-Experten gibt es aktuell nur zwei Möglichkeiten: "Das Nichtstun, das zwangsläufig jede Krise verschärft. Und den offenen Umgang mit der Situation." Eine universelle Strategie gibt es jedoch nicht – sie ist immer von der individuellen Situation des Betriebs abhängig. Aber es gibt zumindest einige Grundsätze, an denen man sich orientieren kann: Wichtig sei es, sich in die Lage des Kunden zu versetzen und sich zu überlegen, welche Informationen für ihn wichtig sind, so Kalka. In der gesamten Kommunikation sollte man dabei grundsätzlich auf Floskeln und Phrasen verzichten. Und, besonders wichtig: Kommunizieren sollte der Chef höchstpersönlich. "Er muss in der Rolle des Kapitäns vermitteln, wo das Unternehmen steht und welchen Kurs es einschlägt", betont Kalka.

In Krisenzeiten Social Media nutzen, um Kunden bei der Stange zu halten

Dabei ist nicht nur die direkte Kommunikation mit den Kunden wichtig – sondern auch das Bild, das das Unternehmen in der Öffentlichkeit abgibt: Die Regionalzeitung, Fachmedien, der örtliche Radiosender oder die sozialen Medien sind ebenfalls geeignete Medien, um die Kunden in diesen Zeiten zu erreichen. "Bei PR – und erst recht bei Krisen-PR – ist das Gießkannenprinzip, also die breite Streuung, meist keine gute Lösung", sagt schoesslers-Geschäftsführer Kalka. "Grundsätzlich sollte sich PR auf klar definierte Ziele fokussieren und damit an klar kalkulierte Zielgruppen richten. Und das sind am Ende der Kette ganz klar die Kunden."

Die sozialen Medien spielen bei der Kommunikationsstrategie eine Schlüsselrolle. "Über Social Media lässt sich in diesen schweren Zeiten hervorragend die Botschaft verbreiten: 'Hurra, wir leben noch! Uns geht es gut, uns wird es auch weiterhin geben.' Bezogen auf die Mitarbeiter wie auf das Unternehmen insgesamt. Dies scheint das Wichtigste", betont Lutz Frühbrodt, Professor für Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. "Und das sollte man nicht nur einmal kommunizieren, sondern immer wieder mal, besonders wenn sich die allgemeine Lage verändert."

Dabei können die sozialen Medien gut dazu genutzt werden, um die Kunden bei der Stange zu halten. "Wichtig ist es, regelmäßig Inhalte zu posten, also mindestens ein- bis zweimal pro Woche", sagt Frühbrodt. "Und natürlich müssen die Inhalte auch einen Nutzwert aufweisen." Das können einerseits konkrete Informationen etwa über Serviceangebote sein, aber ebenso unterhaltende Posts wie etwa Bildergalerien – vor allem Dinge, die dem Mediennutzer in diesen trüben Zeiten ein Lächeln auf die Lippen zaubern.

Krisenzeiten bieten sich an, um neue Kommunikationswege zu testen

Grundsätzlich bieten die verschiedenen Social-Media-Kanäle den Unternehmen reichhaltige Möglichkeiten, ihre Botschaften an den Mann oder die Frau zu bringen und auf diese Weise auf sich aufmerksam zu machen. "Wir können davon ausgehen, dass wir über Facebook und sein Schwesternetzwerk Instagram so gut wie jeden potenziellen Kunden, der auch geschäftsfähig ist, erreichen können", sagt Gerrit Grunert, Geschäftsführer der Berliner Content Marketing Agentur Crispy Content. "Auch YouTube als virtueller TV-Kanal sollte nicht vergessen werden. Eine zielgruppengenaue Aussteuerung von Content ist auch hier möglich und längere redaktionelle Bewegtbildinhalte sorgen für eine stärkere Nutzerbindung als kurze Videos." Darüber hinaus seien Business-Netzwerke wie Xing oder LinkedIn für die Ansprache von Geschäftskunden nützlich. "Die Möglichkeiten im Social Media Marketing sind schier unendlich", so Grunert. Jetzt sei eine gute Gelegenheit, sie zu testen.

Bei aller Krisenkommunikation sollte man sich aber auch schon intensiv Gedanken über die Zeit nach der Krise machen. "Unternehmen sollten frühzeitig mit einer Planung beginnen, wie die Unternehmens- und Kommunikationsstrategien nach der Krise aussehen können", sagt schoesslers-Geschäftsführer Kalka. Und gerade die Betriebe, die sich jetzt bereits mit ihrer Kommunikation für diesen Zeitpunkt befassen, werden dann zu den Gewinnern zählen.