Energiepreispauschale und mehr Steuer: 10 neue Steuerinfos im Spätsommer

Neue Tipps und Hinweise aus dem Steuerrecht: Von der steuerfreien Energiepreispauschale für jedermann über einen Musterprozess zum Investitionsabzugsbetrag bis zur Vermeidung von Steuern auf Trinkgelder.

Arbeitgeber können Mitarbeitern steuerfrei eine Bildschirmarbeitsplatzbrille anbieten. - © Edler von Rabenstein - stock.adobe.com

1. Energiepreispauschale steuerfrei?

Die Energiepreispauschale für Erwerbstätige (EPP) in Höhe von 300 Euro war bisher nur für Beschäftigte steuerfrei, die 2022 ausschließlich im Rahmen eines Minijobs (=geringfügige Beschäftigung) tätig waren. Nun gibt es jedoch eine neue Steuerbefreiung. Denn hat der Arbeitgeber die EPP im Jahr 2022 nicht ausbezahlt, sondern das Finanzamt hat die EPP im Einkommensteuerbescheid 2022 festgesetzt und ausbezahlt, greift der sogenannte Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG. Danach bleiben Einnahmen wie die EPP in Höhe von jährlich bis 410 Euro steuerfrei, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben.

2. Wahlrecht bei Betriebsveräußerung

Bei Betriebsaufgabe oder -veräußerung haben selbstständige Handwerker ein Wahlrecht. Sie können eine ermäßigte Besteuerung beantragen. Der Haken daran: Das geht nur ein einziges Mal, selbst wenn der Handwerker nach und nach mehrere Betriebe aufgibt oder veräußert. Wird für eine Betriebsveräußerung die ermäßigte Besteuerung beantragt und die einmonatige Einspruchsfrist gegen den Steuerbescheid ist abgelaufen, ist der Bescheid bestandskräftig und die ermäßigte Besteuerung kann – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr zurückgenommen werden (BFH v. 20.04.2023, Az. III R 25/22). Für die Praxis bedeutet das: Wer mehrere Betriebe hat, sollte mit seinem Steuerberater vorausschauend planen, für welchen dieser Betriebe wohl der höchste Aufgabe- beziehungsweise Veräußerungsgewinn anfallen würde. Und nur für diesen Betrieb sollte dann die ermäßigte Besteuerung beantragt werden.

3. Spielregeln für steuerfreie Trinkgelder

Bekommt der Chef vom Kunden Trinkgeld, liegen umsatzsteuerpflichtige Betriebseinnahmen vor. Stecken Kunden dagegen Arbeitnehmern Trinkgeld zu, ist diese Zusatzzahlung nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei. Bei Lohnsteuerprüfungen des Finanzamts kommt es jedoch immer wieder vor, dass die Steuerfreiheit für Trinkgelder an Beschäftigte versagt wird. Und zwar, wenn der Arbeitgeber die Trinkgelder sammelt und anschließend an alle Beschäftigten aufteilt. Das begründen die Finanzbeamten mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs zu Trinkgeldern an Mitarbeiter einer Spielbank (BFH, Urteil v. 18.12.2008, Az. VI R 49/06). In der Bundestags-Drucksache 20/7148 vom 9. Juni 2023 stellt die Bundesregierung jedoch klar, dass dieses Urteil nicht auf andere Branchen wie Friseure oder Gaststätten anzuwenden ist. Kassiert der Chef also alle Trinkgelder ein und verteilt diese anschließend an Beschäftigte, ist die Steuerfreiheit nach dieser Aussage nicht gefährdet.

4. Arbeitszimmer und Homeoffice-Pauschale

Das Bundesfinanzministerium hat ein Schreiben zu den neuen Steuerspielregeln hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers und zur Homeoffice-Pauschale veröffentlicht (BMF-Schreiben v. 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/ 19/10006: 027). Wichtig: Selbst, wenn ein Arbeitnehmer oder ein Unternehmer die Voraussetzungen für das häusliche Arbeitszimmer erfüllt, kann er sich für die Homeoffice-Pauschale von
6 Euro pro Tag, maximal 1.260 Euro pro Jahr entscheiden. Insbesondere bei Unternehmern, die ein Arbeitszimmer in ihrem Eigenheim nutzen, ist die Homeoffice-Pauschale steuerlich sicherer. Denn es kann passieren, dass das Finanzamt nach den Regelungen in § 8 Einkommensteuerdurchführungsverordnung das Arbeitszimmer im Eigenheim als Betriebsvermögen einstuft. Das bedeutet, dass beim Verkauf des Eigenheims oder Aufgabe des Betriebs der Wertzuwachs für das Arbeitszimmer versteuert werden müsste.

5. Investitionsabzugsbetrag durchboxen?

Beträgt der Gewinn des Jahres maximal 200.000 Euro, profitieren Selbstständige vom Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG. Dadurch dürfen für innerhalb der nächsten drei Jahre geplante Investitionen ins bewegliche Anlagevermögen bereits 50 Prozent der voraussichtlichen Netto-Investitionskosten vom Gewinn abgezogen werden. Doch welcher Gewinn ist gemeint? Der Steuerbilanzgewinn oder der Steuerbilanzgewinn korrigiert um nicht abziehbare Betriebsausgaben? Beispiel: Der Selbstständige weist in der Bilanz 2022 einen Gewinn von 198.000 Euro aus. Das Finanzamt erhöht diesen um nicht abziehbare Gewerbesteuerzahlungen und um 30 Prozent nicht abziehbare Bewirtungskosten. Der korrigierte Gewinn beträgt 205.000 Euro. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat klargestellt, dass der Steuerbilanzgewinn maßgeblich ist (Urteil v. 02.05.2023, Az. 10 K 1873/22). Das letzte Wort hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH, Az. X R 14/23).

6. Kosten für Studium der Kinder

Studiert der Nachwuchs, um später den handwerklichen Betrieb der Eltern zu übernehmen? Dann könnten Eltern auf die Idee kommen, mit den Kindern ein Vertragsverhältnis einzugehen. Der elterliche Betrieb übernimmt sämtliche Studienkosten, zieht diese Kosten als gewinnmindernde Betriebsausgaben ab und das Kind verpflichtet sich dafür, nach erfolgreichem Studium für eine bestimmte Zeit im Betrieb mitzuarbeiten. Die Idee ist eigentlich gut, doch die Finanzämter und die Gerichte spielen leider meist nicht mit. So auch in einem aktuellen Fall (FG Münster, Urteil v. 25.05.2023, Az. 5 K 3577/20). Dazu wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (BFH, Az. VIII B 63/23). Betriebsinhaber, die ähnliche Idee mit ihren Kindern haben, sollten mit ihrem Steuerberater die Chancen abstimmen. Dass es funktionieren kann, beweist ein Urteil des BFH aus dem Jahr 2012 (Az. VIII R 49/10).

7. Bonuszinsen auch Bausparvertrag

Ein alter Bausparvertrag ist für viele ein Goldstück wegen der hohen Guthabenzinsen. Enthält der Vertrag eine Klausel, dass es Bonuszinsen gibt, wenn der Bausparvertrag nicht in Anspruch genommen wird, stellt sich die Frage, wann diese Bonuszinsen versteuert werden müssen? Gute Nachricht: Steuern auf Bonuszinsen werden erst fällig, wenn das Geld auf dem Girokonto landet, weil der Sparer das Bauspardarlehen nicht in An­spruch nimmt (BFH v. 15.11.2022, Az. VIII R 18/20).

8. Steuerfreie Brille für den Bildschirmarbeitsplatz

Benötigt ein Mitarbeiter eine spezielle Bildschirmarbeitsplatzbrille, darf ihm der Arbeitgeber diese spendieren. Die Zuwendung ist steuerfrei. Voraussetzung ist, dass die medizinische Notwendigkeit vom Betriebs- oder Augenarzt bescheinigt wird. Die Steuerfreiheit gilt allerdings nicht für herkömmliche Lesebrillen.

9. Frist für Steuererklärungen 2022

Von Selbstständigen ohne Steuerberater erwartet das Finanzamt bis 2. Oktober 2023 die elektronische Übermittlung der Steuererklärungen für 2022. Fristverlängerungen gibt es nur in Ausnahmefällen wie einer akuten Erkrankung. Wer keinen Steuerberater hat und die Frist nicht schaffen wird, sollte dann doch vielleicht einen Steuerberater mit der Gewinnermittlung 2022 und mit dem Ausfüllen der Steuererklärungen 2022 beauftragen. Der Clou: Dann erwartet das Finanzamt die Abgabe der Steuererklärungen frühestens am 31. Juli 2024. Die Beauftragung eines Steuerberaters nimmt steuerlichen Druck und verhindert, dass das Finanzamt einen Schätzungsbescheid verschickt.

10. Sonderausgabenabzug für Geschenkspenden

Werden Gäste einer Geburtstags- oder Trauerfeier gebeten, für gemeinnützige Organisationen zu spenden, stellt sich die Frage, wem der Sonderausgabenabzug zusteht. Nach einer Verfügung der Finanzverwaltung lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Zwei Konstellationen sind denkbar. Erstens: Die Gäste spenden das Geld direkt an die gemeinnützige Organisation. In diesem Fall steht den tatsächlichen Spendern der steuerliche Sonderausgabenabzug zu. Selbst dann, wenn sie bei der Spende den Namen des Gastgebers im Betreff erwähnen. Zweitens: Etwas anderes gilt, wenn der Gastgeber das Geld erhält und spendet. Dann steht dem Gastgeber der Sonderausgabenabzug zu.