Seit dem 20. April 2021 gilt in Deutschland eine angepasste Corona-Arbeitsschutzverordnung. Diese verpflichtet Arbeitgeber dazu, ihren Beschäftigten kostenlose Corona-Tests anzubieten. Das wirft einige praktische Fragen auf. Antworten zur rechtlichen Einordnung geben Sascha Morgenroth und Katharina Siewert von der Kanzlei Simmons & Simmons.

1. Müssen alle Arbeitgeber ihren Beschäftigten ein Testangebot machen?
Die Verpflichtung richtet sich zunächst an sämtliche Arbeitgeber, unabhängig von der Betriebsgröße.
2. Muss allen Mitarbeitern im Unternehmen ein Testangebot gemacht werden?
Die Testangebotspflicht gilt für sämtliche Mitarbeiter, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Zu beachten ist, dass die Testangebotspflicht lediglich eine zusätzliche Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung des Virus darstellt und nicht von der Pflicht zur Einhaltung der geltenden Hygienemaßnahmen entbindet.
3. In welchen Abständen müssen Arbeitgeber einen Corona-Test anbieten?
Jedem Mitarbeiter, der nicht ausschließlich in seiner Wohnung arbeitet, müssen pro Kalenderwoche zwei Corona-Tests angeboten werden. Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Gruppen von Beschäftigten hinsichtlich der anzubietenden Anzahl an Tests erfolgt nicht.
4. Schnell-, Selbst- oder PCR-Tests: Was müssen Arbeitgeber anbieten?
Es können sowohl Antigen-Schnelltests zur professionellen Anwendung oder zur Selbstanwendung sowie PCR-Tests angeboten werden. Entscheidend ist, dass Arbeitnehmern eine Testung mit offiziell zugelassenen Tests ermöglicht wird. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aktualisiert fortlaufend eine Liste der in Deutschland zugelassen Selbsttests.
5. Wie können Arbeitgeber das Testverfahren organisieren?
Das Testverfahren kann auf drei verschiedene Arten organisiert werden. In Betracht kommt zum einen die Zurverfügungstellung von Selbsttests, die Durchführung von Tests durch geschultes Personal des Arbeitgebers, oder die Inanspruchnahme externer Testmöglichkeiten, wie zum Beispiel Testzentren.
6. Wer darf oder muss den Test durchführen?
Das hängt von der jeweiligen Entscheidung bezüglich der Ausgestaltung des Testangebots ab. Stellt der Arbeitgeber Selbsttests zur Verfügung, können diese von den Beschäftigten eigenverantwortlich durchgeführt werden. Beschäftigte sind aber nicht dazu verpflichtet, von dem Angebot Gebrauch zu machen. Sie müssen ihr Testergebnis zudem nicht dokumentieren. Möglich ist auch, die Corona-Tests durch eigenes Personal durchführen zu lassen. Dabei ist sicherzustellen, dass das eingesetzte Personal entsprechend geschult ist. Ansonsten können für den Arbeitgeber Haftungsrisiken entstehen.
7. Wie können Arbeitgeber wirksam nachweisen, dass sie ihren Mitarbeitern ein Testangebot gemacht haben?
Zum einen muss die Beschaffung der erforderlichen Tests dokumentiert werden. Die konkrete Unterbreitung der Testangebote an die betroffenen Mitarbeiter kann im Fall der Zurverfügungstellung von Selbsttests beispielsweise durch eine Empfangsbestätigung erfolgen. Diese sollte bei Ausgabe der Selbsttests in jeder Kalenderwoche erneut von den entsprechenden Mitarbeitern unterzeichnet werden. Lässt der Arbeitgeber die Tests durch geschultes Personal durchführen, so sollte diesem Personal die Dokumentation übertragen werden. Nutzt der Arbeitgeber Dienstleister wie externe Testzentren, um seiner Testangebotspflicht nachzukommen, sind mit diesen geschlossene Vereinbarungen über die Testung der Beschäftigten aufzubewahren. Die Pflicht zur Aufbewahrung der Nachweise besteht bis zum 30. Juni 2021.
8. Was muss bei der Dokumentation beachtet werden?
Wichtig ist, dass rechtssicher – beispielsweise durch datierte Bestellbestätigungen – nachgewiesen werden kann, dass die erforderliche Anzahl von Tests beschafft wurde. Soll die Testangebotspflicht durch Beauftragung externer Dienstleister erfüllt werden, muss nachgewiesen werden können, dass Testangebote in dem erforderlichen Umfang mit diesem vereinbart wurde.
9. Zählt der Corona-Test zur Arbeitszeit?
Die Corona-Arbeitsschutzverordnung sieht lediglich vor, dass die Entscheidung, ob die freiwillige Testung der Beschäftigten innerhalb oder außerhalb der Arbeitszeit der Beschäftigten erfolgt, im Rahmen betrieblicher Vereinbarungen, zum Beispiel per Betriebsvereinbarung, getroffen werden soll. Ohne eine entsprechende Vereinbarung ist in der Regel davon auszugehen, dass jedenfalls die für freiwillig durchgeführte Corona-Tests aufgewendete Zeit grundsätzlich keine Arbeitszeit darstellt.
10. Können Mitarbeiter bei einer Verweigerung des Tests ohne Entgeltfortzahlung nach Hause geschickt werden?
Da Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet sind, sich wöchentlich auf Corona testen zu lassen, dürfen Arbeitnehmer, die sich der Durchführung eines Tests verweigern, nicht unter Ausschluss der Entgeltfortzahlung nach Hause geschickt werden. Etwas anderes kann jedoch für Bereiche gelten, in denen ein wöchentlicher Corona-Test für Beschäftigte durch Rechtsverordnung des jeweiligen Bundeslandes verpflichtend ist. Dies trifft in einigen Bundesländern beispielsweise auf Beschäftigte von Krankenhäusern zu.
11. Wie ist vorzugehen, wenn der Schnelltest ein positives Ergebnis anzeigt?
In diesem Fall sollte der Arbeitnehmer zunächst darum gebeten werden, sich an seinen Hausarzt oder an ein Testzentrum zu wenden, um das Ergebnis verifizieren zu lassen. Weist auch der sodann durchgeführte PCR-Test ein positives Ergebnis aus, werden weitere Maßnahmen durch die Gesundheitsbehörden veranlasst, etwa die Verhängung einer Quarantäne. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass Testergebnisse nicht erfasst und durch den Arbeitgeber gespeichert werden dürfen, da es sich dabei um Gesundheitsdaten der Beschäftigten handelt, die nur unter besonders strengen Voraussetzungen verarbeitet werden dürfen.
12. Bei einem positiven Testergebnis: Wie soll mit Beschäftigten umgegangen werden, die Kontakt mit dem infizierten Mitarbeiter hatten?
Die Kontaktverfolgung erfolgt durch die Gesundheitsämter. Arbeitgeber sind nicht zur Verfolgung möglicher Kontakte verpflichtet. Allerdings kann es zur Vermeidung von Corona-Ausbrüchen im Betrieb ratsam sein, Mitarbeiter, die Kontakt zu einer infizierten Person hatten, ausfindig zu machen und zu informieren. Die Mitteilung hat anonymisiert, also ohne Angabe von personenbezogenen Daten der infizierten Person (wie z.B. Name, Position etc.), gegenüber möglichen Kontaktpersonen im Betrieb zu erfolgen.
13. Wer trägt die Kosten für die Tests?
Die Kosten für die Corona-Tests sind von den Arbeitgebern zu tragen. Eine staatliche Erstattung der Kosten erfolgt nicht.
Anm. d. Red.: Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilt, können Unternehmen bei entsprechenden Umsatzeinbrüchen im Rahmen der Überbrückungshilfe III die Kosten für Schnelltests und Selbsttests als sogenannte „Kosten für Hygienemaßnahmen“ geltend machen. Die Bundesregierung geht von Aufwendungen in Höhe von 130 Euro pro Beschäftigtem bis Ende Juni aus. Diese seien steuerlich absetzbar.
14. Was droht Arbeitgebern, die keine Tests anbieten?
Die Arbeitsschutzbehörden der Länder kontrollieren die Einhaltung der Testangebotspflicht und können diese im Einzelfall durch behördliche Anordnungen durchsetzen. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro.
Sascha Morgenroth ist Partner im Frankfurter Büro der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons und führt die deutsche Arbeitsrechtspraxis. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät schwerpunktmäßig nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen des kollektiven und individuellen Arbeitsrechts.
Katharina Siewert ist als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons tätig und Mitglied der Praxisgruppe Arbeitsrecht. Sie berät nationale und internationale Unternehmen in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.
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