Viele Arbeitnehmer in Deutschland halten sich laut einer Studie in ihrem Unternehmen für kaum verzichtbar und gehen auch krank arbeiten. Was gut gemeint ist, schadet Betrieben oft deutlich mehr als eine Krankmeldung.

Ob aus Pflichtbewusstsein, Solidarität oder schlechtem Gewissen - ein Großteil der Beschäftigen hält auch eine Krankheit nicht vom Besuch der Arbeitsstätte ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine noch nicht veröffentlichte Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) über die die Tageszeitung "Welt" vorab berichtet .
Demnach gaben mehr als zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) an, an mindestens einem Tag im vergangenen Jahr gearbeitet zu haben, obwohl sie sich richtig krank gefühlt haben. Fast ein Drittel der Beschäftigten hat sich sogar zwei Wochen oder länger mit Krankheitsbeschwerden in das Unternehmen geschleppt.
Für die Studie des DBG wurden im vergangenen Jahr 4.800 abhängig Beschäftigte befragt.
Milliardenschaden durch Präsentismus
Das große Engagement der Arbeitnehmer erscheint zwar auf den ersten Blick lobenswert, bedeutet in der Praxis aber häufig einen deutlich größeren wirtschaftlichen Schaden als der Arbeitsausfall bei Krankmeldung.
Mehrere Gründe sprechen klar gegen Arbeit trotz Krankheit. Zum einen sind die wenigsten Arbeitnehmer mit den Krankheitssymptomen im Vollbesitz ihrer Kräfte. Mangelnde Kraft und Konzentration kosten das Unternehmen Produktivität und erhöhen das Fehlerrisiko .
Zudem besteht eine erhebliche Gefahr andere Mitarbeiter des Unternehmens anzustecken. Der wirtschaftliche Schaden einer Krankheitswelle in der Firma ist erheblich höher als der Ausfall eines einzelnen Arbeitnehmers.
Wer in seiner Tätigkeit direkt mit Kunden in Berührung kommt, geht bei Krankheit auch die Gefahr ein, diese anzustecken. Das kann für das Unternehmen im schlimmsten Fall sogar Beschwerden und einen Imageschaden nach sich ziehen.
"Wenn man krank ist, bleibt man zu Hause, wenigstens für ein paar Tage, alles andere ist unvernünftig", sagte der Infektionsepidemiologe Udo Buchholz vom Robert Koch-Institut der Welt.
Wissenschaftler beschreiben dieses Phänomen als Präsentismus . Allein die US-Wirtschaft verzeichnet durch Präsentismus einen Produktivitätsverlust von 160 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Zahlen basieren auf einer US-Studie im "Journal of Occupational and Environmental Medicine". sg