Doppelte Arbeit für Handwerksbetriebe Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge: Ein bürokratisches Ärgernis

Seit vor zehn Jahren die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vorverlegt wurde, haben Betriebe die doppelte Arbeit und ärgern sich über die bürokratische Mehrbelastung.

Daniela Lorenz

Geschäftsführer Frank Dittmar schätzt, dass durch die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge rund vier Stunden mehr Arbeit anfallen. - © Dittmar Baugesellschaft

Doppelt gemoppelt hält besser. Was der Volksmund schönredet, heißt für Handwerker einfach nur doppelte Arbeit. Am 1. Januar 2006 wurde die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vorverlegt. Seitdem müssen sich Handwerker, die ihren Mitarbeitern kein festes Entgelt, sondern Überstunden, Zuschläge etc. auszahlen, jeden Monat zweimal mit der Lohnabrechnung beschäftigen.

Einmal müssen sie die Sozialversicherungsbeiträge schätzen und dann die tatsächliche Lohnabrechnung durchführen. Im folgenden Monat korrigiert die Buchhaltung die Fehler der Schätzung und verrechnet Beiträge mit der Schätzung für den aktuellen Monat.

Schätzung im laufenden Monat

"Es führt auf jeden Fall zu überflüssiger Bürokratie und damit zu Mehrarbeit", sagt Frank Dittmar, Geschäftsführer der Dittmar Baugesellschaft in Guxhagen. Sein Betrieb hat 25 Mitarbeiter. Der Diplom-Ingenieur schätzt, dass durch die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge rund vier Stunden zusätzliche Arbeit in seiner Lohn- und Finanzbuchhaltung anfallen. "Statt zwölf Abrechnungen im Jahr müssen wir im Prinzip 24 machen. Ohne den Einsatz moderner EDV-Software würde diese Arbeit überhaupt nicht mehr zu bewältigen sein. Diese hat natürlich auch wiederum ihren Preis."

Am drittletzten Bankarbeitstag müssen die Beiträge an die Einzugsstellen überwiesen werden. Zwei Tage vorher ist der Beitragsnachweis fällig. Dabei handelt es sich um eine Schätzung, denn mitten im laufenden Monat weiß ein Arbeitgeber oft noch nicht, wie viele Arbeitsstunden bis zum Ende des Kalendermonats definitiv geleistet werden und welche Zuschläge anfallen.

Abrechnung pro Krankenkasse

Hinzu kommt der Aufwand, den genannten Stichtag zur Abgabe der Meldung und Zahlung der Beiträge zu bestimmen. Dieser kann wegen der unterschiedlichen Feiertage in den Bundesländern je nach Standort der Krankenkasse wechseln. Frank Dittmars Betrieb führt Abrechnungen an immerhin bis zu acht Krankenkassen in verschiedenen Bundesländern ab.

Darüber hinaus belastet neben dieser zusätzlichen Bürokratie die vorverlegte Fälligkeit auch die Liquidität von Unternehmen. Sie müssen die Sozialversicherungsbeiträge abführen, lange bevor sie Lohn auszahlen. Betriebe, die mit ihrer Arbeit in Vorleistung gehen wie das Bau- oder Ausbauhandwerk, müssen diese Versicherungsbeiträge jeden Monat vorfinanzieren. Wer knapp bei Kasse ist, muss dafür sogar einen Kredit aufnehmen. "Ich hätte schon damit gerechnet, dass die Regelung irgendwann wieder zurückgenommen wird, denn der finanzielle Engpass der Rentenkassen besteht ja nicht mehr", sagt Frank Dittmar.

Doch die Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen werden für die Auszahlung der gesetzlichen Renten verwendet, die meistens zum Monatsende ausgezahlt werden. "Die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung könnte es wahrscheinlich eher verkraften, ein paar Tage länger auf das Geld zu warten", sagt Marlene Schubert, zuständig für Fragen der Sozialversicherung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung existiere aber kein Puffer.

Verwertbare Zahlen ermitteln

Derzeit wird im Auftrag des Normenkontrollrates und der Bundesregierung ein Forschungsprojekt durchgeführt, das verwertbare Zahlen über die bürokratische und finanzielle Belastung der Regelung und mögliche Lösungsvorschläge ermitteln soll. "Wir hoffen, dass sich dann zeitnah zumindest an der bürokratischen Belastung etwas ändert", sagt Marlene Schubert.