Orthopädieschuhmacher baut auf zweites Standbein Maßanfertigung für die Badewanne

Ein Vollbad könnte so schön sein - aber die Mehrzahl der Deutschen nimmt sich dafür nur sehr selten die Zeit. Die Badewanne hält einstweilen als Kleiderablage her und sammelt Staub und Haare. Einem Orthopädieschuhmacher aus dem Allgäu ging es nicht anders. Seine Lösung wurde zu einem zweiten Standbein.

Barbara Oberst

Badewannenabdeckungen in allen Formen und Farben sind ein Zufallsprodukt aus dem Hause Merz, bilden aber zunehmend ein zweites Standbein. - © privat

Ordnung schaffen, mehr Raum gewinnen: Das war das Ziel, mit dem Orthopädieschuhmachermeister Stefan Merz an einem Sonntag in seine Werkstatt ging. Wie die meisten Menschen nutzte auch Familie Merz die häusliche Badewanne weniger als Wellness-Tempel denn als Kleiderablage. Also sichtete der junge Familienvater aus dem Allgäu sein Material: Auf eine Holzplatte passte er eine Schaumstoffmatte an, dann nähte er aus Kunstleder einen Überzug. Das Ganze klebte er von unten mit einem rutschhemmenden Kunststoff zusammen: Fertig war die familieneigene Badewannenabdeckung .

Schon die Großmutter hatte Badewannenabdeckung

Der Unternehmer aus Honsolgen, einem Ortsteil des Ostallgäuer Städtchens Buchloe, maßt sich gar nicht an, eine bahnbrechende Erfindung gemacht zu haben. "Die Idee ist nicht neu. Schon meine Oma hatte so etwas auf der Wanne, damals eine einfache Sperrholzplatte mit einem Teppichrest drauf“, erinnert sich der 32-Jährige. Auch industrielle Hersteller böten Badewannenabdeckungen, allerdings nur in Standardmaßen, in Leichtbauweise und zu vergleichsweise hohem Preis.

Orthopädieschuhmachermeister Stefan Merz vertraut seinen Badewannenabdeckungen. Offziell tragen sie bis zu 80 Kilogramm Gewicht. - © privat

Dass aus der nicht ganz neuen Idee trotzdem ein zweites Standbein für den Unternehmer wurde, lag auch an der Reaktion von Besuchern der Familie. „Freundinnen meiner Frau gingen mit ihren Kindern zum Wickeln in unser Bad. Sie fanden die Abdeckung einfach super“, erinnert sich Merz lachend an die Anfänge von "Bathcover“ vor etwa einem Jahr.

Also baute der Handwerksmeister Prototypen, bestellte eigens Material und richtete nach und nach in seiner Werkstatt einen eigenen Bereich für die Badewannenabdeckungen ein. "Ich nahm mir vor, zunächst maximal 10.000 Euro in die Idee zu stecken“, setzte er sich eine finanzielle Obergrenze. Schließlich sieht er sein Kerngeschäft im Fertigen von orthopädischen Einlagen. "Dieses Handwerk habe ich gelernt und darin will ich auch arbeiten.“

Einlagen aus Meisterhand

In seinem Haus in Honsolgen hat er seine Werkstatt, hier und in einer Terminpraxis in München empfängt er Kunden zur Fuß- und Ganganalyse mittels modernster Technik. In diesem Kerngeschäft hat sich Merz bewusst gegen Wachstum entschieden. Aus Qualitätsgründen will er hier alles selbst machen: "Nur, wenn ich den Kunden persönlich kenne, ihn selbst vermesse und dann auch selbst dessen Einlagen herstelle, erreiche ich die Qualität, die ich mir vorstelle“, betont der Handwerker seinen Anspruch.

In seinem "Feierabendprojekt“ Bathcover ist der Handwerker aber mittlerweile Arbeitgeber geworden. Zwei Halbtagskräfte schneiden Kunstleder, OSB-Holzplatten und Schaumstoff nach den Vorgaben der Kunden zu. Nur in besonders schwierigen Fällen legt Merz selbst Hand an.

Badewannenabdeckungen für die ganze Republik

Mit seinem Start-up beliefert Merz Kunden in ganz Deutschland. Nach seinen Vorgaben nehmen sie in ihrem Bad Maß, wählen aus Materialproben Farbe, Textur und Aufteilung und bekommen dann ein Angebot. Wenn ihnen das zusagt, fertigt Merz die persönliche Badewannenabdeckung – gegen Vorkasse. Bei 400 Euro startet sein Angebot, je nach Form, Größe, Material und Besonderheiten wie Laschen steigt der Preis.

Weil Merz die Abdeckungen sehr robust baut, sind sie bis 80 Kilogramm belastbar. Die Kunden nutzen sie ganz verschieden. "Einer wollte sie als Saunaliege, wir haben aber auch relativ viele Eltern von älteren behinderten Kindern, die gewickelt werden müssen. Und viele Senioren bestellen bei mir, weil sie die Badewanne nicht mehr nutzen können und stattdessen eine Sitzgelegenheit im Bad wünschen“, zählt Merz auf.

Saunaliege, Sitzgelegenheit oder Wickelunterlage

Da das Start-up profitabel ist, investiert Merz jetzt weiter. Seit wenigen Wochen etwa ist ein eigens programmierter Konfigurator online. Damit können die Kunden ihre Badewannenabdeckung selbst zusammenstellen.

Ein Massenprodukt soll und wird "Bathcover“ trotzdem nicht werden: Zu sehr variieren die Formen von Badewannen, zu unterschiedlich sind die Kundenwünsche. Merz ist es zufrieden: "Ich will ein organisches Wachstum. Ein Massenprodukt, das irgendwo gefertigt wird, strebe ich gar nicht an.“