Nach langem Ringen haben sich die EU-Umweltminister darauf geeinigt, dass neue Autos ab 2035 emissionsfrei sein müssen. Wichtige Fragen und Antworten.

In rund 13 Jahren sollen Neuwagen in der EU emissionsfrei sein. Nach stundenlangen Verhandlungen haben sich die EU-Umweltminister und -ministerinnen am Mittwoch in Luxemburg für den entsprechenden Schritt ausgesprochen. Was bedeutet diese Entscheidung für Autofahrerinnen und Autofahrer? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was haben die EU-Länder genau beschlossen?
Die EU-Staaten einigten sich darauf, dass die sogenannten Flottengrenzwerte für Autos bis 2035 auf null sinken sollen. Diese geben Autoherstellern vor, wie viel CO2 ihre produzierten Fahrzeuge im Betrieb ausstoßen dürfen. Konkret bedeutet das, dass CO2-ausstoßende Benzin- und Diesel-Fahrzeuge wahrscheinlich immer mehr durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden.
Neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wären ab 2035 nur noch erlaubt, wenn sie mit klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Dass sogenannte E-Fuels als Option erhalten bleiben sollen, wertet Jürgen Karpinski als "kluge Entscheidung". "Wir setzen uns seit einem Jahrzehnt für synthetische Kraftstoffe ein und haben immer wieder auch gegenüber der Politik auf die technologieoffene Gestaltung der individuellen Mobilität der Zukunft gedrungen", so der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe.
Kann ich nach 2035 noch mit meinem Verbrennerauto fahren?
Ja. Eingeschränkt würde bei Inkrafttreten des Gesetzes nur der Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor. Zwar geht es bei den Flottengrenzwerten um den Ausstoß von Klimagasen, während das Auto gefahren wird, die Null-Emissionsvorgabe würde aber nicht für Privatmenschen gelten.
Was passiert mit meinem alten Verbrenner?
Bereits zugelassene Fahrzeuge wären von dem Vorhaben nicht betroffen. Wie sich eine Entscheidung auf die Preise für gebrauchte Verbrenner auswirkt, hängt von vielen Faktoren ab. Das zeigt sich auch daran, dass die Preise für Gebrauchte in jüngerer Vergangenheit enorm gestiegen sind. Treiber waren und sind vor allem Corona, ein Mangel an Mikrochips und weiteren Teilen. Ein Verkaufsverbot für gebrauchte Autos mit Verbrennungsmotor ist nicht vorgesehen.
Kommen die Einschränkungen auf jeden Fall?
Das ist sehr wahrscheinlich, vor allem weil auch das EU-Parlament noch etwas deutlicher in seiner Position ist. Die beiden EU-Institutionen müssen sich im nächsten Schritt auf einen Kompromiss zu dem Vorhaben einigen. Es könnte also noch zu Änderungen kommen.
Ist der nächste Schritt ein Fahrverbot für Verbrenner?
Davon ist nicht auszugehen. Pläne, um Autos mit Verbrennungsmotor komplett von Straßen zu verbannen, sind nicht bekannt. Realistischer ist es, dass durch ein Verkaufsverbot Verbrenner automatisch immer seltener werden.
Wie sieht es mit der Ladeinfrastruktur in Deutschland aus?
Der Bundesnetzagentur wurden zum 1. Mai gut 60.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektroautos in Deutschland gemeldet. Anfang 2021 gab es knapp 41.600. Die Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen hat das Thema Elektromobilität in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Bis 2030 sollen in Deutschland eine Million Ladepunkte zugänglich sein. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) schätzte das Vorankommen beim Ladesäulenausbau zuletzt als gut ein.
Welche Länder wollten schon vor 2035 aus Verbrennungsmotoren aussteigen?
In manchen Ländern gibt es bereits seit einiger Zeit ein Ausstiegsdatum: Norwegen zum Beispiel will ab 2025 keine Verkäufe von Fahrzeugen mit klassischen Benziner- oder Dieselantrieben mehr zulassen. Großbritannien, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Belgien peilten dafür zuletzt das Jahr 2030 an.
Wie reagieren deutsche Autobauer auf den Vorschlag?
Unterschiedlich. Volkswagen-Chef Herbert Diess sagte: "Es kann kommen – wir sind am besten vorbereitet." Der Manager verwies auf die schon angebotenen und noch geplanten Elektromodelle sowie die Strategien für eine eigene Batteriezellfertigung und mehr eigene Software. BMW-Vorstandschef Oliver Zipse hält das Verbot hingegen für falsch. "In der heutigen Zeit alles auf eine Karte zu setzen, ist ein industriepolitischer Fehler", sagte Zipse. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) zeigte sich auch skeptisch. "Eine flächendeckende europaweite zuverlässige Ladeinfrastruktur ist zwingende Voraussetzung für die Verbraucherinnen und Verbraucher", sagte ein VDA-Sprecher. In Deutschland sei man davon weit entfernt.
Was wurde außerdem beschlossen?
Herzstück der EU-Klimapolitik ist der Emissionshandel, bei dem für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 gezahlt werden muss. Kostenlose Zertifikate für bestimmte Unternehmen sollen schrittweise zwischen 2026 und 2035 abgeschafft werden. Zum Ende des Zeitraums soll die Reduktion schneller erfolgen als zu Beginn. Das EU-Parlament hatte sich dafür ausgesprochen, diese Vergabe ab 2027 nach und nach auslaufen und dann ab 2032 ganz entfallen zu lassen.
Das System soll nun auf das Heizen von Gebäuden und den Verkehr ausgeweitet werden. Dies wurde teils heftig diskutiert, weil befürchtet wird, dass Verbraucher dann noch mehr fürs Heizen und Fahren zahlen müssten. In Deutschland und anderen EU-Staaten gibt es für diese Bereiche bereits einen CO2-Preis. Die Zahlungspflicht für den Austausch von klimaschädlichen Gasen galt bisher nur für die Industrie. Die EU-Parlamentarier sind dafür, dass zunächst nur bei gewerblichen Gebäuden und Verkehr bezahlt werden muss, wenn CO2 ausgestoßen wird.
Da für Verbraucher höhere Kosten während der Energiewende anfallen können - etwa höhere Heizkosten - soll es einen Klimasozialfonds geben. Damit sollen betroffene Haushalte entlastet und langfristige Investitionen, zum Beispiel in effizientere Gebäude, finanziert werden. Auch hier könnte es jedoch Unstimmigkeiten mit dem Parlament geben. Der Fonds soll durch Einnahmen aus dem Emissionshandel finanziert werden. Nach Schätzungen des Parlaments könnten so bis zu 72 Milliarden Euro bis 2032 zusammenkommen - die EU-Länder haben sich jedoch für einen kleineren Fonds von rund 59 Milliarden Euro eingesetzt. Insbesondere Deutschland hatte dafür plädiert, den Fonds zu verkleinern. Ein zu kleiner Klimasozialfonds war am Ende auch für mehrere EU-Länder ein Grund, gegen das Paket zu stimmen. Für den Beschluss brauchte es aber keine Einstimmigkeit. dpa