Bauherren müssen Handwerker warnen Neue Gefahrstoffverordnung soll Schutz vor Asbest verbessern

Die Gefahrstoffverordnung regelt den Umgang mit asbesthaltigen Baustoffen und wie Handwerker davor geschützt sind. Die aktuelle Fassung ist jedoch veraltet. Sie nimmt nicht in den Blick, dass Asbest in viel mehr Bauprodukten steckt, als bis vor ein paar Jahren gedacht. Nun wird die Gefahrstoffverordnung überarbeitet. Das sieht die Neufassung vor.

Asbest kann auch in Fliesenkleber stecken
Auch in Fliesenkleber, Fensterkitt und anderen Baustoffen kann Asbest enthalten sein. Die Gefahrstoffverordnung wird nun daran angepasst, dass diejenigen, die dem gefährlichen Stoff ausgesetzt sein könnten, einen gesetzlich gesicherten Gesundheitsschutz haben. - © Gina Sanders - stock.adobe.com

Bis Anfang der 1990er Jahre war Asbest ein beliebter Inhaltsstoff in Bauprodukten – vor allem in Dachplatten und Fassadenverkleidungen. 1993 wurde die Verwendung der mineralischen Faser verboten. Es zeigte sich, dass sie erhebliche Gesundheitsgefahren mit sich bringt. Sie gilt als lungengängig und kann vor allem in den Atemwegen und der Lunge schwere Erkrankungen auslösen. Die Folgen zeigen sich auch heute noch. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist Asbest auch nach mehr als 25 Jahren Asbestverbot die häufigste Ursache für Todesfälle in Folge einer Berufskrankheit.

Neben dem Verwendungsverbot in Bauprodukten gilt in Deutschland zwar auch ein grundsätzliches Verbot von Arbeiten an asbesthaltigen Materialien. Doch es bestehen Ausnahmen für Abbruch-, Sanierungs- sowie Instandhaltungsarbeiten – das unmittelbare Arbeitsfeld des Bau- und Ausbauhandwerks. Betriebe der betreffenden Gewerke müssen zwar die geltenden Arbeitsschutzanforderungen beachten. Aber sie sind immer noch die, die mit der Faser bei entsprechenden Arbeiten in Berührung kommen können.

Asbest in mehr Baustoffen als gedacht: Gefahrstoffverordnung braucht Reform

Asbesthaltige Materialien wurden vor 1993 massenhaft verbaut. Das wird auch bei Sanierungsarbeiten, wie sie derzeit vielerorts stattfinden, deutlich. Gefährlich ist vor allem der Staub, wenn Dachplatten zerbrechen oder Wände bröckeln, wenn verklebte Fliesen von den Wänden fallen oder Fensterkitte ersetzt werden. Erst seit einigen Jahren ist bekannt, dass Asbest auch in Baustoffen wir Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern oder Fensterkitten enthalten sein kann. Genau dies und die noch immer vorhandenen Gefahren durch Asbestmaterialien machte es nötig, die bestehenden Vorschriften zu überarbeiten.

So steckt derzeit auch die Gefahrstoffverordnung in einem Reformprozess. Angedacht war das Inkrafttreten zwar schon im Jahr 2016 – damals gab es bereits entsprechende Bestrebungen sowie einen Referentenentwurf. Doch erst jetzt wird das Thema konkreter. So rechnet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) abhängig davon, wie sich der weitere Gesetzgebungsprozess hinzieht, mit einem Inkrafttreten der Verordnung im Herbst 2022 oder zu Beginn des kommenden Jahres.

Gefahrstoffverordnung sichert gesetzlichen Arbeitsschutz bei Asbest-Sanierungsarbeiten

Schon jetzt gibt die Gefahrstoffverordnung vor, welche Anforderungen im Umgang mit Asbest zu beachten sind. Aber sie nimmt eben noch keinen Bezug darauf, dass Asbest auch in viel mehr Bauprodukten enthalten sein kann als bisher gedacht. So kann es auch bei Arbeiten in Bestandsbauten mit "alten" Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern oder Fensterkitten zur Freisetzung von Asbestfasern kommen.

Neuregelungen in der Gefahrstoffverordnung sollen es nach Angaben des ZDH nun ermöglichen, dass Handwerkerinnen und Handwerker einerseits notwendige Arbeiten – wie Bohren, Stemmen, Fräsen oder das Abtragen von Putz – an älteren Bestandsgebäuden durchführen dürfen, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass sie hier auf asbesthaltige Materialien stoßen können. Dabei muss ihnen ein ausreichender Gesundheitsschutz zugesichert sein.

Bisher galten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer statt einer bindenden Verordnung Handlungshilfen, um den Schutz während der Arbeiten zu gewährleisten. Konkret sind das die "Branchenlösung Bauen im Bestand" und die technische Regel TRGS 519, die aktualisiert ist. Sie legen noch bis zum Inkrafttreten der Neufassung der Gefahrstoffverordnung den Umgang mit asbesthaltigen Baumaterialien fest – Pflichten für Arbeitgeber und auch Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer.

Neue Gefahrstoffverordnung nimmt Bauherren in die Pflicht

Doch nicht nur, dass eine Festlegung der Schutzmaßnahmen durch die Reform einen gesetzlich besseren Stand bekommt, ist das einzig zentrale der neue Gefahrstoffverordnung. Der ZDH teilt auf Anfrage dazu mit: "Eine der wichtigsten Änderungen ist, dass die novellierte Gefahrstoffverordnung künftig Informations- und Mitwirkungspflichten des "Veranlassers" von Bautätigkeiten vorsieht." Das bedeutet, dass künftig der Bauherr, die Bauherrin oder der Auftraggeber/-in ermitteln muss, ob in dem jeweiligen Gebäude Asbest oder andere Gefahrstoffe vorhanden sind. So soll sichergestellt werden, dass die Handwerksbetriebe schon bevor sie ihre Arbeit aufnehmen über eventuell vorhandene Gefahrstoffe informiert sind und entsprechend agieren können.

Der Umgang mit Asbest, arbeitsschutzrechtliche Vorgaben und auch die Probleme, die sich im Handwerksalltag dabei zeigen, sind so relevant, dass die BAuA gemeinsam mit dem Bundesarbeitsministerium dazu eine Informationsplattform eingerichtet hat. Hier gibt es auch Informationen zur Gefahrstoffverordnung und der anstehenden Reform.>>>