Bezahlbares Wohnen Mietkosten: Azubi-Apartments gegen Nachwuchsmangel?

Auch im bevorstehenden Ausbildungsjahr bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Doch wie gewinnt man Nachwuchs? Günstige Wohnungen sind eine Stellschraube, betonte der Handwerksverband bereits. Nun wagt auch der Deutsche Gewerkschaftsbund einen Vorstoß.

Wohnheim, Appartment
Durch Wohnheime können Azubis vergleichsweise günstig in der Nähe ihres Betriebs wohnen. - © Jasen Wright stock.adobe.com

Zum Start ins neue Ausbildungsjahr am kommenden Montag haben Experten und Verbände ihre Warnungen vor einem Nachwuchsmangel in vielen Branchen bekräftigt und für die Berufsausbildung geworben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schlug als eine mögliche Gegenmaßnahme die flächendeckende Schaffung von Azubi-Apartments vor. "Wenn unsere Gesellschaft mehr Fachkräfte braucht, dann muss sie auch dafür sorgen, dass die Auszubildenden mobiler sein können und sich in der Nähe des Ausbildungsbetriebs eine Miete leisten können", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur.

Miete maximal 25 Prozent der Ausbildungsvergütung

In einem Positionspapier zum Thema, das der dpa vorliegt, spricht sich der DGB für "die Einrichtung von flächendeckenden, attraktiven Azubi-Wohnheimen in Form von Azubi-Apartements" aus. Die Miete in geförderten Apartements und Wohnheimen solle nicht mehr als 25 Prozent der durchschnittlichen Ausbildungsvergütung betragen. "Wir erwarten, dass die Bundesregierung ihr angekündigtes Förderprogramm für junges Wohnen schnell auf den Weg bringt", sagte Körzell.

Auch Handwerkspräsident Hans-Peter Wollseifer verwies in der Vergangenheit bereits darauf, dass die Wohnungssituation für Auszubildende im Handwerk genauso unbefriedigend sei wie bei den Akademikern. "Warum könnten Azubis nicht gemeinsam mit Studenten in einem Wohnheim wohnen, wenn wir von einer gleichwertigen Ausbildung sprechen wollen?", fragte er bei der Internationalen Handwerksmesse in die Runde.

Dreistellige Millionenbeträge vorgesehen

Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien vereinbart, ein Bund-Länderprogramm "für studentisches Wohnen, für junges Wohnen und Wohnen für Auszubildende" aufzulegen. Bundesbauministerin Klara Geywitz hatte zuletzt in einem Interview mit dem DSW-Journal des Deutschen Studentenwerks gesagt: "Ich möchte das Programm Anfang 2023 an den Start bringen." Dabei hatte sie günstige Wohnmöglichkeiten auch für Azubis betont. Der genaue Finanzrahmen werde gerade ausgehandelt. Es gehe um dreistellige Millionenbeträge, sagte Geywitz.

Berufsausbildung attraktiver machen

Zum Start in das neue Ausbildungsjahr machte der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) Friedrich Hubert Esser noch einmal deutlich, wie die Lage ist: "Das Spektrum der Fachkräfte, die zunehmend fehlen, ist groß: vom Dachdecker bis zum Softwareentwickler." Der jahrelange Rückgang der Ausbildungsvertragszahlen müsse endlich gestoppt werden. "Sonst haben wir in naher Zukunft niemanden mehr, der Windkraftanlagen baut oder moderne Heizungs- und Solaranlagen installiert."

Damit schlug Esser auch den Bogen zur aktuellen Lage: Die politischen Ziele auf dem Papier, sich von der Abhängigkeit von Gas und Öl etwa aus Russland zu lösen, können nur schwer erreicht werden, wenn es keine ausgebildeten Leute gibt, die das mit ihren Händen auch praktisch umsetzen können.

"Uns fehlen in der Ausbildung sehr viele junge Leute", hatte auch Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer vor wenigen Tagen gesagt. Er geht von einer Viertelmillion fehlender Fachkräfte allein im Handwerk aus. Ziele etwa beim Einbau von Wärmepumpen seien dann schwierig zu schaffen. In seinen Augen müsste politisch mehr getan werden, um die Berufsausbildung auch im Land attraktiver zu machen. Er spricht von mehr Wertschätzung, mehr Anerkennung und einer auskömmlichen Finanzierung. "Unsere Bildungsstätten sowie die Berufsschulen dürfen nicht länger als bildungspolitische Stiefkinder behandelt werden. Es darf keine Zweiklassengesellschaft in der Bildungspolitik mehr geben." Man müsse weg von der Vorstellung, dass nur ein Studium beruflichen und persönlichen Erfolg bringen könne. dpa/aul