Der Handwerker könnte vor Wut rasen. Schon wieder reklamiert ein Kunde seine Leistung. Doch genau das ist die falsche Reaktion. Denn wer eine Reklamation als Chance sieht, kann seine Betriebsabläufe verbessern und Kunden langfristig an sich binden. Eine Expertin erklärt, wie Handwerker professionell mit Reklamationen umgehen.

"Ganz klassisch ist eine Abwehrhaltung. Viel schlimmer ist es aber, wenn Reklamationen erst einmal beiseitegeschoben oder ignoriert werden", sagt Jasmin Möser. Ihre Meinung: Reklamationen sollten oberste Priorität im Handwerksbetrieb haben. "Denn sie sind der kürzeste Weg, um einen Kunden von sich zu überzeugen und ihn zum Stammkunden zu machen." Die Expertin für Unternehmensführung kleiner Unternehmen erklärt in drei Schritten, wie Handwerker professionell mit Reklamationen umgehen und dadurch zufriedene Kunden gewinnen:
Schritt 1: Gestehen Sie sich ein, dass auch Sie Fehler machen
Der Handwerker ist Meister seines Fachs. Ist es da nicht sein volles Recht, den Kunden eines Besseren zu belehren, die Schuld von sich zu weisen oder ungehalten zu reagieren, wenn dieser mit einer Reklamation auf ihn zukommt? Vielleicht. Im schlimmsten Fall aber ist der Kunde für immer weg. Noch schlimmer: Er trägt seine Unzufriedenheit in die Welt hinaus. Jasmin Möser rät dazu, eine Reklamation immer ernst, aber nicht persönlich zu nehmen. "Gestehen Sie sich ein, dass die Reklamation gerechtfertigt sein könnte. Schließlich macht jeder Mensch mal Fehler – auch Sie", sagt Möser. Nur wenn ein Handwerker die Beschwerde nicht persönlich nimmt, kann er auch professionell darauf reagieren.
Schritt 2: Reagieren Sie ruhig und professionell
Die Haarfarbe sieht nicht so aus, wie der Kunde es sich vorgestellt hat, die Kundin hat sich beim Fensterbauer beschwert, weil die Fenster nicht mehr richtig schließen. Geht etwas "schief", sind auch Kunden oft emotional aufgebracht. Wie reagiert man als Handwerker umso gelassener? Der Tipp der Expertin: "Hören Sie dem Kunden in Ruhe zu. Bleiben Sie cool, indem Sie versuchen, sich auf die Sache statt auf Ihre Emotionen zu konzentrieren. Sollte sich doch Ablehnung in Ihnen breit machen, atmen Sie einmal tief durch." Zusätzlich können zwei Fragen dabei helfen, derartige Kundengespräche zu deeskalieren. Diese lauten:
- "Was ist Ihr Wunsch?" und
- "Was muss jetzt passieren, damit Sie zufrieden sind?".
"Mit diesen Fragen bekommt man jedes Gespräch, das aus dem Ruder läuft, wieder in eine konstruktive Bahn gelenkt. Gleichzeitig gibt das dem Kunden die Chance, konkret zu benennen, welche Änderungen er möchte", so Möser.
Handwerker können sogar noch einen Schritt weitergehen. Indem sie sich beim Kunden für die Reklamation bedanken: "Danke, dass Sie mir sagen, dass Sie nicht mit meiner Arbeit zufrieden sind. Jetzt habe ich die Chance, es besser zu machen". "Hört ein Kunde so einen Satz, fühlt er sich definitiv wertgeschätzt und gut aufgehoben. Die Wahrscheinlichkeit, dass er wiederkommt oder den Handwerker weiterempfiehlt, ist dann sehr hoch", so Möser.
Schritt 3: Bearbeiten Sie die Reklamation sofort
Der Auftrag beim Kunden ist abgeschlossen, nun aber landet eine Bitte um Reklamation im E-Mail-Postfach. Die schiebt der Handwerker erst einmal beiseite – was er besser nicht tun sollte. Denn Reklamation ernst zu nehmen bedeutet auch, sich umgehend um sie zu kümmern. "Rufen Sie beim Kunden an oder – besser noch – fahren Sie persönlich bei ihm vorbei. Eine schriftliche Antwort kann im schlimmsten Fall zu Missverständnissen führen, auch wenn sie nett gemeint ist", weiß Möser. Im konstruktiven Gespräch wird sich dann auf eine Lösung geeinigt. Die kann ganz unterschiedlich aussehen – und muss nicht kostenlos sein. Möser: "Es kann sein, dass sich der Kunde das Ergebnis ganz anders vorgestellt hat. In diesem Fall können Sie zwar eine Nachbesserung anbieten, aber darauf hinweisen, dass die Dienstleistung anders vereinbart war und um eine Nachzahlung bitten." Sind Fehler unterlaufen und es muss nachgearbeitet werden, können Handwerker ihren guten Willen zeigen, indem sie ihrem Kunden ein "Geschenk" machen: "Sie können zum Beispiel einen preislichen Nachlass gewähren oder eine zusätzliche Dienstleistung kostenlos anbieten", sagt Möser.
Fazit: Was können Handwerker aus einer Reklamation lernen?
Abschließend empfiehlt Möser, die Reklamation auch in der Kundendatenbank des Handwerksbetriebes zu hinterlegen. So weiß auch der nächste Kontakt Bescheid und kann die Chance nutzen, den Kunden zu fragen, ob dieser mit dem Service zufrieden war.
Häufen sich die Reklamationen im Handwerksbetrieb, ist das ein Zeichen, genauer hinzusehen. Dann lohne es sich, die vergangenen Reklamationen zu analysieren, so Möser. Handwerkschefs sollten sich genau anschauen, wie oft im letzten Jahr reklamiert wurde, was reklamiert wurde und wofür genau es Kritik gab. "Im zweiten Schritt sollten Sie so selbstkritisch sein, wie nur möglich. Fragen Sie sich: Was war mein Anteil daran, dass der Kunde nicht zufrieden war? Habe ich zum Beispiel schlecht mit ihm oder meinen Mitarbeitern kommuniziert?". Wer diese Fragen ehrlich beantwortet, könne letztlich herausfinden, an welche Stelle es gehakt hat, entsprechende Lösungen finden und langfristig dafür sorgen, dass sich die Abläufe im Handwerksbetrieb verbessern.