Es ist, als beträte man ein sakrales Bauwerk, einen Tempel oder eine Kathedrale. Tatsächlich ist es aber ein Tempel des Genusses: das Fujiyama, ein neues Restaurant in der Nürnberger Innenstadt, das vor allem durch seine besondere Bauweise beeindruckt. Zwei mittelfränkische Schreinereien waren an der Umsetzung beteiligt.

Es sind die vier Meter hohen Wände, die mit einer ausgeklügelten Lamellentechnik in Holz verschalt sind, und das überaus interessante Spiel zwischen Licht und Schatten, die zu dieser Wirkung beitragen. “Die Ästhetik der Schattenwirkung im Innenraum und der meditative Ausblick in den Stadtraum bezieht sich auf die japanische Tempel-Architektur“, erklärt Matthias Niemeyer, geschäftsführender Architekt und Design-Direktor der Nürnberger Architekturwerkstatt Bermüller + Niemeyer, die das Architekturkonzept des Fujiyama entworfen hat. “Vor allem bei den Tempeln und Schreinen in Kyoto und Nara wird dies erlebbar, die ich während meines Studien- und Forschungsaufenthaltes kennen gelernt habe.“
Schatten mit Wirkung
Nun wurde das Fujiyama, Restaurant für Sushi und Asia-Gerichte, vom Callwey Verlag zum “Schönsten Restaurant in Deutschland 2021“ gekürt. An der Realisierung beteiligt waren auch die beiden mittelfränkischen Schreinereien Alfred und Christian Blos und Georg Schrepfer – sie setzten die Entwürfe der Nürnberger Architekturwerkstatt um.
Daumenkino in Holz
Dem CNC-Zentrum Georg Schrepfer GmbH oblag die Aufgabe, über 2.400 individuell CNC-gefräste Fichten-Leimholzplatten mit 27 Millimeter Stärke herzustellen. “Von den über 2.400 Platten ähnelte bei 2.200 Platten kein Teil dem anderen“, erzählt Thomas Zubnar, Projektmanager für CNC-Fertigung. Die fertigen Platten wurden dann für eine möglichst natürliche Optik und angenehme Haptik geschliffen und mit schlichtem Klarlack versehen.
In 3.000 Einzelteile zerlegt haben die Mitarbeiter der Schreinerei Blos diese im Gastraum und im 45-Grad-Winkel auf flächenbündigen senkrechten Leisten mit Nut-Feder-System an den Wänden befestigt und eingebaut. Dabei war die Art der Ausführung alles andere als marginal, sondern im Gegenteil sehr wichtig: “Wie bei einem Daumenkino“, erzählt Schreinermeister Christian Blos, “verändert sich jede Lamelle ein bisschen. Bei der Montage muss man deshalb äußerst genau auf die exakte Reihenfolge der einzelnen Lamellen achten.“ Dazu hatten Architekten, Schreiner und CNC-Fachleute ein effizientes System mit festgelegter Reihenfolge von mehreren Bauabschnitten geplant, um die Baustelle möglichst effizient zu organisieren.
Jedes individuelle Passstück erhielt einen einzigartigen, identifizierbaren Code eingraviert, sodass das “Puzzle“ gut zusammengesetzt werden konnte. “Ein Vorteil war dabei die örtliche Nähe von Architekturbüro und den beauftragten Betrieben“, resümiert Thomas Zubnar. “Ein Projekt in dieser Komplexität wäre sonst nicht umsetzbar gewesen.“
Nachhaltiges Design, fließende Struktur
Das Ergebnis dieser eng vernetzten Zusammenarbeit kann sich sehen lassen. Entstanden ist eine fließende Wellenstruktur aus Fichtenholzlamellen und Filzelementen. Eine Raumskulptur, die nun gleichzeitig Decke und Wände des Gastraums umspielt und abwechslungsreiche Sitzgelegenheiten im Gastraum mit angenehmen Lichtakzenten schafft.
Die zu den Holzlamellen parallel verlaufenden Akustik-Paneele sorgen nicht nur für eine gute Raumakustik. Viel mehr leisten sie durch einen smarten Upcycling-Prozess aus PET Flaschen auch einen hohen Beitrag zum nachhaltigen Design und tragen ganz nebenbei durch feuchteregulierende Eigenschaften auch zum Wohlfühlklima im Restaurant bei. “Unser Ziel ist es, den Gast in den Mittelpunkt innerhalb der begehbaren Skulptur zu setzen“, so die Architekten. Die dunkle Farbigkeit des Innenraumes zusammen mit dem natürlichen Farbton des Holzes lassen die feinen Kochkünste des Sushi-Meisters zur Geltung kommen. Damit sorgt das Zusammenspiel von Architektur, Handwerk und Kochkunst für ein unvergessliches Ambiente.