Konflikte zwischen Mitarbeitern sind nicht nur für die betroffenen Personen problematisch, sondern sie kosten den Betrieb auch viel Geld. Wie Konflikte professionell gelöst werden und welche Vorsorgemaßnahmen getroffen werden können.

Handwerker arbeiten oft in kleinen Teams und Tag für Tag mit denselben Kollegen. Da ist es wichtig, dass man gut miteinander auskommt. Denn Konflikte auf der Arbeit können nicht nur das Arbeitsklima schädigen, sie können auch hohe Kosten verursachen. Wie Mitarbeiter professionell zur Lösung von Konflikten beitragen können, erklärt Dr. Timo Müller, Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (IKuF), im Interview.
DHZ: Warum ist es wichtig, Konflikte im Unternehmen erfolgreich zu managen?
Müller: Der Grund ist einfach: Konflikte verursachen wirtschaftliche Schäden. Ich meine hier Konflikte von Mitarbeitern mit dem Vorgesetzten - aber auch Konflikte unter Mitarbeitern. Im Unternehmen werden Konflikte leider oft nicht als Kostenfaktor erkannt. Wie kommen Konflikt-Kosten zustande? Mitarbeiter sind zum Beispiel durch den Konflikt öfter krank. Oder sie "spielen" nur krank. Konflikte führen nicht selten zu schlechteren Arbeitsleistungen der Mitarbeiter. Es leidet auch die Arbeitsqualität. Außerdem werden wichtige Informationen nicht weiter gegeben. Teilweise werden auch Kunden vergrault. Immer wieder beobachtet man, dass Material nicht anständig gepflegt wird und Maschinen nicht angemessen gewartet werden. Es gibt sogar Diebstähle. Das Alles sind Kosten. Kosten, die Sie durch ein professionelles Konfliktmanagement einsparen können. Hier sind in erster Linie die Führungskräfte gefragt.
DHZ: Wie hoch sind die Konfliktkosten in Unternehmen durchschnittlich? Kann man dies konkret sagen?
Müller: Ja, die Österreichische Wirtschaftskammer hat die Konflikt-Kosten in mittleren und kleineren Unternehmen untersucht. Es sind 19 Prozent der Gesamtkosten eines Unternehmens. In diese Rechnung geht auch mit ein, dass die Beseitigung der Konflikt-Schäden Geld und Personal bindet. Geld und Personal, das sonst anders eingesetzt werden könnte.
DHZ: Wie sollte man auf der Arbeit mit den Kollegen umgehen, um Konflikte zu vermeiden?
Müller: Es beginnt mit der eigenen Sichtweise. Müssen alle so ticken wie ich selbst? Nein, das bringt nichts – auch wirtschaftlich nicht. Menschen sind unterschiedlich, da verschieden geprägt. Und Menschen nehmen Situationen unterschiedlich wahr. Die gleiche Situation ist für den einen stressig oder ungerecht, für den anderen nicht. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter erlebt die Bemerkung des Vorgesetzten ihm gegenüber als stressig. Ist der Chef offen für andere Sichtweisen, erkennt er, dass sein Verhalten einen Konflikt verursacht hat. Beim nächsten Mal hat der Chef die Möglichkeit, besser zu kommunizieren. Er kann den Stress beim Mitarbeiter verhindern und damit den Konflikt.
DHZ: Was gilt es noch zu beachten?
Müller: Auch Sachthemen können ein Grund für Konflikte sein. Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie eine handwerkliche Arbeit am besten ausgeführt wird. Auch hier ist es wichtig, respektvoll zu kommunizieren. Es bringt nichts, andere Meinungen anzugreifen und herumzuschreien. Das richtige Verhalten kann jeder in einem Kurs zur Feedback-Kommunikation lernen – auch sogenannte "Choleriker". In einem solchen Training geht es darum, konsequent Feedback zu geben. Aber dieses Feedback so zu formulieren, dass die Gegenseite es gut annehmen kann und sogar positiv nutzt.

DHZ: Sind Konflikte immer schlecht oder haben sie auch positive Aspekte?
Müller: Konflikte sind dann positiv zu bewerten, wenn deren Klärung für eine der beteiligten Personen wichtig ist. "Nicht positiv" sind Konflikte zum Beispiel dann, wenn am Ende der Konfliktaustragung nur ein Wutgefühl auf den anderen bleibt. Darum ist es wichtig, Konflikte professionell zu lösen. In meinen Beratungen und Coachings von Führungskräften erfahre ich immer wieder, wie Mitarbeiter versuchen, Konflikte mit einfachen Alltagskenntnissen zu lösen. Alle Beteiligten stressen sich damit mehr, als es nötig wäre.
DHZ: Was tun, wenn ein Konflikt da ist? Diesen direkt ansprechen oder externe Hilfe holen?
Müller: Um Konflikte erfolgreich zu managen, brauchen Sie Fähigkeiten und Kenntnisse. Wer ein Auto erfolgreich fahren möchte, braucht theoretisches Wissen und praktische Übung. Das gleiche gilt, wenn Sie Konflikte erfolgreich lösen möchten. Wichtig in diesem Zusammenhang: eine vom Chef verordnete Lösung des Konflikts birgt oft neues Konflikt-Potential. Eine gemeinsame Lösung ist nachhaltiger. Ich empfehle daher, jede Führungskraft – insbesondere die Geschäftsführung – so zu qualifizieren, dass sie Konflikte erfolgreich managen kann.
DHZ: Hier sehen Sie einen Fortbildungsbedarf?
Müller: Ja. Und zu Ihrer konkreten Frage von vorhin, mein Tipp: Lösen Sie den Konflikt gemeinsam mit Ihrem Konfliktgegenüber. Wenn Sie absehen können, dass die Konfliktaustragung nicht erfolgreich sein wird: schalten Sie Ihren Chef ein. Aber immer so – das ist wichtig – dass Sie Ihr Konfliktgegenüber darüber informieren. Ihr Schritt soll vom Gegenüber nicht als Drohung verstanden werden. Es geht Ihnen um eine sachliche Austragung des Konflikts - mit der Unterstützung eines Konfliktmoderators. "Wir kommen mit dem Thema X zu zweit nicht weiter. Ich denke, es ist besser, wenn wir den Vorgesetzten miteinbeziehen und uns zu einem 3er-Gepräch verabreden." Wenn die Führungskraft in einem Konfliktmanagement-Training professionell qualifiziert worden ist, sind die Weichen für eine gute Konfliktlösung gestellt. Beachten Sie: Ein ungelöster Konflikt ist Ballast und demotiviert Mitarbeiter. Ein gelöster Konflikt kann sogar die Arbeitsmotivation steigern.
DHZ: Welche Strategien wendet man bei Konflikten mit dem Chef an, welche bei Konflikten mit gleichgestellten Kollegen und mit Azubis?
Müller: Üben Sie die Techniken des Konfliktmanagementverhaltens ein. Und erkennen Sie die psychischen Prozesse in Konflikten. Dann sind Sie bereits gut aufgestellt. Machtunterschiede zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter oder zwischen Stamm-Mitarbeiter und Azubi haben natürlichen einen Einfluss auf die Konfliktaustragung. Ein großes Problem ist: Viele Konflikte werden für Vorgesetzte gar nicht sichtbar und richten doch wirtschaftliche Schäden im Unternehmen an. Die Realität ist, dass sich viele Mitarbeiter nicht trauen, ihren Vorgesetzten zu kritisieren. Ein Ansatzpunkt ist hier der Aufbau einer Feedback-Kultur, die diesen Namen verdient. Das Feedback sollte dabei immer so beschaffen sein, dass es nicht beleidigend oder verletzend wirkt. Das Feedback sollte sachlich-konstruktiv sein – auch dann, wenn ich angespannt oder im Stress bin. Zum Konfliktmanagement gehört auch der Umgang mit negativen Emotionen - mit eigenen und mit fremden Emotionen.
DHZ: Wo gibt es weitere Unterstützung?
Müller: Bei einem Mobbing-Verdacht und bei offenkundiger psychischer Gewalt am Arbeitsplatz gibt es einschlägige Beratungsstellen, die Betroffene fachkundig beraten – auch telefonisch. In allen anderen Fällen ist die Kompetenz der Führungskräfte und auch der Mitarbeiter gefragt. Wie viele Konflikte im Unternehmen Kosten verursachen – darüber entscheiden die Führungskräfte wesentlich mit. Aus der Sicht des Vorgesetzten gesprochen: Wenn in meinem Team Konflikte sachlich ausgetragen und gelöst werden, ist das mein Führungserfolg. jb