Bald bundesweite Regeln? Hygiene-Ampel für Lebensmittelbetriebe wieder gefordert

Wegen schwerster Hygienemängel wurden 15 Filialen einer Frankfurter Großbäckerei geschlossen. Nun geht erneut eine Diskussion um die "Hygiene-Ampel" los. Das hessische Verbraucherschutzministerium sieht die Bundesregierung in der Pflicht.

Bewertungen im Internet: Ein Vorfall in Hessen bringt die "Hygiene-Ampel" wieder in die Diskussion. - © Foto: Martin Gerten/dpa

Ratten, Schimmel und andere schwere Hygienemängel in einer großen Bäckereikette sorgen in Frankfurt für Aufsehen. 15 Filialen im Stadtgebiet wurden geschlossen. Hessens Verbraucherschutzministerium nimmt die Vorfälle zum Anlass, um die Debatte um die sogenannte Hygiene-Ampel wieder anzustoßen - und das obwohl diese Form von Internetpranger, wie Kritiker das Bewertungssystem nennen, auch in Hessen in der Testphase gescheitert war. Genauso ist es in Berlin und in Nordrhein-Westfalen geschehen.

"Der Bund ist in der Pflicht", sagte Mischa Brüssel de Laskay, Sprecher von Verbraucherschutzministerin Priska Hinz (Grüne). Eine Aufforderung der Verbraucherschutz-Ministerkonferenz der Länder liege der Bundesregierung seit langem vor.

Doch die ehemalige Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner hatte es den Ländern überlassen, hierzu eigene Vorgaben zu machen. Einzelne Bundesländer sind daraufhin mit einer Pilotphase gestartet und wollten so testen, ob sich ein Kennzeichnungs- und Bewertungssystem für Betriebe eignet, die Lebensmittel verkaufen und Speisen anbieten. Bislang sind alle Tests durch Klagen gestoppt worden – als letztes in Nordrhein-Westfalen.

Die Hygiene-Ampel sollte im ersten Schritt für die Gastronomie und im zweiten Schritt für Bäckereien, Metzgereien und den Einzelhandel eingeführt werden. Mit den Farben rot, gelb und grün sollte das Ergebnis der Lebensmittelkontrollen dem Verbraucher angezeigt werden. Doch die Regelungen scheiterten als bundesweite Vorgabe.

Oft veraltetete Angaben

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärte im März die sogenannte Gastro-Ampel in für unzulässig. Das vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte Pilotprojekt für Restaurants und Imbisse in Duisburg und Bielefeld sollte bundesweit eine Vorbildfunktion haben.

Nach dem Urteil kündigte der Sprecher des niedersächsischen Verbraucherministeriums an, das Thema werde möglichwerweise bei der Konferenz der deutschen Verbraucherschutzminister Anfang Mai in Osnabrück auf die Agenda gesetzt und wieder bundesweit diskutiert. Niedersachsen leitet derzeit das Gremium und der niedersächsische Ressortchef Christian Meyer (Grüne) befürworte eine bundeseinheitliche Regelung. Auch Nordrhein-Westfalens Minister Johannes Remmel (Grüne) fordert, dass die Bundesregierung die Grundlage für ein bundesweites Kontrollbarometer schaffen muss.

Problematisch waren immer wieder die unterschiedlichen Maßstäbe, die der Bewertung und deren Kennzeichnung zugrunde lagen. Im Nordrhein-Westfalen waren die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen in Form der Punktebewertungen an die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weitergegeben worden. Diese hatte sie ins Internet gestellt. Doch die Kriterien waren für die Kunden undurchschaubar. So hatten Duisburger Gastwirte hatten gegen die Ampel geklagt.

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hatte – genauso wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Deutsche Bäckerverband im Zusammenhang mit den ersten Plänen – kritisiert, dass die Hygiene-Ampel irreführend sei. Die Daten seien oft alt und die kritisierten Missstände längst beseitigt. Die Ampel unterscheide auch nicht zwischen Hygiene-Mängeln, formalen Fehlern des Gastwirts oder Baumängeln.

Bereits andere Klagen gescheitert

Auch andere, mit dem Urteil in NRW vergleichbare Klagen, hatten bereits Erfolg. So hatte in Hessen eine Internetseite des Landes vor unhygienischen Zuständen in einzelnen Betrieben gewarnt, bis sie nach einem Gerichtsurteil wieder eingestellt wurde.

In Berlin gab es früher ein Smiley-System: Die Stadtbezirke listeten die Ergebnisse ihrer Hygienekontrollen auf und vergaben einen von fünf Smileys – vom strahlenden Lächeln bis zum grimmigen Blick. Außerdem veröffentlichte die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz die Ergebnisse auf der Website "Sicher essen in Berlin". Inzwischen hat das Berliner Verwaltungsgericht die Online-Veröffentlichungen untersagt. Verbraucher könnten an den Smileys nicht erkennen, aus welchem konkreten Anlass die Minuspunkte vergeben wurden. dpa/dhz