Im vergangenen Jahr haben die Aktien kleiner und mittlerer Unternehmen Federn lassen müssen. Maßgeblich dafür waren die Zinssteigerungen und damit die Erwartung höherer Finanzierungskosten für diese Unternehmen. Die überproportionalen Kursrückgänge bei Small und Mid Cap-Firmen machen deren Bewertungen jetzt aber besonders interessant.

Als die Bewertungsblase an der Börse im Jahr 2000 platzte, stiegen in den Folgejahren die Kurse von Titeln aus dem MDAX und dem SDAX. Zum Beispiel Krones (ISIN DE0006335003), Henkel (ISIN DE0006048432), OMV (ISIN AT0000743059), Baywa (ISIN DE0005194005), Südzucker (ISIN DE0007297004) oder K+S (ISIN DE000KSAG888), um nur einige zu nennen, während DAX und Co. um mehr als die Hälfte einbrachen. Es waren eben Nebenwerte mit soliden Kennzahlen und Aussichten. Davon gab es seinerzeit sehr viele. Aktuell könnten wieder unterbewertete und weniger beachtete Firmen der zweiten und dritten Reihe die Börsengewinner des Jahres 2023 werden.
Günstiges Kurs-Buchwert-Verhältnis
Es ist nachgewiesen, dass der Größeneffekt in der Langzeitbetrachtung eine signifikante Überrendite von Small Caps liefert. Jedoch kommen Small Caps regelmäßig im Vorfeld von Wirtschaftsabschwüngen besonders unter Druck. Wegen der Konjunktursorgen fielen kleinere Börsenunternehmen auch 2022 relativ stark. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt nun bei eins (S&P Europe Small Cap). In der Indexbetrachtung ist das ein Drittel unter dem Niveau der klassischen Large-Cap-Aktien. Das ist Rezessionsniveau. Normalerweise werden kleinere Unternehmen mit einem Bewertungsaufschlag zu Großkonzernen gehandelt.
Neben dem Bewertungsabschlag liegt eine Chance im enormen Investitionsbedarf in der nachhaltigen Fertigung von Industriegütern. Mittelgroße und kleinere Börsenfirmen sind genauso wie die großen Mitstreiter meist weltweit tätig. Sie sind oft Marktführer in der Nische und können sich im Preiskampf gut behaupten. Der europäische Mittelstand baut beispielhaft in Mexiko, China oder Vietnam seine Aktivitäten aus und hilft so auch den großen Konzernen bei ihrer de-Globalisierungsstrategie.
Renaissance der europäischen Industrie
Die Renaissance traditioneller europäischer Industrieunternehmen sollte man nicht unterschätzen. So gibt es hier eine Ausrüstungsindustrie, die die Branche der Erneuerbaren Energie Industrie beliefert oder anderen Unternehmen hilft, energieunabhängiger zu werden. Europäische Small und Mid Caps entwickeln intelligente Gebäude, effizientere Fertigungsprozesse und Infrastrukturnetze oder sind im Energiemanagement tätig.
Weil die sehr großen Finanzinvestoren wenig Interesse an Werten mit geringer Marktkapitalisierung haben, entstehen hier Ineffizienzen. Aufwendigere aktive Fondsmanagement-Ansätze können hier Mehrwerte liefern, auch wenn es teurer ist.
Zum Autor: Gottfried Urban ist Geschäftsführer der Urban & Kollegen GmbH Vermögensmanagement in Altötting.