Bürokratie belastet Unternehmer und ihre Betriebe seit vielen Jahren. Das Handwerk sehnt ein Entlastungsgesetz herbei. Und auch ZDH-Präsident Jörg Dittrich verlangt mehr Tempo bei der Entlastung.

Die Belastung durch Bürokratie hat für das Handwerk ein nahezu unerfüllbares Ausmaß erreicht. Vertreter des Mittelstands drängen die Politik daher zu einer Kehrtwende. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), sagte: "Der Frust bei den Betrieben ist hoch: Statt spürbarer Entlastungen kommen immer mehr Pflichten und Bürokratie hinzu. Handwerkerinnen und Handwerker wollen ihre Arbeit beim Kunden machen und nicht als Haupttätigkeit Formulare ausfüllen."
Belastungsfaktor Nummer eins sei die Masse an Pflichten, die kleinen Betrieben aufgebürdet würden. "Vom Datenschutz bis zur Dokumentation der Abfalltrennung haben Handwerksbetriebe im Kern dieselben Pflichten zu erfüllen wie Großkonzerne", so Dittrich. Smarte und praxisgerechte Lösungen wie risikobasierte Pflichtanforderungen im Datenschutz würden viel zu selten genutzt. Dittrich ergänzte: "Die Politik muss endlich das große Ganze in den Blick nehmen, um die Belastung der Betriebe zu verstehen." Der Handwerkspräsident forderte bei Bürokratieabbau und Digitalisierung der Verwaltung "ein neues Deutschlandtempo".
Betriebe müssen sich ständig neuen Regelungen anpassen
In der Wahrnehmung der Unternehmer hat die bürokratische Belastung in den vergangenen fünf Jahren tatsächlich stark zugenommen. In einer Umfrage von Handwerk BW gaben 83 Prozent der Betriebe an, dass der bürokratische Aufwand gestiegen sei. Besonders die Notwendigkeit, sich ständig an neue Regelungen anpassen zu müssen, habe dazu beigetragen. Dazu kämen eine steigende Zahl neuer Nachweis-, Dokumentations- und Meldepflichten und die Dauer von Verwaltungsverfahren. In der Konsequenz gaben rund zwei von drei Betrieben an, dass die Selbstständigkeit zunehmend unattraktiv werde.
Das bestätigt Esther Straub, Geschäftsführerin der Brauerei Clemens Härle im württembergischen Leutkirch. "In vielen Unternehmen sind manche Beschäftigte nur dafür da, sich um die Bürokratie zu kümmern." Im Arbeits- und Sozialrecht seien die Anforderungen besonders belastend. "Gerade was die Arbeitszeiterfassung angeht." Die elektronische Krankmeldung sei aufwendiger als früher, "weil ständig nachtelefoniert und nachgefragt werden muss". Zugleich verhindere die Datenschutzgrundverordnung, dass Daten automatisch übermittelt werden dürften. Dagmar Fritz-Kramer, Geschäftsführerin von Bau-Fritz im bayerischen Erkheim, sieht die Baubehörden besonders kritisch: "Baugenehmigungsverfahren sind in Deutschland eine Katastrophe. Wir warten jetzt seit über einem Jahr auf drei Baugenehmigungen. Wir müssen alles in Papier einreichen." Andere Länder seien weiter. "Wenn wir an die Energiewende denken: Das wird nie etwas, wenn wir zwei Jahre auf eine Baugenehmigung warten müssen."
Zuletzt hatten Fachverbände der Bundesregierung Vorschläge zum Abbau von Bürokratie unterbreitet. Mehr als 300 Anregungen wurden zusammengetragen. Sie reichen von einer Vereinfachung des Steuerrechts bis zur Ausgestaltung von Verträgen, enthalten indes auch viele branchenspezifische Belastungen. Die Wirtschaft hofft, dass sich möglichst viele dieser Anregungen in einem neuen Bürokratieentlastungsgesetz finden.