Stadtbienen und Handwerk Imkern auf dem Werkstattdach

Gregor Leonhardt ist Metallbaumeister und seit zwei Jahren Imker. Auf seinem Werkstattdach mitten in Frankfurt stehen mehrere Bienenvölker. Statt Kugelschreiber bekommen seine Kunden Honig geschenkt. Sein Hobby ist Ausgleich zum Betriebsalltag und gleichzeitig ein Einsatz für die Stadtnatur.

Jana Tashina Wörrle

Gregor Leonhardt imkert seit zwei Jahren. Seine Bienen stehen auf dem Dach seiner Schlosserei. - © Noah Leonhardt

Wenn Gregor Leonhardt in seinem Büro sitzt, hört er eine Etage tiefer die Maschinen seiner Schlosserei brummen. Schaut er aus dem Fenster und machen seine Mitarbeiter mal eine Pause und die Maschinen verstummen, so kann er sie summen hören – zumindest im Frühjahr und Sommer: Seine Bienen.

Fünf Honigbienenvölker stehen auf dem Dach der Werkstatt. Das Betriebsgebäude der Leonhardt GmbH + Co. KG in Frankfurt ist nur zur Hälfte zweistöckig. Auf dem Dach des einstöckigen Teils fliegen seit zwei Jahren Bienen munter hinein und hinaus aus ihren Beuten. Das sind die Kästen, in denen die Völker leben – meist auch zweistöckig. Unten ziehen sie ihre Nachkommen auf und im oberen Teil lagern sie den Honig ein.

Bienenparadies in der Stadt

Metallbaumeister Gregor Leonhardt in seiner Werkstatt. - © Noah Leonhardt

Gregor Leonhardt ist Metallbaumeister und der Chef des Familienbetriebs, den er in vierter Generation leitet. Vor zwei Jahren kam er zur Imkerei und betreibt diese nun als Hobby und Ausgleich vom Beruf. "Auch wenn die Bienenhaltung sehr komplex ist und man viel dabei lernt, gibt sie mir die Möglichkeit vom Betriebsalltag abzuschalten", erzählt der 47-Jährige.

Nicht nur mit Hund und Katze könne man zeigen, dass man tierlieb ist. "Für mich ist die Imkerei hier mitten in der Stadt auch eine Möglichkeit, mich für den Naturschutz einzusetzen", sagt Leonhardt. Seine Firma und so auch sein Bienenstand befinden sich inmitten dem Frankfurter Gutleutviertel nahe dem Hauptbahnhof. Nicht gerade ein Bienenparadies könnte man meinen.

Doch das ist ein Irrtum, denn den Stadtbienen geht es vielerorts heute besser als denen auf dem Land. In der Stadt finden sie dank vieler nektarspendender Bäume, dank grünen Stadtparks und ausgiebig bepflanzter Friedhöfe viel Nahrung und ein langes Trachtband – von Frühjahr bis Spätsommer blüht es in der Stadt an vielen Ecken ohne große Unterbrechungen. Auf dem Land machen Monokulturen und Pflanzenschutzmittel den Bienen dagegen schwer zu schaffen.

Trend Stadtimkerei

Die Stadtimkerei hat in vielen Städten Europas in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Die Mitgliederzahlen der Imkervereine und Gruppierungen rund um die Honigbienen sind stark angestiegen. Der typische Imker ist heute nicht mehr zwingend ein Rentner mit viel Freizeit, sondern immer jünger und oft auch weiblich. Da in Städten meist chronischer Platzmangel herrscht, stellen viele der Stadtimker ihre Bienenvölker auf gut begehbare Flachdächer wie das der Werkstatt von Gregor Leonhardt.

Die Stadtbienen von Gregor Leonhardt sammeln Nektar an Bäumen und Sträuchern in Parks, auf Grünstreifen und Friedhöfen. - © Noah Leonhardt

Leonhardt ist über das Buch "Die Stadtbienen" von Erika Mayr, die in Berlin imkert, auf seinen neuen Freizeitausgleich gekommen. Zufällig stieß er darauf und das Thema hat ihn dann nicht mehr losgelassen. Nach dem Lesen und einem Besuch im Frankfurter Museum für moderne Kunst, das ebenfalls Bienenvölker auf dem Dach hat, hat er Kontakt zum Frankfurter Imkerverein aufgenommen. Dort hat er einen Bienenpaten vermittelt bekommen, von dem er das Imkerhandwerk lernen konnte.

Ursprünglich war die Imkerei einmal ein Handwerk und galt unter dem Begriff der "Zeidlerei" als wichtiger Beruf. Honig war im Mittelalter eines der wenigen Süßungsmittel und daher sehr begehrt. Heute wird die Imkerei in Deutschland nur noch von einigen hundert Berufsimkern betrieben, für die meisten ist es ein Hobby.

Honig statt Wein oder Kugelschreiber für die Kunden

Das Werkstattdach ist ideal für Bienen: Viel Platz und Gregor Leonhardt kann sie hier gut beobachten. Die Bienen fliegen von hier aus in einem Umkreis von drei bis fünf Kilometern durch Frankfurt und sammeln Honig. - © Noah Leonhardt

Ein Hobby, das Gregor Leonhardt jedoch auch für seinen Beruf einsetzen kann. Seinen Honig vom Werkstattdach verkauft er ganz klassisch an der Haustür und hat dort das bekannte gelbe Schild „Honig aus eigener Imkerei“ zu stehen. Wer Kunde seiner Schlosserei ist, kann jedoch auch Glück haben und von ihm ein Glas geschenkt bekommen. "Statt Wein oder Kugelschreiber verschenke ich an meine Kunden lieber Honig", sagt der Metallbaumeister und lacht.

Befürchten müssen seine Kunden übrigens keineswegs, dass der Stadthonig mit Abgasen oder Feinstaub belastet ist. Verschiedene Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass im Stadthonig nichts von diesem vermeintlichen Stadtschmutz landet. Die Bienen dienen quasi als Filter, außerdem sind die Blüten der meisten Pflanzen nur eine kurze Zeit geöffnet, so dass die Bienen hineinfliegen, den Nektar sammeln und die Blüten bestäuben können. Giftstoffe aus Abgasen sind zudem nur fettlöslich und Honig enthält kein Fett.

Tipp: Dächer auf Bienentauglichkeit zu prüfen

Seitdem Gregor Leonhardt sich für Bienen interessiert, hat er aber eben nicht nur ein neues Hobby gefunden, sondern seitdem geht es "mit Insektenaugen durch die Welt", sagt er und meint damit, dass er nun einen Blick dafür bekommen hat , welche Pflanze in welcher Jahreszeit blüht und ob sie den Bienen Nahrung bietet oder nicht. Er hat gelernt, was die Stadtnatur alles bietet und wie wichtig es ist, sie zu erhalten.

Anderen Handwerkern gibt es deshalb den Tipp, ihre Betriebe bzw. deren Dächer auf Bienentauglichkeit zu prüfen. Werkstattdächer seien schließlich oft flach und als Besitzer der Gebäude könne man über deren Nutzung entscheiden.

Mehr über die Frankfurter Schlosserei von Gregor Leonhardt lesen Sie hier.>>>

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