Mögliche Haftungsrisiken sind für potenzielle Übernehmer und Gründer oft ein Hemmnis. Doch davor muss kein Nachfolger zurückschrecken, wenn er die folgenden Punkte im Blick hat.

Sein eigener Herr sein, ist einer der am häufigsten genannten Gründe, warum Menschen sich selbstständig machen. 550.000 Unternehmen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland gegründet. Allerdings ist diese Zahl rückläufig, wie der KfW-Gründungsmonitor von KfW Research zeigt (minus neun Prozent).
Viele Betriebe finden auch keinen Nachfolger mehr – Kinder von Handwerksunternehmern entscheiden sich immer öfter dafür, den Familienbetrieb nicht weiterzuführen. Im Handwerk sollen mindestens 125.000 solcher Familienbetriebe in den nächsten fünf Jahren einen Unternehmensnachfolger suchen, so der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).
Er sieht die größte Hürde darin, überhaupt erst einmal einen qualifizierten Nachfolger zu finden. Dabei seien Betriebsübernahmen eine attraktive Gründungsform.
Das sind die Hemmnisse
Was also lässt junge Handwerker zögern, einen Betrieb zu übernehmen? Oft scheinen Angst vor Verantwortung und Haftung ein Hemmnis für eine Nachfolge, Gründung oder Selbstständigkeit sein. "Viele haben die Sorge, durch den Schritt ins Unternehmertum Haus und Hof zu riskieren – auch wenn es Gesellschaftsformen gibt, die die finanziellen Risiken für den Unternehmer beschränken", sagt Michael Lojowsky, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei der Kanzlei Schultze und Braun.
Ein weiteres Thema seien sicherlich die Schwierigkeiten, die sich aus dem Fachkräftemangel, steigenden Energie- und Rohstoffpreisen, dem erhöhtem Aufwand für öffentliche Ausschreibungen, der Bürokratie und dem sich ständig ändernden Steuerrecht ergeben.
Doch "wer mit Herzblut für eine Sache brennt, der hat als selbstständiger Unternehmer ganz andere Möglichkeiten als zum Beispiel angestellter Geschäftsführer", weiß Rechtsanwalt Lojowsky.
Während ein Angestellter zu seinem Arbeitgeber gehen müsse, um über Gehalt zu verhandeln, könne ein Unternehmer seinen Umsatz in einem günstigen Marktumfeld direkt beeinflussen, innovative Ideen entwickeln und mit persönlichem Einsatz mehr Ertrag generieren – für sich und für sein Unternehmen. "Wenn ich mit Unternehmern aus meinem Mandanten- und Bekanntenkreis spreche, dann höre ich nie das Wort Work-Life-Balance, weil das Unternehmen für sie Work-Life ist", berichtet Michael Lojowsky von seinen Erfahrungen.
Risiken minimieren
Niemand müsse vor vermeintlichen Haftungsrisiken zurückschrecken. Auch wenn sich nie alle Risiken zu 100 Prozent ausräumen ließen, so könnten sie doch zumindest minimiert werden. "So ist zum Beispiel in einer Unternehmergesellschaft, kurz UG, die schon mit einem geringen Stammkapital gegründet werden kann, die Haftung darauf beschränkt", erklärt der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht.
Die anerkannteste Rechtsform in Deutschland, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), trage die Risikobegrenzung schon im Namen und die Haftung ist auf das Stammkapital beschränkt. Das Mindeststammkapital beträgt 25.000 Euro. Bei einer Gründung muss sogar zunächst nur die Hälfte, also 12.500 Euro, eingezahlt werden. "Hält sich ein Unternehmer an die gesetzlichen Vorgaben, bleibt es auch bei dieser Haftungsbeschränkung." Der Unternehmer mit der Rechtsform einer GmbH haftet also mit maximal 25.000 Euro.
Anders sehe es nur aus, wenn der Unternehmer seine Finanzen aus dem Blick verliere und bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den verpflichtenden Insolvenzantrag nicht im Rahmen der gesetzlichen Fristen stelle. In solchen Fällen könnte eine persönliche Haftung des Unternehmers ins Spiel kommen. "Dem lässt sich aber vorbeugen", sagt Michael Lojowsky. "Fakt ist: Wenn es für eine Nachfolge entscheidend ist, dass ein Unternehmer auf keinen Fall persönlich haften möchte, dann kann man das mit entsprechenden Maßnahmen im Vorfeld klar regeln."
Sachgründung reduziert Baraufwendung
Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung der Baraufwendungen ist die Sachgründung, die seit 1. August 2023 online möglich ist. "Dabei kann Anlagevermögen, zum Beispiel eine gekaufte Maschine oder ein privates Auto, das zukünftig als Firmenwagen genutzt werden soll, eingebracht werden und somit die Stammkapitalforderung erfüllen", erklärt der Fachanwalt.
Ebenso können Gewährleistung und Gewährleistungsfristen bei der Übernahme eine Rolle spielen. "Solche Punkte lassen sich aber bei Bedarf vertraglich ausschließen. Es können aber auch Rücklagen gebildet werden. Das würde ich aber für eine Übernahme nicht als großes Hemmnis betrachten. Man muss das Risiko allerdings erkennen und damit umgehen", so die Einschätzung von Michael Lojowsky.
Zu unterscheiden sind zwei Varianten einer Übernahme
- Asset Deal: Kauf und Übernahme von Anlagevermögen, Mitarbeitern (§ 613a BGB) und möglicher Dauerschuldverhältnisse. Ein insolventes Unternehmen wird regelmäßig mit einem Asset Deal übernommen. Der Käufer übernimmt dabei keine Verbindlichkeiten.
- Share Deal: Übernahme von Geschäftsanteilen. Damit werden sämtliche "Altlasten" wie Verbindlichkeiten, Pensionsrückstellungen und ähnliches mitübernommen.
Stolpersteine vermeiden
Wer sich für einen Betrieb zur Übernahme interessiert, ist gut beraten, vor dem Kauf alle Vertragsverhältnisse genau zu analysieren (Due Diligence-Prüfung). "Nachfolger sollten das Unternehmen auf jeden Fall auf mögliche finanzielle, aber auch operative Risiken überprüfen", rät Michael Lojowsky. Der Käufer sollte darüber hinaus die Personalkosten kennen. "Dazu zählt unter anderem auch, wie alt die Mitarbeiter sind, wie lange er sie noch beschäftigen kann, wie lange die Betriebszugehörigkeit schon dauert und welche Kündigungsfristen gelten."
Der Käufer muss außerdem hinaus Kenntnis haben, in welche bestehenden Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge er eintritt. "Wenn der Übernehmer die Stolpersteine kennt und weiß, was er will, lässt sich die Nachfolge stringent und relativ schnell umsetzen", so der Rechtsanwalt. Damit ein Verkäufer vor Vertragsunterschrift abgesichert ist, empfiehlt Lojowsky eine Vertraulichkeitsvereinbarung. In jedem Fall sollte eine Betriebsübernahme oder -nachfolge durch einen in Nachfolgeverfahren erfahrenen Anwalt und/oder Steuerberater begleitet werden. Beratung bieten Mitgliedsbetrieben auch die Handwerkskammern.
Allen, die an einer Nachfolge interessiert sind, rät der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sich in einem ersten Schritt über folgende Punkte Klarheit zu verschaffen:
- Um was für einen Betrieb handelt es sich?
- Gibt es behördliche Auflagen?
- Welche Rechtsform ist passend?
- Bei einer Haftungsbeschränkung: Wählt man die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (zum Beispiel GmbH) oder einer Personengesellschaft (zum Beispiel GmbH & Co. KG).