Die Wertschätzung des Arbeitgebers ist ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Doch wie kann ein Lob nachhaltig wirken? Zehn Tipps im Überblick.

Vielen Chefs fällt das Loben offensichtlich schwer. Nur jeder vierte Mitarbeiter wird gelobt und gänzlich fehlendes Lob ist eine der häufigsten Ursachen für Frustration und Unzufriedenheit. Auch neuere Untersuchungen zeigen, dass ehrliches Lob Leistungen verbessert, die Motivation verstärkt und die Produktivität nachweisbar erhöht.
Doch ein "Schulterklopfen" zwischen Tür und Angel und einige nette Worte mit einem saloppen "Das haben Sie wieder mal gut gemacht" wird nicht unbedingt eine berauschende Wirkung zeigen.
Der Autor Marco de Micheli erklärt in seinem "Leitfaden für erfolgreiche Mitarbeitergespräche und Mitarbeiterbeurteilungen", dass Lob vor allem individuell, spezifisch, talentbezogen und - das Wichtigste überhaupt – ehrlich und glaubwürdig sein sollte.
Es gilt, einige wenige Regeln und Verhaltensarten zu berücksichtigen - und nicht ein Psychologiestudium zu absolvieren oder in die Rolle eines Therapeuten schlüpfen zu müssen -, um Lob authentisch und nachhaltig zu praktizieren:
Zehn Tipps für nachhaltiges Loben
1. Angemessen und persönlich loben
Mit echtem emotionalem Engagement au sgesprochenes Lob wirkt besonders authentisch und ehrlich. Und bei besonderer Anerkennung und Wertschätzung: Sprechen Sie Ihr Lob nicht einfach nebenbei aus, bitten Sie Mitarbeiter zuweilen sogar in Ihr Büro und nehmen Sie sich für Ihr Lob einige Minuten Zeit. Nur alle Schaltjahre einmal zu loben, wenn ein Mitarbeiter eine herausragende Topleistung gezeigt hat, ist genauso falsch, wie ihm bei jeder Kleinigkeit auf die Schulter zu klopfen und stereotypes Lobsprüchlein von sich zu geben. Und: Zu viel des Guten an Lob kann übrigens geradezu süchtig machen. Lob sollte daher au sgewogen, also nicht zu selten aber auch nicht zu häufig au sgesprochen werden. Kommt es zu oft und zu leicht über die Lippen, lässt die Wirkung schnell einmal nach und die Glaubwürdigkeit leidet ebenso darunter.
2. Talente und Fähigkeiten fokussieren
Beziehen Sie Ihr Lob genau auf die Leistung, für die der Mitarbeiter es verdient hat und - besonders wichtig - sprechen Sie die damit gezeigten konkreten Fähigkeiten und Stärken an. Rücken Sie dabei bestimmte Talente und Fähigkeiten in den Vordergrund: hohe Qualitätsansprüche, Genauigkeit, Verantwortungsbewusstsein. Es ist legitim, dabei jene Qualifikationen besonders hervorzuheben, die für Ziele und Aufgaben auch künftig von Bedeutung sind und gefördert werden sollten. Und es ist in höchstem Masse motivierend, wenn ein Mitarbeiter bemerkt, dass man seine Stärken und Talente kennt und diese würdigt. Dies ist auch in Mitarbeitergesprächen ein wichtiger Punkt.
3. Unternehmensbeitrag und Zielorientierung
Machen Sie dem Mitarbeiter klar, welche Bedeutung seine Leistung für Unternehmen oder Team hat – wie beispielsweise ein exzellenter Kundenservice die Marktführerschaft sicherstellt. Aber auch eine sehr hilfreiche Unterstützung des Vorgesetzten mit besonderer persönlicher Dankbarkeit verbunden kann es sein. Damit erkennt der Mitarbeiter, welchen Teilbeitrag er mit seiner Leistung erbracht hat. Diese Gewissheit und Erkenntnis stärken vor allem in Verbindung mit dem gezeigten Talent oder der spezifischen Fähigkeit das Selbstwertgefühl und den Stolz auf die erbrachte Leistung zusätzlich.
4. Nachhaltig und wirksam loben
Wer nach einem Lob umgehend wieder zur Tagesordnung übergeht, kann den Eindruck erwecken, nun lediglich die Pflicht des Schulterklopfens erfüllt zu haben. Man sollte Mitarbeitern die Möglichkeit geben, deren lobenswerten Leistungen zu reflektieren. Dies kann heissen, auf weitere positive Resultate der Leistungen hinzuweisen, eine weitere noch anspruchsvollere Aufgabe ähnlicher Art in Aussicht stellen oder einen Tag darauf mit Freude die Anerkennung anderer der guten Leistung zu nennen. Damit verstärkt man die Relevanz der Leistung, die Glaubwürdigkeit und die Ehrlichkeit der erbrachten Anerkennung.
5. Keine Versagensangst auslösen
Man sollte nicht zu viel und nicht nur Spitzenresultate und gute Leistungen loben, sondern zuweilen auch für Einsatz, Beharrlichkeit, Ausdauer, Fortschritte und andere nicht nur leistung sgebundene Verhaltensweisen lobende Worte finden. Damit verhindert man Angst vor dem Versagen, vor Zielverfehlung oder "Lobesentzug". Wichtig ist es daher auch, ein angstfreies Arbeitsumfeld zu ermöglichen, indem Fehler zwar angesprochen, aber als Lernchance erkannt und als Lernprozess genutzt und kommuniziert werden. Wird dann gar Zuversicht in die Lernfähigkeiten des Mitarbeiters geäussert, werden sogar Fehler in anerkennbare Chancen umgewandelt.
6. Nie mit Kritik vermischen
Anerkennung wahllos und nach dem Giesskannenprinzip auszuschütten, ist kontraproduktiv. Mitarbeiter haben ein sehr feines Sensorium dafür, wie ehrlich und aufrichtig Lob gemeint ist. Je konkreter, individueller, emotionaler und respektzollender Lob au sgesprochen wird, desto eher ist die Aufrichtigkeit zu erkennen. Besonders wichtig ist auch: Das Lob relativierende Kritik vernichtet die Wirkung des Lobes, da so die Zuckerbrot-Peitsche-Absicht erkannt und viel eher die Kritik als das Lob als Gesprächsanlass vermutet wird. Kritik zwischen Lob zu verstecken, auch als Sandwich-Methode bezeichnet, ist zwar auch in Mitarbeitergesprächen beliebt, aber ebenso nicht zu empfehlen.
7. Nicht nur Spitzenleistungen und Stars loben
Sicher verdienen es Spitzenleistungen, herausragende Erfolge oder für das Unternehmen besonders wertvolle Leistungen, entsprechend anerkannt und gelobt zu werden. Doch auch Lösungsansätze und Teilerfolge oder zuweilen ganz einfach auch zuverlässig erbrachte Routineleistungen von Sachbearbeitern zu loben ist wichtig, da so auch das Selbstvertrauen gestärkt wird. Nur schon das Interesse an der Arbeit oder an einem Projekt kommt positiv an. Und Anerkennung sollte nur unter vier Augen au sgesprochen werden. Schnell einmal können andere Mitarbeiter sich zurückgesetzt fühlen oder beglückte Kollegen als Karrieristen abtun. Eine Gruppe oder ein Team darf als Ganzes gelobt werden, aber immer nur unter konsequentem Einbezug aller.
8. Lob mit Gefühlen ist authentischer
Trockenes und sachliches Lob ist nicht immer der beste Weg, vor allem wenn es zwischen Tür und Angel zu einem Instant-Lob wird. Zeigt man aber starke und ehrliche Gefühle, etwa Begeisterung für die bewiesene Leistung oder ruft den Mitarbeiter zu sich ins Büro und erzählt mit Freude, in welch hohen Tönen sich der Geschäftsführer an der Wochensitzung über die neue Idee geäussert hat, verstärkt man das Lob. Zeigt man gar einen faktischen Beleg der anerkannten Leistung, etwa das Kompliment eines Kunden-E-Mails zu einer erzielten Verbesserung, erreicht man vor allem bezüglich Glaubwürdigkeit noch mehr und erhöht den Wert der Leistung.
9. Anerkennung nicht nur mit Worten
Besonders engagierte und initiative Mitarbeiter können den Wert einer Leistung sehr oft sehr gut einschätzen. Über das Lob mit Worten hinaus gibt es auch andere subtile oder zusätzliche Formen der Anerkennung, die entsprechend nachhaltig wirken und wiederum die Glaubwürdigkeit steigern. Das Fragen um einen Rat, das Interesse an einer Meinung unter Würdigung des Fachwissens oder eines besonderen Talents, ein verlängertes Wochenende oder gar ein Abendessen mit dem Lebenspartner wegen vieler Überstunden zeigen Mitarbeitern, dass deren erbrachte Leistung mehr Wert ist als ein Schulterklopfen und einige aufmunternde Worte.
10. Taktisches Lob wird schnell entlarvt
Lob wird zuweilen auch aus rein taktischen Gründen eingesetzt – was kontraproduktiv ist. Es sind dies Zementierung und Verdeutlichung von Hierarchien, wenn es beispielsweise jovial und gönnerhaft ausfällt, das Erkaufen von Rückendeckung, Zustimmung, Loyalität und billigen Ansporn zu noch mehr Einsatz und das nur der "Ruhigstellung" aufmüpfiger Mitarbeiter dienende Lob. Diese Formen der Anerkennung sind oft unehrlich und unglaubwürdig und werden von Mitarbeitern schneller durchschaut, als viele Führungskräfte meinen.
sg