Die Große Koalition will Arbeitgeber und Arbeitnehmer stärker unterstützen. Dazu zählen Steuererleichterungen für Unternehmen. Für Arbeitnehmer in Kurzarbeit wird das Kurzarbeitergeld erhöht. Die Beschlüsse im Überblick.
Karin Birk

Die Bundesregierung rechnet mit keinem schnellen Ende der Corona-Krise und hat weitere Unterstützungsmaßnahmen beschlossen. „Wir werden noch lange mit diesem Virus leben müssen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung. Deutschland lebe nicht in der Endphase der Pandemie, sondern immer noch an ihrem Anfang. Die bisher erzielten Erfolge bei der Eindämmung der Infektion seien zerbrechlich. „Wir bewegen uns auf dünnem Eis, man kann auch sagen: auf dünnstem Eis“, ergänzte sie. Die Bundeskanzlerin warnte eindringlich davor, sich zu schnell in falscher Sicherheit zu wiegen. Nur so könne Gesundheit und Wirtschaft stabilisiert werden.
Merkel: Erholung ist nicht vorhersehbar
Auch mit Blick auf die Wirtschaft sprach Merkel von der größten Bewährungsprobe seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland. Niemand könne jetzt sagen, wie tief die Einschnitte würden und wann die Erholung einsetzen werde. Jetzt gehe es darum, die Wirtschaft zu stützen. „Millionen von Menschen und Unternehmen haben bereits Geld erhalten“, sagte sie angesichts der verschiedenen Hilfsprogramme. Auch seien gestern Abend im Koalitionsausschuss weitere Maßnahmen beschlossen worden. So soll das Kurzarbeitergeld weiter erhöht und die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlängert werden. Außerdem soll es weitere Steuererleichterungen für Unternehmen geben.
Handwerk begrüßt Beschluss zu Verlustverrechnung
Das Handwerk hat die Steuerbeschlüsse mit großer Erleichterung registriert. „Es ist eine richtig gute Nachricht für zahlreiche Betriebe, dass sich Bund und Länder auf die Möglichkeit einer vorgezogenen Verlustverrechnung bereits im laufenden Jahr verständigt haben“, sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. Dies verschaffe vor allem den Betrieben einen finanziellen Puffer, denen krisenbedingt die Mittel ausgingen, weil ihnen die Einnahmen unverschuldet massiv wegbrächen und laufende Kosten weiter zu tragen seien.
So können Unternehmen ab sofort neben den bereits für 2020 geleisteten Vorauszahlungen auch eine Erstattung von 2019 gezahlten Beiträgen bei ihrem zuständigen Finanzamt beantragen, heißt es im Bundesfinanzministerium. Grundlage dafür soll ein pauschal ermittelter Verlust für das aktuelle Jahr sein. Dieser pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 Prozent der Gewinneinkünfte, die der Festsetzung der Vorauszahlung für 2019 zugrunde gelegt wurde. Dabei dürfen für Gewinneinkünfte maximal eine Million Euro für Einzelpersonen und zwei Millionen Euro bei einer Zusammenveranlagung angesetzt werden. Im Klartext heißt dies, dass ein Unternehmen maximal 150.000 Euro beziehungsweise 300.000 Euro durch die Verlustverrechnung von seinem Finanzamt im laufenden Jahr erhalten kann.
Befristet: Verringerter Mehrwertsteuersatz für Gastronomie
Der Koalitionsbeschluss sieht außerdem vor, dass die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie ab dem 1. Juli 2020 befristet bis zum 30. Juni 2021 auf den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent gesenkt wird. Bisher gilt für Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrt werden, ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.
Bezug von Arbeitslosengeld soll verlängert werden
Darüberhinaus soll das Arbeitslosengeld nach dem SGB III für diejenigen um drei Monate verlängert werden, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 enden würde. Die Höhe des Arbeitslosengelds liegt bei 60 Prozent des letzten Netto-Entgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern sind es 67 Prozent.
Nach vier Monaten Kurzarbeitergeld gibt es mehr
Mit Blick auf die Kurzarbeit beschlossen die Koalitionäre, dass für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Kurzarbeit ab 1. Mai bis 31.12 die bestehenden Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet werde. Außerdem soll das Kurzarbeitergeld für diejenigen, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen ab dem 4. Monat des Bezuges auf 70 (bisher: 60) beziehungsweise für Familien mit Kindern auf 77 (67) Prozent des pauschalierten Nettoentgelts erhöht werden. Ab dem 7. Monat des Bezugs soll der Betrag auf 80 Prozent beziehungsweise 87 Prozent angehoben werden. Die Regelung soll längstens bis zum 31.12.2020 gelten.
ZDH-Präsident Wollseifer beklagt sozialpolitische Schieflage
Handwerkspräsident Hans-Peter Wollseifer hält die beschlossenen Maßnahmen für unausgewogen: „Das beschlossene Maßnahmenpaket des Koalitionsausschusses zur Abfederung sozialer und wirtschaftlicher Härten zeigt eine deutliche sozialpolitische Schieflage“, sagte er. Mit den vorgesehenen Maßnahmen in einem Volumen von 10 Milliarden Euro würden überwiegend soziale Härten abgefedert, vor allem mit Ausweitungen beim Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld für Arbeitnehmer. Nicht sozial gerecht ist, dass Inhaber kleiner Betriebe im Extremfall direkt ALGII beanspruchen müssten. „Wirtschaftliche Maßnahmen für die, die den Neustart gestalten und schultern müssen, also Unternehmen und Betriebe, kommen zu kurz“, fügte er hinzu. Gut sei aber, dass man sich mit der vereinbarten Einführung der Verlustverrechnung für kleine und mittlere Unternehmen auf ein kurzfristig wirksames Instrument zur Liquiditätssicherung geeinigt habe.