Brandhüterin, Energieberaterin, Glücksbringerin Ruß und Messtechnik: Ein Tag mit Schornsteinfegerin Schmitt

Lena Schmitt ist eine von wenigen Schornsteinfegerinnen in Deutschland. Die 22-Jährige macht ihre Arbeit in Würzburg mit Leidenschaft und beweist, dass nicht nur Männer auf Dächer steigen und sich die Finger schmutzig machen können. Zudem ist der Beruf vielfältiger als ihre Kunden denken. Ein Einblick in ihren Alltag als Glücksbringerin.

Schornsteinfegerin Lena Schmitt
Lena Schmitt unterwegs auf den Straßen Würzburgs mit einem vollen Eimer Ruß, der beim Kaminkehren entstanden ist. - © Meike Schulig

An diesem Montagmorgen sind die Straßen und Bäume von Würzburg noch von einer glitzernden Frostschicht der Nacht bedeckt. Lena Schmitt ist schon länger auf den Beinen – ihr Tag als Schornsteinfegerin beginnt früh. Eine halbe Stunde vor ihrem ersten Termin ist sie im Büro. Hier bespricht sie sich mit ihrem Chef und checkt Mails sowie Anrufbeantworter, bevor sie sich auf den Weg macht.

Schmitts erste Station für heute ist der Würzburger Golfclub. Dort kontrolliert sie in der Küche zunächst die Dunstabzugshaube nach Fettablagerungen. "Schaut gut aus", bestätigt sie dem Mitarbeiter des Clubs. Danach geht es für sie auf den staubigen Dachboden, um die Abgasleitung zu prüfen. Die schmale Holzleiter, die dort hinaufführt, ist steil. "Manchmal muss ich auch etwas klettern oder durch enge Gänge kriechen", sagt sie gelassen. Zuletzt müssen im Keller die Heizungsanlagen geprüft werden, die sich hinter vollen Getränkeregalen verstecken.

"Wenn wir unsere Arbeit nicht richtig machen, kann es gefährlich werden"

Nicht selten verbinden Hausbesitzer mit ihrem Beruf lediglich das Kaminkehren. "Aber diese Tätigkeiten gehören genauso zu meinem Alltag", erklärt sie. In ihrem Beruf als Schornsteinfeger geht es vor allem darum, die Bereiche zu kontrollieren, in denen es zu Bränden oder Kohlenmonoxid-Vergiftungen kommen könnte. Dazu gehören Schornsteine ebenso wie Abgasleitungen, Öfen, Heizungs- und Lüftungsanlagen. "Ich mag, dass das, was wir machen, wichtig ist. Wenn wir unsere Arbeit nicht richtig machen, kann es gefährlich werden." Das treibt sie neben ihrer Freude bei den Tätigkeiten jeden Tag an.

Mit einem speziellen Messgerät checkt Schmitt den Sauerstoff- und Kohlenstoffmonoxid-Gehalt, die Temperatur und den Wirkungsgrad in der Heizungsanlage. Die gemessenen Daten gibt sie hinterher in ihr Tablet ein: Alles im normalen Bereich. Währenddessen steht sie auf Zehenspitzen auf einer kleinen, wackeligen Leiter. Aufgrund ihrer Größe benötigt sie häufig eine Tritthilfe, um an die höher platzierten Geräte zu kommen. Das stört sie aber nicht weiter. Irgendwas zum Draufstellen gebe es immer, versichert sie. Manchmal bittet sie auch jemanden, den wackelnden Hocker oder Stuhl festzuhalten.

Schornsteinfegerin Lena Schmitt
Lena Schmitt beim Schornsteinfegen auf dem Dachboden. Mit ihrer Taschenlampe leuchtet sie in das Innere des Kamins. - © Meike Schulig

Eine von wenigen

In einem männerdominierten Handwerk ist Schmitt eine von wenigen weiblichen Schornsteinfegerinnen. In Deutschland ist in diesem Beruf lediglich etwa jede zehnte Person weiblich. "Soweit ich weiß, bin ich die Einzige in der Stadt Würzburg", sagt sie. Manchmal sind die Menschen immer noch überrascht, wenn sie vor ihrer Tür steht. "Ab und an muss man sich schon einen dummen Spruch anhören. So nach dem Motto, ob man das überhaupt schaffe. Man ist es ja leider gewohnt als Frau", sagt sie schulterzuckend. Alles in allem seien die Menschen aber sehr freundlich, versichert sie. Mit der Zeit hat sie die Häuser und Menschen in ihrem Bezirk kennengelernt.

Die nächste Arbeit für heute wartet in einem Mehrfamilienhaus. Hier soll Schmitt den Kamin kehren. Bevor sie hinein geht, zieht sie sich neben ihrem Auto noch das klassische Kehroutfit aus schwarzer Jacke und weißem Halstuch an, das sie vor Schmutz schützt. Die zweireihigen goldenen Knöpfe auf der Jacke schimmern in der Vormittagssonne. "Den traditionellen Zylinder ziehen wir eigentlich nie auf", sagt sie, während sie ihre Kehrausrüstung zusammenpackt.

Unverzichtbar: Kaminkehren

In diesem Haus schüren die Bewohner häufig ihre Öfen, weshalb Schmitt hier dreimal anstatt zweimal im Jahr vorbeischaut. Auf dem knarzenden Dachboden des Hauses lässt sich eine kleine Klappe öffnen, die ins Innere des Schornsteins blicken lässt. Eine alte, glänzende Rußschicht bedeckt die Steinwände, die früher bereits zu einem Brand geführt hatte. Mit dem klassischen Stoßbesen kehrt sie nach oben und mit der Kehrleine nach unten entlang des Kamininneren. Schmitt arbeitet dabei ruhig und ordentlich – jeder Schritt ist durchdacht.

Im Keller des Hauses sammelt sie den heruntergefallenen Ruß mit einer kleinen Schaufel am Boden des Schornsteins wieder ein. Kleine, dunkle Staubwolken treten auf, als sie den Ruß sorgsam in den Eimer fallen lässt. Einer der Bewohner des Hauses hat mitbekommen, dass Schmitt da ist und erkundigt sich neugierig nach dem Kamin. Er freut sich immer, wenn Schmitt kommt und nach dem Rechten sieht. Während sie den restlichen Ruß einsammelt, hackt er im Nebenzimmer schon das nächste Holz für seinen Ofen. "Bis zum nächsten Mal. Ich komme dann wieder im Frühjahr", verabschiedet sie sich bei dem älteren Herrn.

Lena Schmitt in klassischer Montur. Die goldenen Knöpfe sollen demjenigen Glück bringen, der sie berührt.

Berufliche Glücksbringerin

Die meisten Menschen reagieren positiv auf Schmitt. "Mit unserem Beruf wird häufig das Thema Glück verbunden", erklärt sie. Vor allem, wenn sie im klassischen Kehroutfit und mit Kehrausrüstung unterwegs ist, freuen sich die Menschen sie zu sehen. "Wenn mich Leute fragen, lasse ich sie natürlich gerne einen meiner goldenen Knöpfe berühren, um ihnen ein bisschen Glück zubringen", ergänzt sie. Der Ruf der glücksbringenden Schornsteinfeger stammt noch aus dem Mittelalter. Durch das Reinigen der Schornsteine verhinderten sie schon damals Brände und brachten den Bewohnern somit Glück ins Haus.

An ihrem Beruf gefällt Schmitt vor allem die Abwechslung. Zum einen durch die Kombination aus Zeit für sich allein und dem Kontakt mit Menschen und zum anderen durch die verschiedenen Aufgaben. Mal das klassische Kaminkehren, ein anderes Mal die Kontrolle der Heizungen und Leitungen oder das Arbeiten im Büro. Auf das Kaminkehren auf Dächern freut sie sich aber immer besonders. "Die Aussicht ist einfach herrlich", sagt sie lächelnd. Höhenangst sollte man in dem Beruf besser keine haben, dennoch ist es wichtig einen gesunden Respekt vor der Höhe zu behalten. Sonst handle man leichtsinnig, erklärt sie.

Energieberatung und Meisterbrief

Momentan macht Schmitt ihre Weiterbildung zur Meisterin, denn sie plant bereits in die Zukunft. Durch den Trend zu Zentralheizungen werden die klassischen Tätigkeiten des Schornsteinhandwerks immer weniger gebraucht. Schmitt setzt daher vor allem auf die wachsenden Bereiche Energieberatung und Umweltschutz. Durch die Unsicherheiten der Menschen wächst der Bedarf an Beratung bezüglich sparsamer und umweltfreundlicher Energieverwendung. Mit einem Meistertitel kann sie zukünftig auch als Energieberaterin tätig sein und könnte sich unter anderem als Bezirksschornsteinfegerin selbstständig machen, wie ihr Chef es ist. Schmitt stehen in Zukunft viele Möglichkeiten offen und sie beweist, dass das Schornsteinfegerhandwerk längst kein Männerberuf mehr ist.

Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Reportage-Projekts des Master-Studiengangs Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt entstanden. Die Deutsche Handwerks Zeitung ist Kooperationspartner für dieses Seminar.