Fabian Weberbauer ist Messerschmied aus Leidenschaft. Davon leben kann er noch nicht, dafür aber hervorragend entspannen.

"Kling, kling, kling" - dieser metallische, durchdringende Ton war über viele Jahrhunderte in jedem Dorf zu hören, wenn der Schmied sein Werk verrichtete. Und so klingt es auch heute noch bei Fabian Weberbauer. Der Messerschmied hat sich auf einem alten Bauernhof im beschaulichen Mühlhausen bei Würzburg eine Schmiede eingerichtet. Der steinerne Raum, ein ehemaliger Pferdestall, ist nicht groß, vielleicht 15 Quadratmeter. Aber mehr Platz braucht es nicht: "Ein japanischer Messerschmied arbeitet auf zwei mal zwei Meter", sagt er schmunzelnd.
Mit der selbstgebauten Gasesse zügig auf Betriebstemperatur
Die für das Schmiedehandwerk wichtigsten Geräte im mit Ruß und Staub bedeckten Raum sind Esse, so heißt die offene Feuerstelle, Amboss, Schmiedehammer, Härteofen und Schleifgerät. Neben einer Kohlenesse hat Weberbauer eine Gasesse konstruiert, die an der Wand neben der Kohlenesse steht: "Damit geht alles schneller, die Temperatur ist viel schneller erreicht und leichter zu kontrollieren. Die Kohlenesse benutze ich eigentlich nur noch für Damast." Überhaupt hat Weberbauer vieles in der Schmiede nach und nach gesammelt und selbst gebaut. Das Kernstück der Schmiedepresse ist ein LKW-Wagenheber, auch die Abzugshaube über der Kohlenesse ist eine Eigenkreation: "Bevor die da war, bin ich hier drin im Rauch fast erstickt." Die Blechschere hat Weberbauer auf dem Schrottplatz gefunden und wiederinstandgesetzt.
Sobald Weberbauer die Gasesse anwirft, verändert sich die Atmosphäre im Raum schlagartig. Die Gasesse, ein zylinderförmiger, offener Ofen aus Stahl, Keramikfaser und Feuerfestbeton, wird von einer großen Flamme auf circa 1.000 Grad erhitzt. Der Lärm des Gasbrenners erfüllt den Raum, die Temperatur steigt. Weberbauer streift sich eine schwarze Lederschürze über und zieht Schutzhandschuhe an. Dann holt er einen Rohling aus dem Regal und macht sich an die Arbeit. Den Stahl, den er diesmal verwendet, hat er von einem Freund aus der Logistikbranche geschenkt bekommen. "Das sind Abschnitte vom Rohmaterial der Industrie für Kugellager, die werden sonst weggeschmissen. Das ist sehr guter Stahl, der sich hervorragend für Messer eignet." Den Rohling hat er an eine Eisenstange geschweißt, so liegt er gut in der Hand und lässt sich besser bearbeiten. Die Schmiedezange nutzt er nur für die letzten Feinarbeiten.
"Man muss das Hirn einschalten und ständig beobachten"
Den Rohling legt Weberbauer für ein paar Minuten in die Esse, bis er glüht. Zu erkennen, wann der Stahl heiß genug ist, ihn aber auch nicht verbrennen zu lassen, hat er mit der Zeit gelernt: "Da braucht man Erfahrung und Geduld. Und du lernst, so abgedroschen das klingt, Demut. Ich habe ein Haufen Zeug, das ich kaputt gemacht habe, das habe ich alles als Erinnerung aufgehoben. Wenn man das zu schnell macht und nebenbei, dann wird’s halt nix. Man muss das Hirn einschalten und ständig beobachten. Es ist ein laufender, kreativer Prozess und ich merk’ tatsächlich bei jedem neuen Messer: Es wird immer besser."

Weberbauer holt den Rohling aus dem Feuer und beginnt ihn mit dem Hammer zu bearbeiten. Am Anfang sind die Schläge kräftig. Der Rohling ist dick und kann daher länger bearbeitet werden, bevor er abkühlt und wieder ins Feuer muss. Mit der Zeit werden die Schläge sanfter, die Abstände kürzer. Und Weberbauer schaut sich die Form genau an, bevor er den Rohling wieder ins Feuer legt: "Man muss sich schon vorher überlegen, was der nächste Schritt ist, sonst verliert man unnötig Zeit." Nach einer halben Stunde sind bereits deutlich Klinge und Schaft des Messers zu erkennen, die Arbeit wird immer feiner. Von Weberbauers Nase tropft der Schweiß.
Viele Arbeitsschritte bis zum fertigen Messer
Die Arbeitsschritte skizziert Weberbauer im Hof bei einer Tasse Kaffee so: "Zuerst mach ich `ne Zeichnung per Hand. Dann überlegt man sich, welchen Stahl man nimmt für die Anwendung des Messers. Dann wird geschmiedet, wenn der Stahl dafür geeignet ist, oder aus dem Flachstahl das Teil rausgeschliffen. Nach dem Schmieden kommt der Schliff, da macht man die Form im Prinzip fast fertig. Nur an der Schneide lässt man einen halben bis einen Millimeter stehen, das macht man dann am Ende richtig scharf. Dann kommt die Wärmebehandlung, das Härten. Da hat jeder Stahl seine eigenen Temperaturbereiche. Nach dem Härten ist der Stahl glashart, würde also beim Runterfallen einfach zerbrechen. Deshalb muss der Stahl dann nochmal bei 150 bis 250 Grad für etwa eine Stunde angelassen werden, dadurch verliert der Stahl etwas Härte und wird zäher." Die Feinarbeiten wie das Herstellen und Anbringen des Griffs und den Feinschliff macht Weberbauer in seiner Werkstatt. Die liegt im Keller seiner Würzburger Wohnung: "Da mach’ ich alles, was keine Wärmebehandlung benötigt und nicht viel Dreck macht."
"Ich bin dann für mich, hör’ meine Musik und dann ist alles gut"
Der 38-jährige aus Estenfeld bei Würzburg arbeitet hauptberuflich als Bühnenmeister am Würzburger Mainfranken Theater. Vorher hat er viele Jahre als Gießereimeister gearbeitet, daher auch seine Kenntnisse der Metallurgie. Das Messerschmieden macht er zur Zeit noch als Hobby: "Ich mach’ das halt so gern, dass ich das in meiner Freizeit mach’. Ich bin dann für mich, hör’ meine Musik und dann ist alles gut." Weberbauer ist gerade dabei, für seine vierköpfige Familie ein neues Heim zu bauen, da bleibt wenig Zeit für das Schmieden: "Wenn sich da mal alles eingependelt hat, würde ich das schon gerne ändern. Ich würd’ gern mehr Messer machen und weniger hauptberuflich arbeiten, das ist schon das Ziel."
Nächstes Projekt: Ein "Tracker-Knife" für den Trauzeugen
Eine ausführliche individuelle Beratung ist Weberbauer sehr wichtig, schließlich kostet ein handgefertigtes Messer viel Zeit und zwischen 300 bis 400 Euro. Daher versucht er von vornherein, die Wünsche des Kunden mit dem Verwendungszweck des Messers in Einklang zu bringen. Die Beratung geht über die Form des Messers, die Auswahl des Stahls bis zum Material des Griffs. Seine Spezialität sind Küchen-, Jagd- und Steakmesser, er erfüllt aber auch Sonderwünsche wie ein "Tracker-Knife": "Das ist eine ganz spezielle Sorte von Messer, `ne halbe Axt, eigentlich völlig übertrieben. Aber der Typ ist mein Trauzeuge, der ist auch ein bissle übertrieben. Der findet das cool, und dann mach ich’s halt. Ist für mich auch mal was neues." Ein weiteres Projekt ist ein Schwert, das in der Schmiede an der Wand lehnt: "Im Mainfranken Museum in Würzburg hab’ ich mal ein Schwert gesehen, aus dem 13. Jahrhundert. Das hat mich inspiriert. Ich hab’ mir gedacht: So muss ein Schwert ausschauen. Und nachdem ich ja Messer machen kann, kann ich wahrscheinlich auch ein Schwert machen, is’ halt ein großes Messer. Und wie immer hab’ ich da eben Bock drauf und deswegen mach ich’s."
Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Reportage-Projekts des Master-Studiengangs Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt entstanden. Kooperationspartner war die Deutsche Handwerks Zeitung.