Noch hat die Mehrheit der Mittelständler die Krise gemeistert. Doch Risse zeigen sich – das signalisiert eine Sparkassen-Analyse.

Bisher hat das Gros mittelständischer Betriebe die wirtschaftliche Krise gut überstanden. Gleichwohl warnt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vor eine Überlastung der Unternehmen. "Es wäre schon viel geholfen, wenn der Staat sie nicht weiter durch zu viel Auflagen und Bürokratie bremsen würde", sagte Präsident Helmut Schleweis bei der Vorstellung einer Mittelstandsanalyse. Außerdem müsse der Staat für niedrigere Energiepreise, für eine schnellere Digitalisierung und ein auskömmliches Fachkräfteangebot sorgen. In einigen Branchen tauchten schon Risse im Fundament auf, warnte er mit Blick auf Bauwirtschaft, Gastronomie und Einzelhandel.
Absage an Industriestrompreis
Als drängendste Aufgabe sieht Schleweis die Stabilisierung der Energiekosten. Den viel diskutierten Industriestrompreis lehnt er ab. "Wir brauchen für eine begrenzte Zeit die pragmatische Nutzung aller verfügbaren Energien und eine schnellere Wende hin zu regenerativen Energien", meinte er. "Statt neue Subventionen wie einen Industriestrompreis zu etablieren, sind Senkungen bei der Stromsteuer und eine Reform der Netzentgelte sehr viel schneller und wirksamer." Davon profitierten nicht nur wenige Großunternehmen, sondern auch mittelständische Betriebe.
Schlechtere Gewinnprognosen in den meisten Branchen
Wie Schleweis weiter sagte, wird es für Unternehmen zu einer Herausforderung, eine zufriedenstellende Ertragslage zu erhalten. "Unsere Prognose für die Gewinnentwicklung zeigt unter dem Strich für die meisten Branchen nach unten." Im vergangenen Jahr sei es der großen Mehrheit der mittelständischen Unternehmen gelungen, ihre Umsätze um 14 Prozent und ihre Gewinne um 17 Prozent zu erhöhen. Noch liege die Eigenkapitalquote im Schnitt bei 38 Prozent, berichtete er mit Blick auf die 300.000 untersuchten anonymisierten Bilanzen von Firmenkunden der Sparkassenfinanzgruppe aus dem vergangenen Jahr. Schleweis verwies allerdings auf rückläufige Auftragseingänge in Industrie und Bauwirtschaft sowie auf real sinkende Einzelhandelsumsätze und ein weiterhin hohes Preisniveau.
Schleweis: Korrektur der Wohnungsbauförderung nötig
In der Bauwirtschaft sind die Auftragseingänge nach Angaben des DSGV mittlerweile auf das Niveau von 2016 zurückgegangen. Sorgenkind bleibe vor allem der Wohnungsbau. Die Sparkassen spürten einen deutlichen Rückgang bei gewerblichen Wohnimmobilienfinanzierungen. Sie seien gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 um mehr als die Hälfte geschrumpft. Nötig seien jetzt "gute Rahmenbedingungen zum Bauen", forderte Schleweis. Um Baukosten zu senken, sollte das Baurecht vereinfacht werden. Für selbstgenutztes Wohneigentum sollte die Grunderwerbsteuer abgeschafft werden.
Kritisch sieht der DSGV die aktuelle Wohnungsbauförderung für Familien auf Bundesebene. Die Nachfrage im Sparkassenverbund liege angesichts der aktuellen Förderbedingungen derzeit im zweistelligen Bereich. Die Einkommensgrenze von 60.000 Euro (plus 10.000 Euro pro Kind) sei für den Bau oder Erwerb eines EH-40-Hauses "unrealistisch gering".