Seit 2017 wächst der Betrieb von Solateur-Ehepaar Wolfgang und Bettina Kempfle um jährlich 50 Prozent. Damit auf den Baustellen alles reibungslos läuft und ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen, musste der Mittelständler aus bayerisch Schwaben digitale Strukturen schaffen. Vertrieb, Einkauf, Recruiting und Montage – alles läuft hier inzwischen online vernetzt.

Noch vor acht Jahren stand der Betrieb vor dem Aus. 2013 streicht die damalige große Koalition die Förderung von PV-Anlagen zusammen. Bei Energie Service Schwaben (ESS) Kempfle arbeiten seinerzeit siebzehn Beschäftigte. Fast alles Elektriker und Dachmonteure. Der Umsatz bricht von zwölf auf eine Million Euro ein. Eine Durststrecke folgt.
Die Trendwende gelingt vier Jahre später. Getrieben von der Nachfrage des Markts, viele Häuslebauer schrauben sich inzwischen PV-Anlagen aufs Dach, wächst ESS Kempfle seit 2017 jährlich um 50 Prozent. "Dabei war und ist die Digitalisierung des Betriebs zwingend", wie das Solateur-Ehepaar erklärt. Der Erfolg gibt den Leipheimern Recht. Dieses Jahr verbaut der Mittelständler aus bayerisch Schwaben 1.200 Photovoltaikanlagen, beschäftigt 120 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von 25 Millionen Euro.
Lokale Marke aufgebaut
"Wir wussten früh, dass wir ein mittelständisches Unternehmen werden müssen", bilanziert Wolfgang Kempfle heute. 20 Mitarbeiter und das dazu passende Auftragsvolumen konnte das Ehepaar noch alleine meistern. Doch der Wille zum Wachstum ist da. "Also investierten wir früh in digitale Prozesse", so Kempfle. Sichtbar ist das vor allem durch die Internetpräsenz des Betriebs. Webseite, YouTube, Instagram und Facebook – Interessierte finden die Leipheimer auf allen Online-Kanälen. Ein ausführlicher Ratgeber umfasst etliche Videos und Texte rund um das Thema Photovoltaik. Kempfle wird als "Sonnenwolfi" zur (lokalen) Marke.
Dabei reicht ihm ein Aktionsradius von 50 Kilometer um seinen Heimatstandort. Eine Dependance in Augsburg dient als Vertriebsbüro und Lager. 30.000 Solarmodule verschraubt das Unternehmen inzwischen pro Jahr. "Wobei auch hier alle Arbeitsschritte digital abgebildet sind", so Kempfle. "Wir wissen zu jedem Zeitpunkt, wie viele Module, Wechselrichter und Unterkonstruktionen wir im Lager haben und was auf Baustellen verbraucht wird". Selbst Kabel und Schrauben sind digital erfasst. Auch die Kommunikation mit Kunden steuert Kempfle virtuell.
Virtuelle Schausonntage und ein Online-Shop
Sogar die beliebten Schausonntage hat der Solateur digitalisiert. In Teams-Meetings referieren Kempfle und seine Mitarbeiter ihr PV-Wissen. Bis zu 70 Menschen sitzen, immer am ersten Sonntag im Monat, zuhause auf dem Sofa vor Laptop und Handy, um sich über Betrieb und Produkte zu informieren. Überdies ist während der Corona-Pandemie ein Online-Shop entstanden. Über ihn vertreibt das Unternehmen hauptsächlich Energiespeicher, sogenannte Wallboxen, und Zubehör. Unterstützt wird der gesamte Vertrieb von Fachleuten, die ausschließlich via Telefon beraten und verkaufen.
Neuste Kempfle-Idee ist, in die Haustechnik einzusteigen. "Bei Neubauten können wir von Heizung über Sanitär bis zur Elektrik und der PV-Anlage samt Speicher die gesamte Hausinfrastruktur installieren", verdeutlicht Kempfle, der damit den Spieß umdreht. Früher hätten Haustechniker häufig Solar mit angeboten, "jetzt machen wir es andersrum", so der Chef. Die erste Umsatzmillion innerhalb eines Jahres bestätigt ihn, der Markt schätzt das digitale Alles-aus-einer-Hand-Konzept.