Pfändungsschutzkonto Neue Pfändungsfreigrenzen: Worauf Betriebe achten sollten

Jedes Jahr erhöht sich der Grundbetrag des unpfändbaren Einkommens. Die seit 1. Juli 2023 geltenden Pfändungsfreigrenzen sollten Unternehmer bei der Lohnabrechnung im Auge behalten, denn veraltete Werte zu nutzen, kann hohe Kosten für den Arbeitgeber mit sich bringen.

Alle zwei Jahre erhöht sich der Grundbetrag des unpfändbaren Einkommens. - © Joachim Lechner - stock.adobe.com

Nach den Zahlen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform galten Ende 2022 in Deutschland rund 5,9 Millionen Verbraucher als überschuldet – ein Rückgang im Vergleich zu 2021 um knapp 300.000. Angesichts der anhaltende Krisenlage geht Creditreform jedoch davon aus, dass sich dieser Trend umkehren dürfte. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Handwerksbetrieb früher oder später damit zu tun hat, dass sich ein Mitarbeitender in einer finanziellen Schieflage befindet und etwa sein Lohn gepfändet wird.

Wichtig ist jedoch: Privaten Schuldnern bleibt dabei – und auch im Fall einer Privatinsolvenz – stets ein Betrag ihrer Einkünfte, der gesetzlich gesichert ist und nicht von Gläubigern eingefordert werden darf. Im Umkehrschluss bedeutet das für Arbeitgeber, dass bei einer Pfändung des Einkommens der sogenannte Pfändungsfreibetrag nicht berührt werden darf.

Die Grenzen für den Schutz vor gesetzlicher Pfändung erhöhten sich bis 2020 immer im Zwei-Jahres-Rhythmus, nun erfolgen die Erhöhungen jährlich - jeweils zum 1. Juli. Dieses Jahr ist der unpfändbare Betrag für Arbeitnehmer von 1.330,16 auf 1.402,28 Euro gestiegen.

In Geld zahlbare Vergütungen

Generell dürfen alle in Geld zahlbaren Vergütungen gepfändet werden. Dazu zählen etwa neben dem normalen Monatslohn auch Entgeltfortzahlungen, wie im Falle von Mutterschaft oder Krankheit. Urlaubsgeld darf, solange es sich im üblichen Rahmen bewegt und die Höhe vom monatlichen Gehalt nicht überschreitet, allerdings nicht gepfändet werden.

Handwerksbetriebe sollten unbedingt auf die neuen Pfändungsfreigrenzen achten, da bei der Nutzung der veralteten Grenzwerte neben einem großen Mehraufwand auch spürbare finanzielle Verluste die Folge sein können. Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer eines Handwerksbetriebes wird gepfändet oder gerät in ein Insolvenzverfahren. Sein Lohn wird gepfändet und sein Arbeitgeber überweist ihm aus Unwissenheit beispielsweise den unpfändbaren Grundbetrag auf Basis der alten Grenze von 1.330,16 Euro. Daraufhin klagt der Arbeitnehmer und fordert die Differenz von 72,12 Euro von seinem Betrieb zurück. Die Folge: Der Handwerksbetrieb muss nicht nur die Differenz zahlen, sondern auch für die Prozesskosten aufkommen.

Der Betrieb könnte zwar versuchen, sich das Geld von den Pfändungsgläubigern des Arbeitnehmers oder dem Insolvenzverwalter zurückholen – diese haben schließlich eine zu hohe Summe erhalten. Doch da es umständlich und zeitraubend ist, diese Forderungen durchzusetzen, entscheiden sich viele Unternehmen, dies nicht zu tun. Die Arbeitgeber zahlen also doppelt, wenn sie den Differenzbetrag nicht von den Gläubigern zurückbekommen: einmal an den Arbeitnehmer und ein zweites Mal an die Gläubiger – in diesem Beispielfall immerhin schon 144,24 Euro.

Das Pfändungsschutzkonto

Ein Pfändungsschutzkonto, oder umgangssprachlich P-Konto, ist eine besondere Variante eines normalen Girokontos für Menschen, die von Einkommenspfändung betroffen sind. Das P-Konto funktioniert im Grund wie ein normales Girokonto, nur dass die sogenannten „unpfändbaren Sockelbeträge“ automatisch vor dem Zugriff der Gläubiger gesichert werden. Hat der Schuldner unterhaltspflichtige Kinder, erhöht sich der gesicherte Betrag dementsprechend.

Um ein P-Konto zu erhalten, muss es bei einer Bank beantragt werden. Alternativ kann auch ein bereits bestehendes Girokonto umgewandelt werden. Dabei muss die von Pfändung bedrohte Person versichern, nur über ein einziges solches Konto zu verfügen. Bei Vorliegen einer Kontopfändung muss die Bank das Konto innerhalb von vier Tagen umwandeln.

Allgemein gilt: Arbeitgeber können sich die Mehrkosten oder den zusätzlichen Aufwand durch die Lohnpfändung nicht von den Gläubigern bezahlen lassen, sie können diese Kosten also nicht von dem pfändbaren Betrag in Abzug bringen. Auch dem Arbeitnehmer darf nichts vom unpfändbaren Lohn einbehalten werden. Möglich wäre das nur, wenn im Arbeitsvertrag eine sogenannte Kostenüberbürdung mit dem Arbeitnehmer vereinbart worden ist.

Mehr Aufwand und Kosten vermeiden

Zunächst erscheinen Beträge wie 72,12 oder 144,24 Euro als keine unternehmensgefährdenden Summen. Doch wenn mehrere Personen diesen Differenzbetrag einfordern, können die Kosten schnell in die Höhe von mehreren Hundert Euro steigen – und das für jeden Monat, in dem der Arbeitgeber die veralteten Pfändungsfreigrenzen verwendet.

Hinzu kommen weitere Besonderheiten, die die Beträge erhöhen können. Zu beachten ist, dass der Pfändungsfreibetrag steigt, wenn ein Arbeitnehmer Unterhalt zahlen muss. Hier liegt der Betrag für die erste Person jetzt bei 527,76 Euro statt vorher 500,62 Euro. Für jede zweite bis fünfte Person sind monatlich nun jeweils weitere 294,02 Euro anstatt zuvor 287,90 Euro fällig. Bei einem Arbeitnehmer mit zwei Kindern würde ein Unternehmen folglich jeden Monat zwei Mal 105,38 Euro zu viel bezahlen.

Die Umstellung auf die neuen Grenzwerte muss unmittelbar – direkt bei Inkrafttreten – geschehen. Verantwortliche in Handwerksbetrieben tun also gut daran, sich den 1. Juli und die seitdem geltenden neuen Pfändungsfreigrenzen als wichtiges Datum und bedeutende Neuerung zu markieren. Die nächste Erhöhung steht 2024 an, bereits jetzt lohnt sich dafür eine Erinnerung im Kalender.

Die Autorin

© Schultze & Braun

Die Autorin: Dr. Elske Fehl-Weileder ist seit 2005 im Geschäftsbereich Insolvenzverwaltung/Internationale Insolvenzverwaltung von Schultze & Braun tätig. Die Fachgebiete der Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenzrecht sind - neben der Insolvenzverwaltung - der deutsch-chinesische Rechtsverkehr und das chinesische Insolvenzrecht.