Lohnpfändung Seit 1. Juli: Neue Pfändungsfreigrenzen in Kraft

Alle zwei Jahre erhöht sich der Grundbetrag des unpfändbaren Einkommens. Die neuen Pfändungsfreigrenzen sollten Unternehmen bei der Lohnabrechnung unbedingt beachten, denn die Nutzung veralteter Werte kann hohe Kosten für den Arbeitgeber mit sich bringen.

Alle zwei Jahre erhöht sich der Grundbetrag des unpfändbaren Einkommens. - © Joachim Lechner - stock.adobe.com

Die Corona-Krise hält Deutschland weiterhin im Griff. Die Gefahr eines deutlichen Anstiegs von Insolvenzen bleibt also bestehen – auch bei Privatpersonen. Diesen privaten Schuldnern bleibt dabei stets ein Betrag ihrer Einkünfte, der gesetzlich gesichert ist und nicht von Gläubigern eingefordert werden darf.

Die Grenzen für den Schutz vor gesetzlicher Pfändung erhöhen sich immer im Zwei-Jahres-Rhythmus. Dieses Jahr, 2021, stieg zum 1. Juli der unpfändbare Betrag für Arbeitnehmer von 1.178,59 Euro auf 1.252,64 Euro. Bei einer Pfändung des Einkommens darf dieser sogenannte Pfändungsfreibetrag nicht berührt werden.

Die neue Pfändungsfreigrenze greift im Falle einer Lohnpfändung durch einen Gläubiger des Arbeitnehmers und auch, wenn der Arbeitnehmer Privatinsolvenz angemeldet hat. Generell dürfen alle in Geld zahlbaren Vergütungen gepfändet werden. Dazu zählen etwa neben dem normalen Monatslohn auch Entgeltfortzahlungen, wie im Falle von Mutterschaft oder Krankheit. Urlaubsgeld darf, solange es sich im üblichen Rahmen bewegt und die Höhe vom monatlichen Gehalt nicht überschreitet, allerdings nicht gepfändet werden.

Handwerksbetriebe aufgepasst

Handwerksbetriebe sollten unbedingt auf die neuen Pfändungsfreigrenzen vorbereitet sein, da bei der Nutzung der veralteten Grenzwerte neben einem großen Mehraufwand auch spürbare finanzielle Verluste die Folge sein können. Nehmen wir folgendes Beispiel:

Ein Arbeitnehmer eines Handwerksbetriebes wird gepfändet oder gerät in ein Insolvenzverfahren. Sein Lohn wird gepfändet und sein Arbeitgeber überweist ihm aus Unwissenheit beispielsweise den unpfändbaren Grundbetrag auf Basis der alten Grenze von 1.178,59 Euro. Daraufhin klagt der Arbeitnehmer und fordert die Differenz von 74,05 Euro von seinem Betrieb zurück. Dieser muss nicht nur die Differenz zahlen, sondern auch für die Prozesskosten aufkommen.

Der Betrieb könnte versuchen, sich das Geld von den Pfändungsgläubigern des Arbeitnehmers oder dem Insolvenzverwalter zurückholen ─ diese haben schließlich eine zu hohe Summe erhalten. Doch da es umständlich und zeitraubend ist, diese Forderungen durchzusetzen, entscheiden sich viele Unternehmen, dies nicht zu tun. Die Arbeitgeber zahlen also doppelt, wenn sie den Differenzbetrag nicht von den Gläubigern zurückbekommen: einmal an den Arbeitnehmer und ein zweites Mal an die Gläubiger – in diesem Beispielfall immerhin schon 148,10 Euro.

Allgemein gilt: Arbeitgeber können sich die Mehrkosten oder den zusätzlichen Aufwand durch die Lohnpfändung nicht von den Gläubigern bezahlen lassen, sie können diese Kosten also nicht von dem pfändbaren Betrag in Abzug bringen. Auch dem Arbeitnehmer darf nichts vom unpfändbaren Lohn einbehalten werden. Möglich wäre das nur, wenn im Arbeitsvertrag eine sogenannte Kostenüberbürdung mit dem Arbeitnehmer vereinbart worden ist.

Mehraufwand und Kosten vermeiden

Zunächst erscheinen Beträge wie 74,05 Euro als keine unternehmensgefährdenden Summen. Doch wenn mehrere Personen diesen Differenzbetrag einfordern, können die Kosten schnell in die Höhe von mehreren Hundert Euro steigen – und das für jeden Monat, in dem der Arbeitgeber die veralteten Pfändungsfreigrenzen verwendet.

Hinzukommen noch weitere Hindernisse, die die Beträge erhöhen können. Zu beachten ist, dass der Pfändungsfreibetrag steigt, wenn ein Arbeitnehmer Unterhalt zahlen muss. Hier liegt der Betrag für die erste Person jetzt bei 471,44 Euro statt vorher 443,57 Euro. Für jede zweite bis fünfte Person sind monatlich nun jeweils weitere 262,65 Euro anstatt zuvor 247,12 Euro fällig. Bei einem Arbeitnehmer mit zwei Kindern würde ein Unternehmen folglich jeden Monat zwei Mal 117,45 Euro zu viel bezahlen.

Die Umstellung auf die neuen Grenzwerte muss unmittelbar ─ direkt bei Inkrafttreten ─ geschehen. Verantwortliche in Handwerksbetrieben tun also gut daran, die seit dem 01. Juli geltenden neuen Pfändungsfreigrenzen im Blick zu haben. Die nächste Erhöhung steht 2023 an, bereits jetzt lohnt sich dafür eine Erinnerung im Kalender.

Das Pfändungsschutzkonto

Ein Pfändungsschutzkonto, oder umgangssprachlich P-Konto, ist eine besondere Variante eines normalen Girokontos für Menschen, die von Einkommenspfändung betroffen sind. Das P-Konto funktioniert im Grund wie ein normales Girokonto, nur dass die sogenannten "unpfändbaren Sockelbeträge" automatisch vor dem Zugriff der Gläubiger gesichert werden. Hat der Schuldner unterhaltspflichtige Kinder, erhöht sich der gesicherte Betrag dementsprechend.

Um ein P-Konto zu erhalten, muss es bei einer Bank beantragt werden. Alternativ kann auch ein bereits bestehendes Girokonto umgewandelt werden. Dabei muss die von Pfändung bedrohte Person versichern, nur über ein einziges solches Konto zu verfügen. Bei Vorliegen einer Kontopfändung muss die Bank das Konto innerhalb von vier Tagen umwandeln.

Die Autorin: Dr. Elske Fehl-Weileder ist seit 2005 im Geschäftsbereich Insolvenzverwaltung / Internationale Insolvenzverwaltung von Schultze & Braun tätig. Die Fachgebiete der Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenzrecht sind ─ neben der Insolvenzverwaltung ─ der deutsch-chinesische Rechtsverkehr und das chinesische Insolvenzrecht.