Es wird immer schwieriger Lehrlinge zu finden. Deshalb ist ein gutes Ausbildungsonzept wichtig. Zwei Handwerksbetriebe zeigen, wie man erfolgreich Azubis findet.
Jessica Baker

Rund 80.000 Ausbildungsplatzsuchende und 20.000 offene Lehrstellen im Handwerk – wie passt das zusammen? In der Theorie wird dies „Passungsproblem“ genannt. Sie passen angeblich nicht zusammen. In der Praxis müssen Betriebe daher verstärkt um Lehrlinge werben und die Qualität der Ausbildung muss sich verbessern. Aber auch die Lehrlinge sind gefordert.
Betroffen sind laut einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung vor allem Betriebe in Thüringen und Bayern. Aber auch anderswo ist das Problem bekannt. Manche Ausbildungsberufe im Handwerk gelten als unattraktiv und immer mehr Jugendliche entscheiden sich ohnehin für ein Studium.
Lehrlinge in die Schulen schicken
Bauunternehmer Max Heimerl aus Schönthal bei Regensburg zeigt, wie Betriebe erfolgreich mit der Herausforderung umgehen können. Die Liste seiner Azubi-Projekte ist lang: Da gibt es das Projekt "rote Hosen", den "Azubis Aktien Index" und das "Lehrlingshaus".
"Der Bauberuf ist eben nicht der Renner bei der Jugend", sagt Heimerl. Deshalb versucht er, die Ausbildung attraktiver zu machen und die Nachfrage zu erhöhen. Beim Projekt "rote Hosen" schickt er seine Azubis in die Schulen in der Region, um anderen Jugendlichen Einblick in die Ausbildung zu geben. Und die Initiative kommt offenbar an. Zwei Schüler haben nach dem Besuch eine Ausbildung bei Heimerl angefangen.
Hausladen: "Einfach eine super Sache."
Dass das Ausbildungskonzept funktioniert, zeigt auch das Beispiel von Maurerlehrling Daniel Hausladen. Er fährt immer eine Dreiviertelstunde zur Arbeit, obwohl andere Ausbildungsbetriebe näher liegen. "Der lange Weg macht mir nichts aus, denn meine Ausbildung macht Spaß", sagt Hausladen. Auf der Arbeit schätzt er das gute Arbeitsklima und dass man sich immer Zeit nehme, um neue Arbeitsschritte zu erklären.
Außerdem gibt es tolle Extras. Beim „Azubi Aktien Index“ bewerten die Ausbildungsleiter die Leistung der Azubis in Bezug auf Pünktlichkeit, Gesundheit, Zuverlässigkeit und fachliche Entwicklung. "Das ist eine super Sache. So sehe ich, wie ich mich entwickle, und bin motiviert, noch besser zu werden." Zudem bauen die Jugendlichen alle drei Jahre gemeinsam ein Haus. Dieses "Lehrlingshaus" ist einmalig in Deutschland und eine tolle Möglichkeit für die Azubis, Verantwortung zu übernehmen.
Auch die Eltern mit ins Boot holen
Kurt Negele von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz kennt die Probleme der Betriebe und verweist auf die demografische Entwicklung der Schülerzahlen. So wird in einigen Regionen Bayerns die Zahl der Jugendlichen im ausbildungsreifen Alter erst ab dem Jahr 2025 wieder steigen. Die Kultusministerkonferenz rechnet damit, dass die Schülerzahl an den beruflichen Schulen 2025 durchschnittlich 18 Prozent unter dem Niveau von 2011 liegt.
Daher müssten Betriebe ihre Ausbildung attraktiver gestalten, aber auch die Eltern mit ins Boot holen und sie überzeugen, dass eine Ausbildung im Handwerk sinnvoll ist, so Negele. Zudem befürwortet er eine verpflichtende Berufsorientierung an allen Schulen. Negele: "Wir müssen die Vielfalt der Ausbildungsberufe im Handwerk unter die Leute bringen."
Wagner: "Wer ausbildet, muss sich auch richtig kümmern."
Nicht nur die fachlichen Qualität der Ausbildung, sondern auch die persönliche Betreuung der Azubis ist wichtig. Bäckermeister Hans Peter Wagner aus Ruderting hat dies erkannt und ein eigenes Zimmer für seine Azubis eingerichtet, direkt über der Backstube. Außerdem erhalten sie Vollverpflegung.
Trotzdem gestaltet sich die Azubisuche schwierig. "Ich hatte 2013 keine einzige Bewerbung, obwohl ich tausende Euros für Werbung ausgegeben habe", sagt Wagner. Der Bäckermeister geht deshalb mittlerweile andere Wege. Er hat sich bei dem Projekt MobiproEU beworben. Bei diesem Projekt werden Jugendliche aus anderen EU-Ländern an Betriebe vermittelt. Diese erhalten dafür eine finanzielle Unterstützung. Die Plätze sind aber begrenzt. Wagner bildet nun einen Bulgaren und eine Spanierin aus und ist so zufrieden, dass er sich für 2015 wieder bei dem Projekt beworben hat.
Warum sich so wenige Jugendliche aus Deutschland bei ihm bewerben, führt Wagner auch auf seinen Standort zurück. Das ländliche Ruderting liegt noch nahe genug an Passau, um viel Konkurrenz zu haben. Insgesamt sei es für die Branche wichtig, den Ruf zu verbessern. Jugendliche seien gut vernetzt und es spreche sich herum, wenn ein Betrieb schlecht ausbilde. Wagner: "Wer Lehrlinge ausbildet, muss sich auch richtig um sie kümmern."