70 Jahre Deutsche Handwerks Zeitung "Unsere Aufgabe ist es, Hintergründe zu erläutern"

Vor 70 Jahren erschien inmitten der Nachkriegswirren die erste Ausgabe der Deutschen Handwerks Zeitung. Seither hat sich viel, aber nicht alles verändert. Verleger Alexander Holzmann, der Enkel des Gründers, spricht im Interview über neue Herausforderungen und über erstaunliche Konstanten in einer sich beständig ändernden Medienlandschaft

Barbara Oberst

"Internet und soziale Medien haben die Rolle der Zeitung verändert", beobachtet Alexander Holzmann. - © DHZ/Ulrich Steudel

DHZ: Herr Holzmann, Sie feiern dieses Jahr 70 Jahre Deutsche Handwerks Zeitung. Welche Bedeutung hat die Zeitung heute am Markt?

Alexander Holzmann: Sie ist die größte Wirtschaftszeitung für das Handwerk in Deutschland, wahrscheinlich sogar in Europa, vielleicht sogar weltweit. Mit einer Druckauflage von über 480.000 Exemplaren und dank der gewachsenen Zusammenarbeit mit 23 Handwerkskammern sind wir ein wichtiges politisches Sprachrohr für das Handwerk in Deutschland.

DHZ: Ist Politik die wichtigste Aufgabe der Zeitung?

Holzmann: Unsere Aufgabe ist ja im Schwerpunkt nicht die allgemeine politische Berichterstattung der Tageszeitungen und Politikmagazine oder die Kommunalpolitik, sondern die Darstellung von politischen Zusammenhängen für das Handwerk und das Aufzeigen der möglichen Folgen und Handlungsoptionen für den Betrieb und den Unternehmer.
Daneben werden von unseren Lesern vor allem die betriebsrelevanten Themenfelder Recht und Steuern geschätzt, in denen wir fachlich versierte Autoren aus der Praxis Sachverhalte erklären lassen, damit sie auch ein Handwerker versteht, der in der Regel über wenige bis gar keine juristische Vorkenntnisse verfügt.
Das Filtern von relevanten Themen, das Einordnen in Zusammenhänge und das Vermitteln von Wissen hat dabei mehr Bedeutung denn je.

DHZ : Warum?

Holzmann: Im Zeitalter von Beschimpfungen wie "Fake News“ geben seriöse Medien dem Leser einen Anker und damit ein Gefühl dafür, welche Informationen glaubwürdig und vertrauenswürdig sind. Bei vielem, was heute im Internet kursiert, weiß man doch nicht, wer es eingestellt hat und ob es bewusst gesteuerte Falschinformationen sind. Wir als seriöses Medienunternehmen stehen für eine qualitativ gut geführte Medienmarke und müssen natürlich umso mehr dem Anspruch an die journalistische Sorgfaltspflicht gerecht werden.

DHZ: Dann haben Internet und Soziale Medien die Zeitung eher bereichert?

Holzmann: Sie haben die Rolle der Zeitung verändert. Unsere Leser wünschen sich zwar noch ganz überwiegend ein gedrucktes Medium, trotz Internet. Aber die Print-Inhalte haben sich stärker in Richtung Hintergrundinformationen und Nutzwert verlagert. Aktualität erreichen wir über unsere Website, die im vergangenen November über eine Million Besucher verzeichnete – sie ist damit wohl das größte branchenübergreifende b-to-b Onlineangebot für das Handwerk in Deutschland.

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DHZ: Als Ihr Großvater vor 70 Jahren die Zeitung gründete, waren das noch andere Dimensionen.

Holzmann: In der ersten Ausgabe der `Bayerischen Handwerker Zeitung‘ von 1949 ist von "größten Schwierigkeiten“ die Rede. In den Nachkriegswirren mussten Verleger und auch die Verbände und Organisationen erst mal wieder dafür kämpfen, eigene Publikationen herauszugeben. Dazu waren wohl aufwändige und nervenzehrende Verhandlungen mit den damaligen Besatzungsmächten von Nöten, insbesondere wenn auch politische Inhalte Gegenstand der Berichterstattung waren. Außerdem war die Infrastruktur in Deutschland am Boden. Als endlich die erste Zeitung erschien, wurde sie nur in Bayern verteilt und bestand aus acht eng beschriebenen Seiten ohne ein einziges Foto.

70 Jahre Deutsche Handwerks Zeitung sind auch ein Spiegel von 70 Jahren deutscher Geschichte. Verleger Alexander Holzmann erläutert die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte. - © DHZ/Deutsche Handwerks Zeitung

DHZ: Das heißt, alles ändert sich?

Holzmann: Nein! Was ich ganz spannend finde, sind die Inhalte der allerersten Ausgabe von ’49: Da geht es bereits um den großen Befähigungsnachweis und um die Rolle der Meisterfrauen –Themen, die auch 2019 noch aktuell sind. Aber wir würden diese Themen heute sicher anders journalistisch aufarbeiten und grafisch gestalten.

DHZ: Ihr Großvater kämpfte mit den Nachkriegswirren. Welche sind Ihre größten Herausforderungen?

Holzmann: Das Umfeld ist härter geworden. Wir sehen uns in fast allen Bereichen, die für uns wirtschaftlich von Bedeutung sind, mehr oder weniger monopolistischen Strukturen gegenüber: Beim Versand bzw. der Zustellung der Zeitung ist es die Post, die uns stetig mit Preissteigerungen konfrontiert. Im Internet sind es Marken wie Google oder Facebook, die von unseren Inhalten profitieren und Einnahmen generieren, diese aber nicht an die Verlage vergüten und dann auch noch kaum Steuern auf die dadurch in Deutschland erzielten Gewinne zahlen. Was wir auch spüren, sind die viel kürzeren Innovationszyklen. Heute finden Technologiesprünge in ein, zwei Jahren statt –und damit ändern sich auch die Ansprüche der Leser und die Anforderungen an unsere Mitarbeiter.

DHZ: Wie werden Sie dem gerecht?

Holzmann: Wir nennen das in unserer strategischen Ausrichtung den "Markenkranz“. Neben der gedruckten Deutschen Handwerks Zeitung bieten wir unseren Lesern aktuelle Informationen über das Internet, via Smart Phone, über eine App, per Newsletter, über die Sozialen Medien, aber auch klassisch über Bücher und Veranstaltungen.

DHZ: Seit dem Jahr 2000 führen sie den Verlag in dritter Generation. Fühlen sie sich mehr der Tradition oder der Moderne verbunden?

Holzmann: Beiden - denn Tradition und Innovation müssen keine Gegensätze sein. Als modernes Medienunternehmen entwickeln wir uns ständig weiter und auch die Zeitung muss sich permanent neu erfinden. Das ist ein evolutionärer Prozess.
Aber ich glaube auch an traditionelle Werte wie die Kaufmannsehre, wie sie mein kürzlich verstorbener Vater verkörpert hat. Ich verwende sehr viel Zeit und Engagement auf die Pflege der Beziehungen zu unseren Partnern, den Handwerkskammern, weil ich an den Wert einer vertrauensvollen, gewachsenen Zusammenarbeit glaube.
Ich finde, das ist auch im 21. Jahrhundert immer noch ein guter Leitfaden, um ein Unternehmen zu führen.

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    Die erste Ausgabe der Bayerischen Handwerker-Zeitung – Vorläuferin der Deutschen Handwerks Zeitung – umfasste acht Seiten und hatte keine Fotos. Sie trägt das Erscheinungsdatum 1. Februar 1949, kam also vor 70 Jahren heraus.

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    Nach intensiver Debatte beschloss der Bundestag 1953 die "Deutsche Handwerksordnung" und schuf damit die Grundlage für die heutige Struktur des Handwerks. Kanzler Konrad Adenauer (CDU) versicherte dem Handwerk im Jahr darauf seine Unterstützung: "Nur Qualitätsarbeit sichert unser Volk." Um 1954 fanden sich vereinzelt Fotos im Innenteil.

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    Für Arbeitnehmer brach 1969 ein goldenes Zeitalter an. Die sozialliberale Koalition aus SPD und FDP verabschiedete im folgenden Jahrzehnt etliche Gesetze, die Betriebsinhaber bisweilen verstimmten, doch Gesellen und Lehrlinge freuten. Zwischen Handwerk und Industrie entbrannten in dieser Zeit häufig Konflikte.

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    Die Ölpreiskrise traf die Industrienationen wie ein Schock, die Arbeitslosigkeit stieg, Firmenpleiten mehrten sich. Der Staat versuchte gegenzuhalten: 1973 wurden Sonntagsfahrverbote verhängt. 1970 erhielt die Zeitung ihren jetzigen Namen: Deutsche Handwerks Zeitung. In dieser Zeit wurde das Titelthema farblich hervorgehoben.

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    Nach dem Fall der Mauer 1989 warb das Handwerk für einen freien Mittelstand in der DDR. Zur Deutschen Handwerks Zeitung kamen mit der Wiedervereinigung sechs Kammern aus den neuen Bundesländern hinzu.

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    Kanzler Gerhard Schröder (SPD) fand beim Amtsantritt 1998 ein geschwächtes Land vor. Seine rot-grüne Regierung senkte die Steuern und brachte die Hartz-Reformen auf den Weg – Vorhaben, die der Wirtschaft entgegenkamen. Andererseits gaben es auch neue Belastungen, so durch die Ökosteuer. Seit 1997 wurde komplett farbig gedruckt.

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    Die Novellierung der Handwerksordnung 2004 war für das Handwerk ein gravierender Einschnitt. Für zahlreiche Berufe wie Orgelbauer, Fliesenleger oder Rolladenbauer entfiel fortan die Meisterpflicht, um sich mit einem Betrieb selbständig zu machen.

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    Die Union vollzog 2011 eine Kehrtwende, die das Handwerk aufschreckte und den Koalitionspartner FDP überrumpelte: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte sich für verpflichtende Lohnuntergrenzen stark. Die Proteste der Wirtschaft waren vergeblich. Vier Jahre später trat der gesetzliche Mindestlohn in Kraft.

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