Datenschutz Neues "WhatsApp-Gesetz": Eine Chance für Betriebe?

Nachrichten in Telegram tippen und an einen WhatsApp-Nutzer schicken – das soll künftig möglich sein, auch umgekehrt und mit allen anderen Messengern. Wird der geschäftliche WhatsApp-Chat damit datenschutzkonform? Das sagt ein Experte.

WhatsApp ist der unangefochtene Marktführer im Bereich der Messenger-Dienste. Daneben gibt es Alternativen wie Telegram oder Signal. - © Rafael Henrique - stock.adobe.com

70 Prozent der Deutschen über 14 Jahren nutzen täglich WhatsApp. Messenger wie Telegram, Signal oder Threema kommen nur auf einen Prozentwert im niedrigen einstelligen Bereich. Das Ergebnis der jüngsten ARD/ZDF-Online-Studie führt vor Augen: Wer in Kontakt mit Freunden, Familie oder Arbeitskollegen bleiben möchte, kommt an WhatsApp nur schwer vorbei. Das soll sich ändern.

Anfang Juli hat das EU-Parlament ein Gesetz verabschiedet, das WhatsApp dazu zwingt, sich für andere Messenger-Dienste zu öffnen. Ganz konkret: Wer beispielsweise Telegram auf seinem Smartphone nutzt, soll künftig auch WhatsApp-Nutzern eine Nachricht senden können – und umgekehrt. Die dominierenden Nachrichtendienste müssen entsprechende Schnittstellen einrichten. Auch der Facebook Messenger und Apples iMessage sind betroffen.

Für Handwerkschefs ist das eigentlich eine gute Nachricht. Wer bislang aus datenschutzrechtlichen Bedenken auf WhatsApp verzichtet hat, könnte jetzt einen datensparsamen Messenger installieren und so mit Kunden oder Mitarbeitern chatten, die er andernfalls nicht über diesen Kommunikationsweg erreicht hätte. Doch ist es wirklich so einfach?

Signal und Threema erteilen WhatsApp-Schnittstelle eine Absage

"Grundsätzlich ja", sagt Messenger-Experte Michael Elbs. "Auch wenn Funktionen wie Gruppen oder Sprachnotizen erst einmal nicht verfügbar wären." In Sachen Datenschutz sieht er den Nachrichtendienst Signal am besten aufgestellt. Auch Stiftung Warentest kürte die Messenger-App in diesem Jahr zum Testsieger. Doch wartet hier schon der erste Haken. Die Macher der App sind nämlich alles andere als begeistert von der EU-Vorgabe. Eine Interoperabilität zwischen den beiden Messengern, so die Befürchtung, würde den Datenschutz und die Sicherheit des eigenen Dienstes schwächen. Auch der Schweizer Anbieter Threema hat angekündigt, eine künftige Schnittstelle zu WhatsApp nicht nutzen zu wollen.  

"Signal oder Threema müssten ihre Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufheben oder ihre eigenen Schlüssel offenlegen", erklärt Elbs. Da WhatsApp außerdem Zugriff auf Nutzerdaten erhielte, könne nicht sichergestellt werden, was damit passiert. Eine Gefahr, die in beide Richtungen besteht. So muss sich WhatsApp ebenso für kleinere Startups öffnen. "Die Risiken durch unsaubere Programmiercodes oder Hackerangriffe nehmen zu", so Elbs.

Sein Fazit: "Die EU-Pläne sind gut gemeint, WhatsApp ist damit aber nicht kleinzukriegen." Etwas Gutes kann er dem Gesetz aber doch abgewinnen: "Es werden wieder mehr Menschen auf die Thematik aufmerksam und für den Datenschutz sensibilisiert."

Mit diesen Maßnahmen wird die betriebliche WhatsApp-Nutzung "zu 95 Prozent" datenschutzkonform

Ein Bewusstsein für den datensparsamen Einsatz von WhatsApp bzw. WhatsApp Business vermittelt Elbs auch in seinen Kursen. Unternehmer können bei ihm lernen, wie sie den Messenger "zu 95 Prozent" datenschutzkonform im Kundenkontakt einsetzen können. Vereinfacht braucht es dazu ein Gerät, auf dem der Messenger installiert ist und in dem nur Kontakte abgespeichert werden, die WhatsApp nutzen. "Ich empfehle ergänzend ein Kontaktformular auf der Webseite mit Click-to-Chat-Funktion inklusive Datenschutzerklärung", erklärt Elbs.

Und die restlichen fünf Prozent? "Das sind Kleinigkeiten in den AGB, die von WhatsApp nicht klar geregelt sind." Aktuell schwebt ein Rechtsstreit zwischen der irischen Datenschutzbehörde und WhatsApp wegen möglicher Verletzungen der DSGVO. Die Behörde hat eine Strafe in Höhe von 225 Millionen Euro verhängt. WhatsApp legte Einspruch ein. "Ich gehe davon aus, dass die Strafe reduziert und WhatsApp seine AGB überarbeiten wird – zum Vorteil von geschäftlichen WhatsApp-Nutzern."