Weiterbildung im Handwerk Studium mit Meisterbrief: So können Sie Ihre Mitarbeiter unterstützen

Wer rastet, der rostet. Das wissen auch viele Mitarbeiter von Handwerksbetrieben. Wer sie halten möchte, sollte ihnen Perspektiven und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten.

Janna Degener-Storr

Engagierte Mitarbeiter, die dazu lernen, sind für die Arbeitgeber ein Gewinn. - © zinkevych - stock.adobe.com

Schon als 16-jähriger Schüler verdiente sich Jan Brucker bei der Karl Sikler & Sohn GmbH & Co. KG in Stuttgart sein Zubrot als Ferienaushilfe. Auf die spätere Ausbildung zum Gerüstbauer folgte der Meister. Nach einer Zeit als Bauleiter wollte der junge Mitarbeiter des Handwerksbetriebs noch weiterlernen – und zwar an der Hochschule. Bei seinen Recherchen stieß er auf den Bachelor-Studiengang "BWL – Handwerk"der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart. Jan Brucker stellte fest, dass sein Arbeitgeber Sikler von der DHBW bereits als dualer Partner anerkannt war. Und er bekam von seinen Vorgesetzten Rückenwind bei seinen Studienplänen.

Zwischen Theorie und Praxis

Drei Jahre lang beschäftigte sich der Student also mit Fragen von Unternehmensführung und Abteilungsleitung. Dabei wechselten sich jeweils eine dreimonatige Theoriephase an der Hochschule mit einer dreimonatigen Praxisphase beim Arbeitgeber ab, wo er von der Buchhaltung und dem Finanzwesen über den Einkauf und die Beschaffung bis zur Personalführung die unterschiedlichsten Bereiche des etwa siebzig Mann starken Unternehmens kennenlernte. "Innerhalb einer relativ kurzen Zeit konnte ich mir so das theoretische betriebswirtschaftliche Wissen aneignen und gleich lernen, wie es in der Praxis umgesetzt wird“, erinnert sich der junge Mann, der nach Studienabschluss den nächsten großen Karriereschritt machte.

Fachkräfte aus den eigenen Reihen

Viele junge Handwerker und Handwerkerinnen machen heute wie Jan Brucker die Erfahrung, dass sich durch Weiterbildungen viele neue Türen öffnen. Gerade für Meister und Meisterinnen ist vor allem das Studium eine interessante Option, die sich viele nicht entgehen lassen möchten. Ein duales Studium mit dem Arbeitgeber als Praxispartner ist nur eine Möglichkeit, berufsbegleitende Teilzeit- oder Fernstudiengänge sind eine weitere. Engagierte Mitarbeiter, die dazu lernen und über den Tellerrand schauen möchten, sind aber auch für die Arbeitgeber ein Gewinn.

Jan Brucker weiß das inzwischen aus eigener Erfahrung, denn er hat bei Sikler mittlerweile Personalverantwortung für vierzig Mitarbeiter und ist selbst immer auf der Suche nach Fachkräften. Für seinen Arbeitgeber hofft er, dass sich weiterhin junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Meisterbrief für den Schritt ins Studium entscheiden, um später Führungsaufgaben übernehmen zu können. Er als Vorgesetzter kann dabei eine entscheidende Rolle spielen.

7 Tipps für Betriebe, die ihren Mitarbeitern das Studium ermöglichen möchten

1. Bedeutung des Studiums verstehen:

Wenn Mitarbeiter sich weiterbilden können, wirkt sich das positiv auf ihre Motivation aus. Und im besten Fall profitiert das Unternehmen auch von den Fachkenntnissen sowie den Kontakten, die sich aus dem Studium ergeben.

2. Engagement der Mitarbeiter wertschätzen:

Ein Studium, womöglich neben dem Beruf, zu bewältigen, kostet viel Zeit und Energie. Wer an den Wochenenden Präsenzveranstaltungen besucht und bis in die Abendstunden büffelt, ist vielleicht manchmal k.o. Und wer vorrübergehend nur noch wenig Zeit für Familie, Freunde, Hobbys und Entspannung aufbringen kann, reagiert möglicherweise leichter gereizt. Wenn Unternehmen dies anerkennen, fühlen sich die Mitarbeiter gesehen.

3. Anreize zum Studium geben:

Wenn Arbeitgeber Entwicklungsmöglichkeiten oder sicherere Perspektiven im Betrieb an einen erfolgreichen Studienabschluss knüpfen, kann das eine zusätzliche Motivationsquelle für Mitarbeiter sein. Im Idealfall schaffen Arbeitgeber hier etwa durch vertragliche Regelungen Verbindlichkeit für den Fall, dass während der Studienphase zum Beispiel die Geschäftsführung wechselt. Im Gegenzug kann das Unternehmen vom Mitarbeiter beispielsweise natürlich auch Garantien verlangen, zum Beispiel eine Mindestverweildauer nach Abschluss des Studiums.

4. Flexibel auf Bedürfnisse reagieren:

Je nach Aufbau und Organisation des Studiums können zum Beispiel Präsenz- oder Prüfungsphasen anfallen, die sich für die studierenden Mitarbeiter besonders anstrengend darstellen. Wenn möglich, können Führungskräfte ihre Mitarbeiter während solcher Zeiten im Betrieb entlasten. Wie sich die Bedürfnisse von Betrieb und Mitarbeiter am besten unter einen Hut bringen lassen, kann man im gemeinsamen Gespräch klären.

5. Finanzspritzen leisten:

Arbeitgeber können beispielsweise die Kosten für anfallende Studiengebühren, Materialien wie Lehrbücher, Fahrtkosten oder eine zusätzliche Wohnung am Studienort (teilweise) übernehmen. Denkbar ist auch, dass sie den studierenden Mitarbeitern entgegenkommen, indem sie ihnen bei reduzierter Stundenzahl weiter das volle Gehalt zahlen. Vorteil: Solche Investitionen lassen sich steuerlich geltend machen.

6. Fachlich beratend zur Seite stehen:

Studierende Mitarbeiter können davon profitieren, wenn ihnen Führungskräfte und qualifizierte Mitarbeiter mit Rat und Tat zur Seite stehen und bei Bedarf zum Beispiel Anregungen geben, welche Themen sich aus Praxissicht für eine Abschlussarbeit eignen. Auch Kooperationen mit Hochschulen sind denkbar, wodurch auch Kontakte zu weiteren angehenden Führungskräften geknüpft werden können. Betriebe, die noch einen Schritt weiter gehen möchten, können wie Sikler das Zulassungsverfahren einer Hochschule durchlaufen und so Praxispartner für einen dualen Studiengang werden.

7. Weiterbildungsmöglichkeiten aufzeigen:

Arbeitgeber können auch Mitarbeiter zum Studium motivieren, die vielleicht selbst noch gar nicht auf die Idee gekommen sind oder sich diesen Schritt zunächst nicht zutrauen. Idealerweise haben Führungskräfte die Potentiale ihrer Mitarbeiter im Blick und beraten sie regelmäßig zu Weiterbildungsmöglichkeiten und beruflichen Perspektiven.

Infobox

Im Stuttgarter Studiengang BWL – Handwerk (Bachelor of Arts) werden die Studierenden generalistisch ausgebildet. Die Dualen Partner kommen aus allen Gewerken des Handwerks oder aus handwerksnahen Bereichen sowie der Dienstleistung bzw. dem Mittelstand. Die Absolventen sind nach dem Studium typischerweise als Führungskraft, als Nachfolger, etwa von elterlichen Betrieben, oder als Existenzgründer tätig. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart (DHBW Stuttgart) bietet den Studiengang seit Oktober 1988 an und verzeichnet bereits über 600 erfolgreiche Absolventen und Absolventinnen. Ansprechpartner ist Prof. Dr. Michael Knittel, Leiter des Studiengangs BWL-Handwerk an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart: Tel. 0711/1849-629, michael.knittel@dhbw-stuttgart.de .